Grande marée im September: Coeff 111

Wir sind wieder zurück aus dem diesjährigen Bretagne-Urlaub. Daher bekommt ihr hier in den nächsten Tagen immer mal wieder ein paar Neuentdeckungen und alte Lieben aus dem Nordfinistère zu sehen und zu lesen. Los geht’s mit dem Meer. Logisch.

Grande marée ist in der Bretagne immer ein besonderes Highlight. Während der besonders großen Ebbe sieht man viele Fußfischer und während der besonders hohen Flut genießen dutzende Spaziergänger das Wasser, das bis zu den Spazierwegen reicht oder die Wellen, die sich an Steinen und Hafenmauern spektakulär brechen.Hohe Wellen im bretonischen Ort Kerlouan

Eines der besonders guten Dinge an einem Bretagne-Urlaub zum Vollmond im September ist die Tatsache, dass man am zweitgrößten Hochwasser des Jahres teilhaben kann. Dabei dreht sich alles um den Gezeitenkalender und darum, die richtigen Uhrzeiten für die passenden Aktivitäten abzupassen. Nicht, dass man auf dem Spaziergang zur Île Vierge oder beim Sammeln von Muscheln und Krebsen vom zurückfließenden Wasser überrascht wird.Hohe Wellen bei Grande marrée in Kerlouan an der Côte des légendesWellen brechen sich an einem Felsen und spriten meterhoch

Wir gehören zwar nicht zu den pêcheurs à pied, haben aber bei langen Wanderungen am überdurchschnittlich großen Strand, bei Pausen mit Logenblick auf das zurückfließende und mit Macht steigende Wasser und bei nachmittäglichen und abendlichen Spaziergängen auf den Felsen und Dünen das besondere Naturschauspiel voll ausgekostet.Naturhafen bei Brignogan Plage bei HochwasserStrand bei Meneham im Finistère bei Flut

Wasser steht im natürlichen Überlaufbecken der Digue in KerlouanIn diesem Jahr war Hochwasser kurz vor Sonnenuntergang und kurz vor Sonnenaufgang. Schöööön.Sonnenuntergang am Strand von Meneham in Kerlouan bei Flut

Knokke-Heist zum zweiten

Es gibt ja zwei mögliche Ausgangspunkte für die Planung von Reisen. Etwas sehen wollen, das man noch nicht kennt. Oder an einen Ort zurückkehren, an dem es besonders schön war. In diesem Jahr sind der Lieblingsmensch und ich eindeutig zur zweiten Fraktion der Wiederholungstäter -reisenden zu zählen. Und nachdem es uns neulich in Knokke-Heist so gut gefallen hat, waren wir kürzlich gleich nochmal dort.

Wir kamen im Regen an und ich habe mal wieder festgestellt, dass ich das Meer auch bei schlechtem Wetter liebe.Meer vor Knokke-Heist in Flandern bei schlechtem Wetter

 

Schild mit der Aufschrift "Bring your own sunshine"Aber wie das an der Küste so ist, klarte es bald auf und wir konnten Sonne, Strand und Strandpromenade bei strahlendem Sonnenschein und kühlenden Böen genießen.Weiße Buchstaben BEACH vor blauem Himmel in Knokke-Heist in Belgien

 

Albertstrand in Knokke-Heist in Belgien

Blick auf ein sehr wellenbewegtes Meer am Albertstrand in Knokke-HeistVom aufgewirbelten Sand braun gefärbte Wellen in Knokke-Heist, Flandern, BelgienPro-Tipp: In der Saison ist Knokke deutlich belebter als davor, doch so überlaufen wie befürchtet, war es bei weitem nicht. Dieses Mal nächtigten wir näher an der Stadtmitte mit ihren exklusiven Boutiquen, in denen sogar die Schaufensterpuppen Champagner trinken.

Wenn man vom Ortskern auf der Strandpromenade Richtung Holland läuft, werden die Hochhaus-Appartmenthäuser weniger und es gibt sogar vereinzelt Reetdächer. Haus mit Reetdach in Knokke-Heist

Besonders aufgefallen sind uns dieses Mal die kreativen Verbotsschilder für Hunde, die nicht an den Strand dürfen. Neben dem Standard-Hund, der sich aus mehreren Rechtecken zusammensetzt, gibt es an der Strandpromenade noch Schildervariationen, auf denen man bestimmte Hunderassen erkennen kann.

Schild, das ein Hundeverbot am Strand von Knokke-Heist ausweist

Leider gibt es wohl auch Menschen, die Hunde am liebsten ganz verschwinden lassen würden 🙁Hundeverbotsschild mit Hundesilhouette, auf die jemand eine Zielscheibe gemalt hat

 

Auf der positiven Seite auch diesmal: Die unglaublich netten Strandbars, in denen man nach ausgiebigen Wanderungen am Wasser oder auf der Promenade entspannen, lesen und kleine Snacks mit netten Getränken genießen kann (eins kann ich verraten: Gin mit Gurke wird nicht mehr unser Favorit).Holzschild mit "Beach House Rules" wie "Wake Up Smiling", Enjoy the day, Soak Up the Sun, Smile-Giggle-Love

Platte mit Tomate-Mozarella und Pesto sowie zwei Bieren

Reiner Knizia: Durch die Wüste

Dass ich gerne verreise, ist ja bekannt. Daher sollte ein Spiel, das einen auf eine Reise mitnimmt, eigentlich total mein Ding sein. Trotzdem habe ich einige Anläufe gebraucht, um mit Durch die Wüste von Reiner Knizia warm zu werden. Das darf man in diesem Hause gar nicht so laut sagen, denn der Lieblingsmensch ist ein ziemlicher Knizia-Fan und findet, dass der Herr Doktor Spieleentwickler im Grunde nichts falsch machen kann. Wahrscheinlich lag es also an mir, dass ich zunächst die Karawanen-Bauerei nur so mittel spannend fand.Spielplan von Durch die Wüste mit mehreren Karawanen bei einem Vier-Spieler-Spiel

Kamelreiter und Karawanen in der gar nicht so öden Wüste

Der Spielplan ist eine Wüste, in der es einige kleine Oasen (dargestellt von grünen Palmen) und deutlich mehr verschieden wertvolle Wasserlöcher gibt. Wir Spieler verfügen über fünf unterschiedlich-farbige Kamele, auf denen je ein Reiter in unserer Spielerfarbe thront. Diese verteilen wir anfangs nacheinander möglichst sinnvoll in der Wüste auf dem Spielplan. Dabei dürfen wir zwar direkt neben Wasserlöchern starten, aber nicht direkt unter einer Palme und auch nicht direkt neben einem Kamel der gleichen Farbe nur mit einem anderen Reiter darauf.

Kamelreiter verschiedener Farbe auf dem Spielbrett von Durch die Wüste von Reiner Knizia

Nach dem Einsetzen der Kamele können wir bei jedem Zug zwei Kamele wählen, die wir einer oder mehreren unserer Karawanen hinzufügen. Besetzen wir dabei ein Feld, das direkt an eine Oase angrenzt, bekommen wir ein Oasenplättchen, das fünf Punkte wert ist. Das Gleiche gilt für Wasserlöcher. Platzieren wir ein Kamel darauf, bekommen wir das dort liegende Plättchen und die darauf abgebildete Punktzahl, also einen, zwei oder drei Punkte. Natürlich kann man versuchen, möglichst viele Plättchen einzuheimsen und versuchen, den anderen Karawanenanführern den Weg zu Oasen und Wasserlöchern abzuschneiden.

Gebietskämpfe ganz ohne Gewaltanwendung

Gewinnen kann man mit dieser Strategie allein jedoch nicht. Denn richtig viele Punkte bekommt, wer es schafft, ein Gebiet auf dem Spielbrett mit einer seiner Karawanen vollständig zu umschließen. Dabei kann man sowohl den Rand des Spielbretts als  auch ein kleines Gebirge in der Planmitte zur Hilfe nehmen. Jedes leere Feld in der Mitte des umschlossenen Gebietes ergibt einen Punkt. Zusätzlich bekommt der entsprechende Karawanenführer alle im Gebiet liegenden Wasserloch-Plättchen und damit deren Punkte.

Kamelreiter vor Oasenplättchen im Spiel "Durch die Wüste" von Reiner KniziaAußerdem bekommt man für jede Kamelfarbe, in der man die längste Karawane gebildet hat, auch zehn Punkte (bei Gleichstand bekommt jeder nur fünf).  Zu viert muss man da gut aufpassen, um den Überblick zu behalten und rechtzeitig die Mehrheit bei mindestens einer, besser zwei Farben zu sichern.

Das mit dem Überblick wird leider durch das Spielmaterial deutlich erschwert. Denn die Kamele sind extrem zuckerwattefarben pastellig. Das führt dazu, dass man je nach Beleuchtung zum Beispiel grün mintgrün und blau kaugummipastellgrünblau kaum auseinander halten kann.

In der Eingewöhnungsphase nicht abschrecken lassen

Hinzu kommt, dass die Knizia’schen Taktiktipps in der Regel nur teilweise bei der ersten Orientierung helfen. Da wird zum Beispiel gesagt, man solle sich in der Einsetzphase möglichst großzügig über den Spielplan verteilt aufstellen. Das kann helfen, muss es aber nicht. Vor allem dann nicht, wenn alle Spieler sich an diesen Tipp halten.Spielplan von "Durch die Wüste" von Reiner Knizia bei einem Spiel mit drei Spielern

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es dauert also ein wenig, bis man sich einen Überblick über die verschiedenen Taktiken und ihre Wirksamkeit gebildet und sich an die kleinen, zuckrigen Kamelchen und den intensiv senfgelben Wüstenspielplan (wir haben die alte Kosmos-Ausgabe, nicht die etwas orientierungsfreundlichere Fantasy-Flight-Neuauflage, that’s why) gewöhnt hat. Davon solltet ihr euch aber nicht abschrecken lassen, denn nach einer Anlaufphase von mehreren Spielen kann Durch die Wüste deutlich aufholen und wandert langsam aber sicher in die Liste der Immer-wieder-spiel-Spiele.

Und: Spielt das Spiel durchaus zu viert. Spielt man zu zweit oder zu dritt, nutzt man nur einen Teil des Spielplans, was bei der Orientierung hilft, aber auch die Taktikvarianten etwas einschränkt. Trotz des etwas chaotischen Kamelwirrwarrs auf dem Spielplan macht die Vier-Spieler-Variante mir zumindest am meisten Spaß.

Große Kunst an einem kleinen Ende der Welt

Kühe vor der Mauer der Abtei Tongerlo in Flandern
Manchmal sind es die kleinen, unscheinbaren Orte, die besonders glücklich machen. Manchmal machen es aber gerade diese Orte es einem auch besonders schwer, sie zu finden. Beides trifft auf einen kleinen, malerischen Orte in Belgien – genauer gesagt in Flandern – zu. Ein Ort, in dem die Bäckerei „Backerij de Becker“ heißt. In dem die Kneipe Getränke ausschenkt und die Karte des Baguette-Ladens direkt nebenan als Speisekarte zum Selber-Kaufen-Gehen auslegt. In dem Kühe, Schafe und Windräder dafür sorgen, dass ich leichter atme.

Umleitung ins NirgendwoFalsche Umleitung in Tingerlo führt nciht zur Abtei, sondern zu einem abgelegenen Bauernhof

Allerdings ist Tongerlo zurzeit auch ein Ort, bei dem an drei von vier Ortseingängen Baustellen mit großen Durchfahrt-verboten-Schildern sind. Folgt man den Umleitungsschildern, landet man wahlweise auf der Autobahn, auf einem verlassenen Baustellenparkplatz hinter einem ähnlich verlassenen Bauernhof. Oder auf einem Parkplatz am Waldrand. Ist man da angekommen, ist man nicht falsch, sondern quasi schon mittendrin im Glück.tongerlo-abtei-aussenmauer

Denn nur einen kleinen Spaziergang an einem kleinen Bach entlang und durch ein kleines Wäldchen hindurch entfernt, liegt ein mittelalterlicher Gebäudekomplex, die Abtei von Tongerlo. Google zufolge ist vor allem das Bier der Prämonstratenser, die dort leben, berühmt. Das ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit. Aber auch die wunderschöne, großzügige Anlage der Abtei mit ihrer großen Kirche, den ehemaligen Stallungsgebäuden und dem liebevoll gepflegten Garten ist nicht der wahre Schatz des Anwesens.Eingang der Prämonstratenserabtei in Tongerlo

Dieser Schatz verbirgt sich in einem kleinen Raum, an dessen Eingang eine sehr freundliche ältere Dame sitzt, die in einem extrem charmanten Flämisch und mit ausladenden Gesten herauszufinden versucht, in welcher Sprache sie die Audio-Infos für die Besucher abspielen soll. Nur spanisch kann sie nicht anbieten – was wohl zu nahezu babylonischem Sprachgewirr führte, als kürzlich eine spanische Besuchergruppe komplett ohne Englisch-, Französisch oder andere Sprachkenntnisse außer Spanisch vorbeikam. Das Kunstwerk konnten sie trotzdem ansehen.

Abendmahl

Denn das ist das eigentlich überraschende. Hier ist man mit diesem Werk allein. Und da hängt nicht irgendein Gemälde. Hier hängt eine Leinwandversion von Leonardo da Vincis Abendmahl. Und auch das ist nicht irgendeine Kopie, sondern ein Werk, das im Atelier des Meisters und noch zu dessen Lebzeiten entstand. Der Meister soll sogar selbst Hand angelegt und (so sagt es die freundliche ältere Dame) Jesus und Johannes gemalt haben.

Der Prämonstratenserabt hatte das berühmte Fresko in Mailand gesehen und wollte es in seinem Kloster auch haben. Nur einmal ist es in den Jahrhunderten seither bei einem Feuer beschädigt und in jahrelanger Kleinarbeit wieder restauriert worden.

In Mailand werden Besucher im Minutentakt durch das Refektorium (also passender Weise den Speisesaal) des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie geschleust, damit möglichst viele Menschen das Bild sehen können. In Tongerlo können wir bleiben, so lange wir wollen. Eine kleine Einführung hilft, Details auf dem Bild zu entdecken.

Zeit im Museum

Zusammen mit einem Freund sind wir ganz allein in dem eigens erbauten Museumssaal, können hin und her gehen, nahe heran treten und mit größerem Abstand schauen. Nach dem ersten, durchaus überraschend intensiven Moment, das Bild, das ich so oft gesehen habe, live und in Farbe vor mir zu sehen, ist es genau dieses Zeit haben, das etwas Besonderes ist. Durch das intensive Schauen, das Betrachten von Farben und Perspektiven kann man das Kunstwerk ausgiebig auf sich wirken lassen. Man kann den gemalten Bewegungen folgen, die sich verändern, je nachdem wo man im Raum steht. Es ist genug Zeit und Raum, um die räumliche Dimension des Gemäldes zu erfassen, den gemalten Lichteinfall, die vielen Details in Mimik und Gestik, in Kleidung und Möbeln und nicht zuletzt bei der Darstellung der Speisen und in der Gestaltung des Hintergrundes.Prämonstartenserabtei in Tongerlo, Flandern, Belgien

Wenn nicht gerade Montag ist, kann man gegenüber der Abtei wohl lecker kleine Speisen verzehren. Zumindest hat der liebevoll eingerichtete Klostershop aber auch montags geöffnet und bietet neben religösen Karten, Andenken und Büchern (die meisten in niederländisch) auch regionale Produkte und Kalligrafien an.

Ein Spaziergang durch das weiträumige Areal und zurück an der Klostermauer zum Parkplatz rundeten unseren Nachmittag ab. Rundum schön.

tl;dr:
Ein Ausflug nach Tongerlo lohnt sich. Nicht nur, aber besonders für Kunstfreunde.

Teil der Fassage der Abtei im belgischen Tongerlo

Spielen mit Gesang: Circus Flohcati von Reiner Knizia

Um es gleich vorwegzunehmen: Circus Flohcati (noch so ein Klassiker von Reiner Knizia) ist bei uns ein absoluter Renner.Spielszene aus Circus Flohcati von Reiner Knizia

Ein Spiel mit fröhlichen, bunten kleinen Flöhen, bei dem man sogar singen darf: Klingt nach dem perfekten Aufwärmspiel für unsere Spielerunde mit Kindern. Und ist genau das.

Kleine Kartenauslage bei Circus FlohcatiDie Regeln sind einfach erklärt: Karten gut mischen (unbedingt!) und auf einen Stapel legen. Wer dran ist, kann entscheiden, ob er eine Karte vom Stapel aufdeckt, oder eine bereits ausliegende Karte nimmt. Man kann so lange aufdecken, bis man eine Karte nehmen möchte.

Eine Einschränkung gibt es allerdings: Wer eine Karte aufdeckt, deren Farbe bereits ausliegt, muss diese letzte Karte auf den Ablagestapel legen und geht leider leer aus.

Es gibt die Karten mit den Ziffern 0 bis 7 in jeweils zehn verschiedenen Farben. Gespielt wird, bis der Kartenstapel aufgebraucht ist, oder ein Spieler mindesten je eine Karte jeder Farbe auf der Hand hat und ablegt. Gewertet wird dann jeweils die höchste Zahl einer Farbe, die man auf der Hand hat.

Zusätzlich kann man bei jedem Zug einen Drilling aus drei gleichen Zahlen ablegen, der jeweils 10 Punkte zählt. Eine gute Möglichkeit, niedrige Karten aus dem eigenen Flohzirkus loszuwerden und doch noch einige Punkte dafür zu ergattern. Auch wer mit zehn Farben das Spiel beendet bekommt dafür zusätzlich 10 Punkte.

Aktionskarten zur Freude allerAbgelegte Dreierprächen bei Circus Flohcati

Der besondere Clou bei Circus Flohcati sind Aktionskarten, die das Spiel kurz unterbrechen. Sie ermöglichen es, bei einem beliebigen Gegner eine Karte zu ziehen oder aber von einem Gegner eine Karte zu fordern (die dieser dann allerdings selbst aussuchen darf).

Unsere Lieblingskarte ist die große Circus-Flohcati-Parade. Unter lautem Absingen des weltbekannten Zirkusliedes werden so lange Karten aufgedeckt, bis eine Farbe zweimal ausliegt. Die letzte Karte (die mit der doppelten Farbe), kommt auf den Ablagestapel. Die-  oder derjenige, der die Aktion ausgelöst hat, darf sich eine Karte aus der – im besten Fall vielfältigen – Kartenparade aussuchen.

Kleines Spiel, großer Spaß

Der kleine Flohzirkus ist also schnell erklärt und fast ebenso schnell gespielt. Wenn man eine sangesfreudige Runde beisammen hat, die strategisch geübt ist und trotzdem die Schnelligkeit des Spiels zu schätzen weiß, wird es nicht bei einer Runde bleiben.

Bei uns gefällt das nicht nur den Kindern, auch die Großen sind immer eifrig dabei und wünschen sich die hüpfenden Zirkus-Stars immer wieder auf den Tisch. Leider ist das Spiel vergriffen. Aber wenn ihr es irgendwo gebraucht bekommen könnt, lohnt es sich, zuzuschlagen. Große Empfehlung!circus flohcati gewinnerdeck

Pinwheel: sommerliches Gemüse-Rad

Sommer ist hier Gemüsezeit. Und weil ich schon lange nichts mehr gebacken habe, wollte ich einmal etwas Neues ausprobieren. Ich ließ mich von Backliebelei und dem Knusperstübchen inspirieren und habe mich an einem Pinwheel versucht.

vegetarisches Pinwheel mit GemüsefüllungDas Ganze war überraschend schnell gemacht und schmeckte für den ersten Versuch ungewöhnlich lecker.

Da wir Gäste hatten, und diese das Rezept haben wollen, und natürlich, weil ich das sicher wieder mache, kommt hier meine sommerlich-gemüsige Variante des Pinwheels.

gemuese-pinwheel-vor-dem-backen-zwei-ofenfertige-portionenTeig für 2 große Gemüse-Räder:

1 kg Mehl
1 Würfel Hefe
3 TL Honig
2 TL Salz
100 ml lauwarmes Wasser
200 ml zimmerwarme Milch
4 Eier
80 g Butter

Das Mehl in eine Schüssel geben und eine Mulde hineindrücken. Die Hefe in die Mulde bröseln und den Honig sowie etwas von dem Wasser darüber geben und 15 Minuten gehen lassen.

Alle weiteren Zutaten hinzufügen und den Teig 5 Minuten kneten. Falls er etwas zu weich ist, könnt ihr noch ein wenig Mehl hinzugeben. Den fertigen Teig etwa eine Stunde gehen lassen.

In der Zwischenzeit könnt ihr die Füllung vorbereiten.

gemuese-pinwheel-vor-dem-backenZutaten für die Pinwheel-Füllung:

250 g Schmand
250 g Magerquark
750 g gemischtes Gemüse
Salz
Pfeffer
Kräuter der Provence
Rosenpaprika

 

Schmand und Magerquark gut miteinander vermischen, bis eine glatte Masse entsteht.

Gemüse würfeln. Ich habe Zucchini, Paprika, Cocktailtomaten, frische Champignons und Frühlingszwiebeln verwendet.

Zwei Quicheformen buttern und mehlen und bereitstellen.

Wenn der Teig gegangen ist, knetet ihr ihn mit den Händen nochmals gut durch, teilt ihn in zwei Hälften und rollte beide zu Rechtecken aus. Jedes Rechteck bestreicht ihr mit der Hälfte der Schmand-Quark-Mischung und würzt sie nach Belieben mit Salz Pfeffer, Paprika und Kräutern. Gemüse darüber verteilen und das Ganze in Streifen schneiden.

gemuese-pinwheel-vorbereitungNehmt den äußersten Streifen und rollt ihn zu einer kleinen Schnecke. Diese legt ihr auf den nächsten Streifen und rollt diesen um die Schnecke herum. Das könnt ihr auch mit dem dritten Streifen noch gut machen. Dann setzt ihr die kleine Gemüseschnecke in die Mitte der Form. Nehmt nach und nach die Teig-Gemüse-Streifen auf und legt diese um die Schnecke herum, bis der Teig aufgebraucht und die Form gefüllt ist.

Das Gemüse, das beim Wickeln heruntergefallen ist, steckt ihr zum Schluss einfach wieder zwischen die Teigstreifen. Lasst die Räder dann nochmal ca. 15 bis 20 Minuten gehen. Service-Hinweis: Wenn man sie deutlich länger stehen lässt, weil man zuerst mit den Gästen noch ein Brettspiel ausprobieren möchte, werden die Räder Monster, die unbedingt aus der Form ausbrechen wollen. Für euch getestet. Bitte gern geschehen, keine Ursache. 🙂

gemuese-pinwheel-gebacken

Zum Schluss backt ihr euer Pinwheel im vorgeheizten Backofen bei 180°C circa 25 bis 30 Minuten lang. Wir mochten die etwas weniger durchgebackene Variante lieber, da sie mehr Gemüsecharakter hatte. Das zweite Rad habe ich 5 Minuten länge backen und es schmeckt deutlicher nach Brot.

Noch warm servieren und einen kleinen Salat dazu reichen. Oder kalt in Scheiben schneiden und mit etwas Ziegenfrischkäse bestreichen. Hmmmm.

gemuese-pinwheel-im-anschnitt

Alternative Gestaltungsideen:

Auch Auberginen, Schafskäse und etwas Knoblauch hätten sicher gut dazu gepasst. Wird beim nächsten Mal ausprobiert.

Der Lieblingsmensch wünscht sich eine griechische Pinwheel-Variante mit Feta, Oliven und getrockneten Tomaten.

Für den Herbst kann man das Gemüserad sicher auch in einer Flammkuchen- oder Zwiebelkuchenvariante mit Speck und Zwiebeln zubereiten.

Und natürlich kann man das Ganze auch als süße Leckerei (so zum Beispiel) gestalten.

Guten Appetit!

Lob von Gärtnern mit Ideen und guten Augen

Teich unf Farne im Botansichen Garten München-Nymphenburg

Seit einiger Zeit merke ich, dass ich es sehr zu schätzen weiß, an Orten zu weilen, an denen Gärtnerinnen und Gärtner gewirkt haben, die wussten, was sie tun. Der Botanische Garten in München-Nymphenburg ist so ein Ort. Am einzigen wetterschönen Tag vor einigen Wochen habe ich viele Stunden dort verbracht.

Palmen im Botanischen Garten in München-Nymphenburg

Ich bin durch das weite Areal geschlendert, habe die Vielfalt der Pflanzen bewundert, die Farben ihrer Blüten, die Formen ihrer Blätter. Was mich aber am meisten beeindruckt hat, war die Kreativität, mit der alles zusammenspielte. Neben den Farben und Formen waren das vor allem auch Düfte, das Spiel mit Licht und Schatten, die Art, wie durch die Gestaltung von unterschiedlichen Höhen-Ebenen der Blick gelenkt wird.

Da gibt es schattenreiche Alleen und sonnenbeschienene Wege, trockene und feuchte Ecken, sandige, steinige, grasige und viele andere Wege. An manchen Ecken hört man Grillen zirpen, an anderen Frösche quaken und überall singen Vögel – jedoch hört man ganz unterschiedliche Arten, je nachdem, in welcher Ecke des Parks oder Gartens man gerade ist. Durch die Farnallee bin ich sogar gleich mehrfach gestreift und habe die fein ziselierten Blätter dieses uralten Gewächses in seinen verschiedenen Formen und Unterarten bewundert.

verschiedene Farne im Botanischen Garten in München-Nymphenburg

Und dann passt das Ganze sich ganz herrlich in die restliche Schlossanlage ein, greift die Wasserwege wieder auf und umgekehrt findet man im Park des Nymphenburger Schlosses immer wieder Anspielungen auf Pflanzungen im Botanischen Garten.

Blick auf das Schloss Nymphenburg

Schließlich saß ich unter einem Baum im Schatten und las Dinge, die mich in den nächsten Wochen sicher noch häufig beschäftigen werden. Wichtige Texte. Die nicht nur so tun als ob. Und ich habe festgestellt, dass das genau der richtige Ort dafür war. Hier konnte ich unbefangen, quasi ohne Vorurteile lesen. Plötzlich war es leicht, den Inhalt erst einmal sacken zu lassen, aufzunehmen, sein zu lassen, ohne gleich zu urteilen.

Allee mit Rhododendron im Botanischen Garten in München-Nymphenburg

Ich konnte die Augen schließen, den Vögeln um mich herum lauschen, sie öffnen, und dem Eichhörnchen zusehen, das vor mir auf dem Weg saß und mich halb neugierig halb hoffnungsvoll ansah (nein, ich hatte nichts zum Füttern dabei), die Augen wieder schließen und den Duft von Ulmenblättern, Kiefernnadeln, Pfingstrosen und Kräutern, von sumpfigem Teichwasser und frisch gemähtem Gras einatmen und genießen. Und nach einer Weile feststellen, dass die Bedeutung des Gelesenen gerade dadurch gut bei mir angekommen war.

Wegweiser zum Botanischen Garten, zur Pagodenburg und zur Magdalenenklause in München-Nymphenburg

Und das alles durch Menschen, die mitgedacht haben beim Anlegen des Parks. Von jemandem, der für Jahre im Voraus das Zusammenspiel von Bäumen und Büschen, von Kräutern und Blumen, von Wasser, Erde und Sand geplant und vorhergesehen hat. Von Menschen, die das richtige Maß von Pflegen und Wachsenlassen findet. Eigentlich eine schöne Metapher über das was zählt – nicht nur bei Pflanzen, sondern auch bei Menschen. <3

Seitenflügel des Schlosses Nymphenburg

Schloss Nymphenburg mit weißen Schwänen in der Abenddämmerung

Was bedeutet Zukunft?

Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Welche Träume haben Sie für sich und Ihre Familie? Die 51-jährige Mutter in der kleinen Holzhütte in Conacaste überlegt lange, bevor sie die Frage beantwortet. Und sagt dann:

Journalist interviewt Ehepaar in einer Holzhütte in Guatemala

Ich stehe morgens um 4 Uhr auf und backe Tortillas für meinen Mann, der um 5 Uhr auf unser Maisfeld am Berg geht. Und für die Kinder. Sie gehen zur Schule, wenn die Lehrerin denn kommt. Oder sie versuchen, Übungen in Lesen und Schreiben zu machen, wenn kein Lehrer kommt. Mein Mann kommt gegen 13 Uhr zurück von der Feldarbeit und die Kinder kommen aus der Schule. Vorher wasche ich die Kleidung und backe Tortillas zum Mittagessen. Dann pflegen wir unseren kleinen Heilkräutergarten und ich kümmere mich um die Hühner. Und dann wird es Abend.

Es hat eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, dass wir nicht aneinander vorbeireden, dass es nicht an meinen Sprachkenntnissen liegt, dass ich da nicht etwa etwas falsch verstanden habe. Sondern dass genau das ihr Wunsch für die Zukunft ist: Dass sie morgen genug zu essen hat, um ihre Familie, ihre Kinder und Enkelkinder satt zu machen. Gesund zu erhalten. Dass sie aufstehen, Tortillas backen und wieder schlafen gehen kann.

Junge Mutter mit Kleinkind auf dem Arm

Ich war – und bin noch immer – sehr berührt, als mir nicht nur im Kopf, sondern im Herzen klar wurde, dass Zukunft für diese Familie in den kaum zugängigen Bergen Guatemalas keine andere Bedeutung hat als: Morgen. Vielleicht noch: Übermorgen. Wenn der Vater den Verdienst von drei Stunden Kaffeeernte in Honduras investiert, um mit dem Pickup-Taxi nach Jocotán zu fahren, um dort Kartoffeln, Karotten und Öl zu kaufen.

Ich wünsche dir, dass du noch viele Morgen erlebst. Dass du jeden Tag genug Mais für Tortillas und darüber hinaus Bohnen und Gemüse haben wirst. Dass ihr sauberes Trinkwasser für alle habt und irgendwann auch eine Latrine, die euch menschenwürdige Hygieneverhältnisse ermöglicht. Ich wünsche dir, dass du lernen kannst, mit dem wenigen Regen zu den falschen Zeiten besser zurecht zu kommen. Kurz: Ich wünsche dir eine Zukunft, von der ich von nun an ein wenig für dich mitträume.

Berge rund um Jocotán in Guatemala

Im Fußballfieber: Schweinsteiger in Guatemala

Der Blick über die Berge von Chiquimula ist atemberaubend. Der Weg nach Conacaste auch. Fast senkrecht der Abhang auf der einen, unglaublich Steil der Hang auf der anderen Seite der mit Schlaglöchern und ausgefahrenen Spurrillen gespickten Schotterpiste. Mehr als einmal überqueren wir einen kleinen Bach. Licht und Schatten spielen miteinander auf den kahlen, unwirtlichen Berghängen. Nach fast 2 Stunden Fahrt durch die Berge, kommen wir in Conacaste an. Vor dem Schulgebäude parken wir, dann geht es zu Fuß hinunter zu den einfachen Hütten aus Holzstäben mit Dächern aus getrocknetem Gras.

Steil sind die kleinen Wege und unbarmherzig brennt die Sonne. Steil sind auch die Felder, auf denen die Familien Mais anbauen. Sehr steil. Kaum vorstellbar, wie man hier säen, Unkraut jäten, ernten kann.

alte Dame in Conacaste im Portrait

Während unseres Besuchs setzt sich die Großmutter der Familie neben mich. Lächelt schüchtern, sagt aber kein Wort. 70 Jahre sei seine Mutter alt, verrät mir der Familienvater. Irgendwann steht die kleine alte Dame auf, küsst mich immer wieder auf die Wange und wünscht mir Gottes Segen. Sie freut sich, dass jemand aus Deutschland gekommen ist, um zu sehen, wie sie und ihre Familie leben. Dass Journalisten gekommen sind, die am anderen Ende der Welt erzählen können von diesem beschwerlichen Leben und dem, was es bedeutet, im Departement Chiquimula zu den Ärmsten der Armen zu gehören.

Zum Abschied drückt sie mir überraschend fest den Arm. Und wünscht mir, dass „Basti Scheinstei“ ein Tor bei der EM schießen möge, damit Deutschland gewinnt. Futbol. Futbol, sagt sie und trippelt lächelnd davon.

Links gegen das Schweigen XIX

Heute gibt es eine kurze, aber dafür wichtige Ausgabe der Links gegen das Schweigen, in der sich alles um Integration dreht.

Schild vor einem Café in Köln: Heute empfehlen wir Dialoge!

Wie geht das eigentlich konkret, das mit dem Einleben? Geht das überhaupt? Und was können wir dazu beitragen? Vanessa Giese hat da ein kleines, aber eindrückliches Beispiel aufgeschrieben.

Auch bei Mennory gibt es einen Einblick in den Integrationsalltag – hier einmal von Menschen, die schon länger bei uns leben.

Der britisch-kanadische Autor Doug Saunders beschäftigt sich schon lange mit Migration und Integration. Im Deutschlandfunk hat er am vergangenen Wochenende viele interessante und in der aktuellen Abwehrdebatte durchaus ermutigende Dinge gesagt. Zum Nachlesen.

Über eine Studie zum Thema Integration in den USA und Frankreich kommen die Autoren zu dem Schluss: „Das Ergebnis ist eindeutig: Die Muslime erfahren mehr Ausgrenzung, verstärken diese aber auch eher als die christlichen Migranten. Neben interessanten Einzelerkenntnissen bringt die Studie vor allem eine überzeugende Hauptthese: In Frankreich herrsche ein „Gleichgewicht der Diskriminierung“. Die Mehrheitsgesellschaft lehnt muslimische Einwanderer ab, worauf diese mit Verhaltensweisen antwortet, welche die Ablehnung steigern – ein sich selbst verstärkender Kreislauf.“ Die Süddeutsche Zeitung schildert die Ergebnisse der Studie ausführlich und angenehm unaufgeregt.

Dass es auch andere, komplexere Integrationshemmnisse gibt als die Religion, beschreibt Irene Amina Rayan bei den Krautreportern.

Im Migazin beleuchtet Sevim Dagdelen eine andere Seite der Medaille und zeigt auf, dass es die große Zahl der oft benannten „Integrationsverweigerer“ gar nicht in der Form gibt, die die öffentliche Meinung dominiert.

Oft wird bestritten, dass Integration überhaupt gelingen kann. Dass das auch mit der Enge unserer Filterblasen zu tun hat, beschreibt Christine von Mama arbeitet an verschiedenen Beispielen, unter anderem auch am Beispiel Rassismus.

Dass solche Vorurteile sich im Integrationsalltag manchmal schneller in Luft auflösen, als sich mancher das anfangs gedacht hatte, zeigt das Beispiel Sumte, wo man heute fast schon die Flüchtlinge vermisst.

Und noch ein Vorurteil, das sich bei näherer Betrachtung auflöst – oder gar ins Gegenteil umkehrt. Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hat herausgefunden, dass es keinesfalls so ist, dass Deutschland sich die Integration der Geflüchteten nicht leisten kann. Vielmehr würde es Millionen kosten, wenn wir die Integration nicht angehen. Wenn uns diese Aufgabe jedoch gelingt, können die Staatskassen sich über deutlich höhere Einnahmen in der Zukunft freuen. Auch das könnt ihr im Migazin einleuchtend dargestellt nachlesen.

Zum Schluss noch ein Link zum Thema Ramadan. Doch, ja, da kann man auch über Integration sprechen. Es ist eben wirklich kompliziert. Aber in den Begegnungen von Mensch zu Mensch ist es dann doch manchmal wiederum ganz einfach.