Archiv für den Monat: Juli 2017

Pointe de la Torche

Ich bin zwar kein Surfergirl, aber die Pointe de la Torche empfehle ich euch trotzdem. Denn dort kann man wunderbar surfen, man kann dort aber auch wunderbar die Nase in den Wind halten und dabei auch noch ein paar Megalithen entdecken. Denn am Ende der Landspitze gibt es eine kleine Erhebung, auf der ein Dolmen, bzw. das, was von ihm übrig blieb. Man muss den Hügel nicht hinaufstürzen und sich der Länge nach flachlegen, versprochen. Man kann das aber natürlich tun und trotzdem einen wunderbaren Tag haben. Habe ich eigens für euch getestet. Bitte, bitte, keine Ursache.Surfer an der Pointe de la torche im südlichen Fnistère

Nach einem Spaziergang durch die Dünen und über den schön langen und bei Ebbe auch großartig breiten Strand kommt man schließlich zur Landspitze, die so heißt, wie sie aussieht: Pointe de la Torche – Fackelspitze. Bei Flut wird das noch deutlicher, dann klettert das Wasser rechts und links so weit nach oben, dass nur eine schmale Landzunge übrig bleibt und der Hügel, der ins Meer ragt, wirklich wie die Flamme einer Fackel aussieht.

Hinter jeder Biegung eröffnen sich dem Wanderer neue beeindruckende Blicken über das Meer und die Felsen der Pointe. Die alle paar Meter aufgestellten Rettungsringe weisen darauf hin, dass das Meer hier nicht nur romantisch ist, sondern dass seine wilden Kräfte gemeinsam mit dem Wind, der auch an schönen Tagen heftige Böen entwickeln kann, durchaus eine ernstzunehmende Gefahr darstellen.Felsnase an der Pointe de la Torche in der Bretagne

Klippen an der Pointe de la torcheGroßer Felsen an der Pointe de la torche im Finistère, BretagneRettungsring auf dem Wanderweg um die Pointe de la torche in der BretagneUnd noch etwas macht nachdenklich: An der Pointe de la Torche – sowohl am Strand als auch auf der Landspitze – sind deutlich die Spuren der deutschen Besatzung zu sehen. Überrest eines deutschen Bunkers an der Pointe de la torcheBunkerteil am Strand der Pointe de la torche

Man kann die Bunkerreste nicht besichtigen, dafür haben wir aber an dem Denkmal innegehalten, das an die Opfer der „Hitlerbanditen“ erinnert, wie der Text es beschreibt.Gedenktafel für die Opfer der Nazis an der Pointe de la torche

Ob die Erbauer der Bunker sich wohl Gedanken über den Dolmen gemacht, ihn überhaupt als solchen erkannt haben? Je näher wir ihm kamen, desto besser haben wir gesehen, wie das Ganggrab aufgebaut gewesen sein muss. Ein wahrhaft majestätischer Ort für die letzte Ruhe.Dolmen auf der Pointe de la torche

Deutlich weniger majestätisch, dafür aber gemütlich sind die Bars und Bistros am Ende der Pointe, wo man einen kleinen Café nehmen und den wagemutigen Surfern bewundernde Blicke zuwerfen kann.

Was schön war: Mit einem Taxi durch Paris

Neulich kam ich in die Verlegenheit glückliche Lage, endlich einmal mit einem Taxi zwar nicht nach, aber immerhin durch Paris zu fahren. An einem sonnigen, warmen Hochsommertag und mit einem Fahrer, wie ich ihn mir besser nicht hätte wünschen können.

Erste Überraschung: Taxifahren ist in Paris gar nicht so teuer, wie gedacht.
Zweite Überraschung: Taxifahrer sind in Paris gar nicht so unhöflich wie allgemein behauptet („Ist es OK, wenn ich die Fenster aufmache, oder hätten Sie lieber Erfrischung durch die Klimaanlage?“ <3) .
Dritte Überraschung: Ich habe meinen Zug bekommen und zwar sogar noch 3 Minuten schneller als das Taxifahrer-Navi vorhergesagt hatte.

Dabei fing alles gar nicht so großartig an. Nur ein paar Meter von der Gare du Nord entfernt, wurde das Taxi um ein Haar in einen Unfall verwickelt. Ein anderer Fahrer bremste völlig unvermittelt, weil ein LKW auf die Straße gefahren kam. Das Taxi scherte nach links und mein Fahrer schaute zu dem Bremser hinüber – ein junger Fahrer einer privaten Limousine, trotz der sommerlichen Temperaturen in dunklem Anzug mit Krawatte. „Diese jungen Privatchauffeure – haben kaum Fahrpraxis und vor allem keine Erfahrung im Stadtverkehr. Sie sehen immer so erschreckt aus, als sei das ein furchtbarer Job“, erklärte mir der Mann aus dem Fahrersitz. Er selbst trug leichte Hosen, ein kurzärmliges Hemd und eine durchaus vergnügte Miene. „Fahren Sie denn schon lange“ – „Ach, schon ewig. Zwischendurch habe ich zwar etwas anderes gemacht, aber ich komme immer wieder zum Taxifahren zurück. Ein wunderbarer Beruf.“

Als ob er mich für eine Expertin hielte, fragt er mich, ob es OK ist, wenn er diesen Weg nehme, er könne natürlich auch über den Boulevard sowieso oder die Avenue irgendwas fahren. Als ich sage: „Nein, machen Sie nur. Sie kennen die Stadt und den Verkehr“, nickt er kurz und erklärt mir in den folgenden Minuten seine Art von Sehenswürdigkeiten.

„Sehen Sie dort“, sagt er in der Nähe des Louvre, „vor diesem großen Stadthaus mit der etwas schmutzigen Fassade, da standen früher immer Wachleute. Manchmal zwei, meistens aber vier oder sechs. Da wohnte Jacques Chirac.“

Blick auf die Tuillerien in Paris

Ein paar Straßen weiter: „Hier, merken Sie sich dieses Café. Da gibt es die besten Tartelettes aux fruits in ganz Paris. Ich weiß wovon ich rede, ich habe fast alle probiert.“

„Dort drüben, sehen Sie die bunten Fensterläden? Da gibt es Käse. Es steht zwar noch ‚Coiffeur‘ außen dran, aber seit ein paar Monaten ist da ein Käseladen. Ganz ausgezeichnete Auswahl.“

„Wenn Sie selbst einmal mit dem Auto hier unterwegs sind, fahren Sie hier keinesfalls zu schnell. Hier wird immer kontrolliert. Und wenn Sie nur einen Kilometer zu schnell sind, kostet es schon gehörig.“

Kurz vor dem Ziel schimpft eine Dame in ihren Fünfzigern durchs offene Fenster: „Was sollte das denn? Sie haben mich fast umgefahren.“ Murmelnd rekonstruiert der Fahrer, was passiert ist: Dass die Dame die Hand rausgestreckt hatte, um rechts abzubiegen, sich dann aber wohl entschlossen haben musste, geradeaus zu fahren und um die Autos herum auf deren linke Seite zu kurven. Dass ihn keine Schuld treffe außer der, dieses für Pariser Fahrradfahrer durchaus häufiger Verhalten nicht zu antizipieren. Als die Dame uns bei der nächsten Ampel einholt und nun links neben dem Fahrerfenster zum Stehen kommt, beugt er sich trotzdem freundlich zu ihr hinaus und entschuldigt sich für die Situation an der letzten Kreuzung. Die Fahrradfahrerin – mit einem der Leihfahrräder unterwegs , die man überall für wenig Geld mieten kann – brummelt zwar noch immer unwirsch, lächelt aber angesichts der freundlichen Worte irgendwann dann doch vor sich hin.

Tour Montparnasse in Paris mit Werbung für die Olympischen Spiele

Angesichts der Tour Montparnasse und der dort prangenden Werbung für die olympischen Spiele bekomme ich noch einen kurzen Einblick in die Seele eines Sportfans, der auf den Erfolg der Bewerbung für die Spiele 2024 hofft, und dann noch ein paar gute Ratschläge, wie ich Taschendiebe im Bahnhof erkennen und mich vor ihnen schützen könne (kurz: Trau keinem unter 30; vor allem keinem, der betont harmlos tut und die Arme hinter dem Rücken verschränkt 🙂 ).

Mit dem Duft der sommerlichen Stadt in der Nase und angefüllt mit sonnendurchfluteten Blicken auf Boulevards, den Louvre, die Tuillerien, den Eifelturm und kleine Pariser Parks schlendere ich überraschend pünktlich und überraschend ungenervt vom wilden Pariser Verkehr um die Mittagszeit in Richtung Gleis. Vier Stunden später bin ich in Quimper. Hach <3

Rollstuhlgerechte Küstenwege

In Deutschland diskutieren wir leider zu wenige Menschen stundenlang noch lange nicht ausreichend über Inklusion. Ich habe den Eindruck, dass die Franzosen hier ausnahmsweise weniger diskutieren, sondern einfach machen.

Direkt um die Ecke von unserem wundervollen Ferienhäuschen zum Beispiel gab es ein paar Kilometer rollstuhlgerechten Strandwanderweg. Das heißt vor allem, dass der Weg für Rollstuhlfahrer zugängig ist und es nicht nur einen kleinen Trampelpfad die Düne hinauf gibt. Außerdem gibt es Picknick-Tische mit nur einer Bank, so dass Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer ebenfalls Platz nehmen können. Und Platz genug für Menschen, mit denen die Rollstuhlnutzer_innen unterwegs sind.großer, für Menschen mit Behinderung angelegter Küstenweg mit einem rollstuhlgerechten Picknicktisch

Am Ende des Weges liegt das Museumsdorf Meneham und auch dort kann man bei den traditionellen Festou Deiz zahlreiche Menschen mit Behinderung und viele von ihnen im Rollstuhl antreffen. Dazu gibt es einen behindertengerechten Zugang, behindertengerechte Sanitäranlagen und multimediale Darstellungen im Museumsteil: Dinge nicht nur zum Sehen, sondern auch zum Hören, Fühlen, Riechen. Mit Türen, die zwar niedrig, aber breit genug für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Krücken oder Rollator sind.

Auf der „Carte touristique“, die man uns neulich in die Hand gedrückt hat, sind noch mehrere solcher Wanderwege und Sehenswürdigkeiten eingezeichnet. Besonders hervorgehoben wird das nicht. „Wieso auch. Das gehört sich einfach so“, sagt die freundliche Dame an der Kasse des Calvaire von La Roche-Maurice. „C’est normal.“ Zumindest im Finistère. Darf von mir aus gerne ein Exportschlager werden.