Archiv für den Monat: März 2015

Frühling lässt sein blaues Band…

Vogel im Dämmerlicht in der Spitze einer noch unbelaubten BaumkroneAuch wenn es heute schon wieder grau und kalt ist, lässt es sich nicht mehr leugnen: Der Frühling ist da. Genossen habe ich ihn in den vergangenen Tagen nicht nur im Sonnenschein in der Mittagspause, sondern ganz besonders auf dem Heimweg in der abendlichen Dämmerung. Die verschiedenen rot-orange-lila-rosa-gelb-Töne und das tausendundeine Blau am Himmel waren einfach wunderschön. Und so habe ich für den Weg vom Bahnhof nach Hause nicht die üblichen drei Minuten gebraucht, sondern fast zehnmal so lange; okay, mit Umwegen am Feldrand vorbei, aber was hat man da für eine wundervolle Aussicht auf die Hügel des Vorgebirges im Sonnenuntergang. Hach.

Und dann sitzen da da diese beiden Vögel. Ich konnte sie im Dämmerlicht kaum noch erkennen, geschweige denn identifizieren. Aber gehört habe ich sie. Der eine auf seinem Baum links der Straße, der andere rechts. Und über mich staunende Zuhörerin hinweg flirteten flöteten sie sich zu. Immer im Wechsel und immer inniger, je länger es dauerte. Und ich stand dazwischen, habe ganz still gehalten, um die flirtenden Sänger nicht nur stören und war völlig bezuckert.

Eiserwaffeln mit Kirschen und Quark-Crème

Zum Geburtstag hat der Lieblingsmensch mir einen Hörnchenautomaten geschenkt. Damit verbinde ich leckere Kindheitserinnerungen, denn bei Familienfesten in der Eifel buk meine Tante immer bergeweise grollte Zimtwaffeln mit genau so einem Waffeleisen. Dazu gab es selbst gemachten Pudding, den man natürlich mit den Waffeln wunderbar löffeln konnte.

Eine Waffel zusammengerollt und eine Waffel auf einem HörnchenformerAußerdem ist der Lieblingsmensch Westfale und dort kennt man die kleinen Hörnchen als Eiserwaffeln – gefüllt mit Eis oder Obst und Crème oder Sahne. Und wie das so ist mit neuen Küchenschätzlein: Die können ja nicht einfach ungetestet im Schrank verschwinden. Daher kamen die Menschen, die mich am und um meinen Geburtstag getroffen haben, in den Genuss dieser kleinen Waffelköstlichkeiten.

Rezept für die Waffeln (etwa 30 Stück):

175 g geschmolzene, lauwarme Butter
2 Eier
175 g Zucker
2 Päckchen Vanillezucker
350 g Mehl
25 ml Karamellsirup300 ml Wasser

Alle Zutaten bis auf das Wasser und den Sirup gut miteinander vermengen. Dann unter ständigem Rühren das Wasser unterrühren, dabei darauf achten, dass keine Klümpchen entstehen. Zum Schluss den Sirup gut unterrühren.

Der Teig muss mehrere Stunden kalt stehen und vor dem Abbacken wieder aufgerührt werden. Er sollte dann glatt vom Löffel fallen. Eventuell solltet ihr noch etwas Wasser hinzugeben.

Im Hörchenautomaten werden die Waffeln nach und nach gebacken. Nach zwei-drei Versuchen hatte ich die richtige Teigmenge raus, so dass die Waffeln weder viel zu klein wurden noch große Teigmengen im Überlaufrand landeten.

2 Hörnchen auf den Hörnchenrollen auf einem blauen TellerWenn sie fertig sind, müsst ihr sie quasi sofort zu Rollen oder Hörnchen formen, denn sobald sie abkühlen, lassen sie sich nicht mehr biegen. Dass ihr dabei ein bisschen hitzebeständigere Finger oder ein wenig weniger vom Tollpatschgen braucht als ich, muss ich für die regelmäßigen Leser dieser Rubrik ja sicher nicht mehr dazusagen 🙂 Aber Spaß macht das formen auf jeden Fall. Und da beim Geschenk auch gleich drei Hörchenformer dabei waren, ging das Ganze auch recht schnell.

Gefüllte Eiserwaffeln auf einer TortenplatteFür die Crème habe ich Magerquark, Frischkäse und Mascarpone zu gleichen Teilen gemischt (je 200 g) mit etwas Milch aufgeschlagen und mit Vanillezucker nach Geschmack gesüßt. Dann Sauerkirschen gut abtropfen lassen und unterheben und kurz vor dem Servieren in die ausgekühlten Hörnchen füllen.

Guten Appetit!

 

Far breton: Vom Schlammbad zum Glückskuchen

Für mich ist er DER bretonische Kuchen schlechthin. Zum einen war es der erste Kuchen aus meiner Lieblingsregion, den ich selbst gebacken habe, zum anderen schmeckt er einfach großartig. Dass Alice, unsere Lieblingsgastgeberin im Finistère, uns immer einen frisch gebackenen Far auf den Tisch stellt, wenn wir anreisen, macht ihn nur sympathischer.

Far breton auf einer KuchenplatteGelernt habe ich das Rezept an einem unvergesslichen Wochenende auf Belle-Île. Nach zwei komplett verregneten Osterferienwochen, in denen sogar der ältere Herr, den ich fast jeden Tag beim Bäcker getroffen habe, meinte, er könne sich nicht daran erinnern, dass es schonmal so lange am Stück keinen Sonnenschein gegeben habe – jedenfalls: Nach zwei Regenwochen war ich zusammen mit einem Freund auf Belle-Île unterwegs. Wir wohnten im Haus von Freunden von Freunden und konnten auch die Fahrräder nutzen. Dadurch habe ich einiges von der Insel kennengelernt und festgestellt, dass es sinnvoll ist, einen Fahrradlenker immer dann besonders gut festzuhalten, wenn die Radwege nach zwei Wochen Regen zu Matschwüsten mutiert sind. Denn wenn man das nicht tut und stattdessen mit einer Hand begeistert auf exotische Vögel auf unglaublich schönen Felsformationen zeigt, kann es passieren, dass das Fahrrad stecken bleibt und die unvorsichtige Fahrerin einen ungeplanten Abgang über den Lenker macht. Der hilfreiche Reisebegleiter reicht einem natürlich die Hand, um einem aus dem Matsch aufzuhelfen zückt natürlich den Fotoappart und hält das Schlammmonster für alle Zeiten im Bild fest. Äh nein, das kriegt ihr hier nicht zu sehen 🙂

Quasi als Entschädigung hat der freundliche Fotograf mir hinterher das Rezept für den Far breton verraten. Und was soll ich euch sagen: Hammer. Mit dem Geschmack von Pflaumen auf den Lippen und einem guten Glas Gamay auf dem Tisch war es dann auch gar nicht mehr schlimm, abends am Kaminfeuer die Hose und die Strickjacke auszubürsten.  (Den Fehler, für zwei Tage nur eine Garnitur tageslichttaugliche Klamotten mitzunehmen, mache ich seither nicht mehr. Wenn ihr mich also bei Kurztripps mit viel zu viel Gepäck antrefft, wisst ihr jetzt warum.)

Aber zurück zu dem wirklich unglaublich einfachen, unglaublich schnell gemachten und umwerfend leckeren Rezept für den Far breton, das ihr natürlich nachbacken dürft, ganz ohne euch vorher im Dreck zu wälzen.

Man nehme:

3 Eier
125 g Zucker
250 g Mehl
1 Prise Salz
1 Liter Milch
2 Handvoll Pflaumen (frisch oder getrocknet)

So wird’s gemacht:

Die Eier gut aufschlagen. Erst den Zucker gut unterrühren, dann das Mehl und die Prise Salz einrühren und dabei aufpassen, dass keine Klümpchen entstehen. Zuletzt die Milch langsam nach und nach unterrühren. Der Teig wird sehr flüssig, daher müsst ihr aufpassen, dass sich nicht ein Großteil des Teigs unten absetzt. Daher lieber langsam, aber sorgfältig rühren, bis sich alles gut verbunden hat.

Den Teig nun vorsichtig in eine gebutterte und gemehlte Form gießen. Zum Schluss lasst ihr die Pflaumen in den Teig sinken.

Den Kuchen nun bei 180°C für ca. 50 bis 60 Minuten auf mittlerer Schiene in den Ofen schieben. Achtung: Der Kuchen geht sehr stark auf, daher nicht zu weit oben platzieren. Die Stäbchenprobe verrät euch, ob der Far breton fertig ist. Er darf gerne noch saftig, darf aber in der Mitte auf keinen Fall noch flüssig sein.

Far breton frisch aus dem OfenWer den Far breton zum ersten Mal backt, wird vermutlich eine mittlere Enttäuschung erleben, wenn er ihn aus dem Ofen genommen hat, denn die ganze seelige Luftigkeit fällt innerhalb weniger Minuten in sich zusammen. Keine Angst, das muss so sein und macht einen Teil des Charmes dieses Flan-ähnlichen Gebäcks aus.

Lauwarm schmeckt er uns hier am besten, aber natürlich kann man ihn auch wunderbar kalt servieren. Dazu passt ein Tässchen Cidre, aber auch Schwarztee oder Kaffee lassen sich bestens dazu genießen. Bon appétit.

Familiengeschichten: Kriegsende in der Eifel

Mein Vater stammt aus der Eifel. Er ist dort auf einem Bauernhof groß geworden. Im letzten Jahr habe ich ihm und seiner älteren Schwester – meiner Patentante – Löcher in den Bauch gefragt, wie es früher war. Natürlich kannte ich schon vorher ich viele Geschichten von früher, habe über die Jahre hinweg viele Erinnerungen gehört, viele Anekdoten immer wieder erzählt bekommen. Aber durch die vielen Jahrestage und vermutlich auch, weil wir alle nicht jünger werden, wollte ich mehr wissen, Geschichten, an die ich mich nur halb erinnerte, Erzählfetzen, die irgendwo angerissen herumlagen, zu echten Erzählungen zusammenzufügen. Einige der Geschichten, die ich gehört habe, berühren mich besonders. Darunter das, was am Ende des Zweiten Weltkriegs auf dem Hof meiner Großeltern in der Eifel geschah. Dieser Tage jähren sich diese Ereignisse zum 70. Mal. Daher erzähle ich sie euch weiter.

Mein Großvater hatte im Ersten Weltkrieg an der Front gekämpft und ein steifes Bein zurückbehalten. Er wurde daher nicht eingezogen und war zu Hause. Als die Front immer näher kam, hatte er einen seiner Cousins und dessen Familie bei sich aufgenommen. Die drei ältesten Söhne des Cousins waren an der Front, doch seine Frau, die 20-jährige Tochter und die beiden kleinsten Kinder lebten einige Wochen zusammen mit meinem Großvater, meiner Großmutter, meinem Vater und seinen beiden älteren Geschwistern auf dem Hof. Bei Bombenalarm versammelten sich alle Familienmitglieder im Keller. Auch der russische Kriegsgefangene, der  bei einem Angriff auf dem  Feld schwer verletzt worden war und den mein Großvater unter Einsatz seines Lebens mit dem Pferdewagen zum Arzt gefahren hatte, wurde in den Keller getragen. Vor die Kellerfenster hatte mein Opa schwere Holzbretter gestellt.

Nicht nur die Menschen flüchteten dorthin, auch der Hofhund rannte beim Klang der Sirenen in den Keller so schnell er konnte. Eines Tages hatte sich auch ein Soldat in den Keller gerettet. Mein Vater, der damals knapp drei Jahre alt war, habe auf den zitternden Soldaten gezeigt und seiner Schwester zugeflüstert: Guck mal, der Mann hat genauso viel Angst wie unser Hund.

Allerdings bot der Keller nicht so viel Schutz, wie die Familie gehofft hatte. Am letzten Tag, an dem in dem kleinen Dorf gekämpft wurde, schlug eine Granate im Hof ein. Ein schwerer Splitter drang zwischen zwei Brettern hindurch, durchschlug das Fenster und traf die Tochter der Gastfamilie ins Herz. Meine Tante sieht bis heute vor sich, wie die junge Frau direkt vor ihr tot zusammenbrach. Auch die Schreie der Eltern kann sie nicht vergessen. Es war der letzte Schuss, der in dem Dorf fiel. Wenige Stunden später kamen die Amerikaner in das Haus meiner Großeltern.

Meine Tante erzählt, dass die Soldaten mit vorgehaltener Waffe von Raum zu Raum gingen. Wie im Krimi seien sie durch die Tür gesprungen und hätten sich hektisch umgesehen. Ein Dolmetscher übersetzte den Befehl, sie sollten sofort das Haus verlassen. Doch mein Großvater legte Widerspruch ein. Wie sollte das gehen, mit einem Schwerverletzten und einer Leiche. Die Amerikaner befragten also den verletzten Russen. Gespannt warteten alle hinter der Tür. Dort hörten sie, wie der ehemalige Gefangene den Amerikanern erklärte: Chef gut, alles gut.

Sicher ein Grund dafür, dass die Familie beim Schreiner des Dorfes einen einfachen Sarg holen durfte, um die tote junge Frau darin in die Kirche zu stellen, damit sie eine ordentliche Beerdigung bekommen konnte.

Der nächsten Wochen verbrachte meine Familie zusammen mit vielen anderen in der Dorfschule, in jedem Klassenzimmer eine oder zwei Familien. Die Kinder durften manchmal auf dem Schulhof spielen. Mein Großvater hatte eine Ausnahmegenehmigung bekommen, er durfte jeden Morgen und jeden Abend zu seinem Hof gehen, das Vieh füttern und die Kühe melken.

Mehr über diese Zeit, konkret über die Befreiung Triers, könnt ihr zum Beispiel hier lesen. In Monschau war der Krieg schon einige Wochen vorher zu Ende, darüber hat im vergangenen Jahr die FAZ berichtet.

Ganz persönliche Familienerinnerungen, in diesem Fall allerdings an den Ersten Weltkrieg, hat Friederike v.C. im Projekt Fürchten lernen – Ein Weltkriegsblog gesammelt. Das Nachlesen der Tagebucheinträge, Briefe und Erinnerungen geht unter die Haut.