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Unterwegsmomente

Die Bahn trägt mich einmal quer durchs Land. Beim Aussteigen stelle ich fest, dass ich fast vergessen hatte, dass es Sommer auch ohne tropische Luftfeuchtigkeit gibt. Ich muss ich an Wolfgang Koeppens „Das Treibhaus“ denken, das ich in meinem ersten Sommer unter der rheinischen Dunstglocke gelesen habe, voll Sehnsucht nach dem Höllentäler Wind am Abend (innen wie außen).

An frisch renoviertem historischem Ort und in direkter Nachbarschaft zu jetzt schon reifen Augustäpfeln, Blumenmeer und Hummelfamilien, Treffen mit einer Freundin. Feststellen, dass solch kleine, dazwischengeschneite Momente tief und ehrlich und fröhlich und vertraut und ganz einfach wunderbar sein können. Wir sehen uns selten, aber leben im Wissen von- und umeinander und verlieren den Faden nicht, auch wenn lange stille Zeiten dazwischen liegen. Ein Geschenk.

Abends Planen, Spazierengehen, Eis essen und spontane Fußballfreude in der Fußgängerzone. Mitten in Bayern stehen Fans der spielenden Nationen um uns herum und feuern leidenschaftlich ihre Mannschaften an. Ganz eindeutig haben sie einen Hintergrund, der dem führenden politischen Teil des Landes nicht behagt. Hier wird leidenschaftlich gebrüllt und gestöhnt und gejubelt. Schlachtrufe und Gesänge in Sprachen, die ich nicht verstehe, schallen durch die Nacht. Die unparteiischen Einfachnurgucker dazwischen schauen sich ab und an vorsichtig um – ist hier Gefahrenpotential? Müssen wir gleich schnell gehen oder schonmal das Handy für den Notruf zücken? Nach dem entscheidenden Elfmeter Jubel bei den einen, Enttäuschung bei den anderen. Man beäugt sich, dann sagt einer zur Bedienung: Bringen sie uns neun Halbe und eine kleine Limo bitte. Seine Kumpels zählen nach, da stimmt doch was nicht. Das steht doch ab, wenn man zu früh bestellt. Neinnein, das ist schon richtig. Die Verlierer sollen auch was bekommen. Zusammen bangen, zusammen trinken. So macht man das hier. Die Leute mit dem einheimisch rollenden R rücken zusammen, machen Platz für die, die sich durcheinander gratulieren und trösten.

Am nächsten Tag bringt die Bahn mich zurück quer durchs Land. Zwei junge Typen mit langen Bärten und Pluderhosen diskutieren in fröhlicher Slangvielfalt mit einem breit hessisch babbelnden Jeansträger über Hip-Hop und finden, dass da Vieles deutlich zu krass geworden ist, jetzt aba echt mal. So vong Sprache her. Und vong Meinung. Voll verachtend, also so für Menschen. Aber was willste erwarten, wenn die Typen mit der Macht so arme Trottel einfach absaufen lassen. Und dann aufregen von wegen Sittenverfall. Ratloses Schulterzucken. Nächste Playlist durchgehen? Ja, aber habta schon gespendet? Klar. Geht ja sonst gar nicht.

Vor dem Fenster leuchten die Stoppeln von abgeernteten Getreidefeldern golden in der Abendsonne. Sommer in Deutschland.

Umarmung am Bahnsteig

Während um mich herum die Welt immer verrückter zu werden scheint (was genau halten diese CSU-Menschen eigentlich noch für menschlich, europäisches Leistungsschutzrecht, Kinder, die ihren flüchtenden Eltern weggenommen werden, Debatten, die immer sofort emotional eskalieren, …), passiert am Bahnsteig, an dem ich aussteige, fast jeden Morgen Folgendes:

Die Türen öffnen sich, viele Menschen strömen auf den Bahnsteig und drängeln in Richtung Treppe. Wenn der Zug pünktlich oder der Gegenzug gleichviel verspätet ist – man glaubt es kaum, aber das ist überraschend oft der Fall -, passiert am Nachbargleis genau das selbe.

Mitten im Gewusel entsteht dann ein kleiner Stau, eine kleine Insel. Eine Frau aus meinem und ein Mann aus dem Zug in die Gegenrichtung fallen sich kurz in die Arme, küssen sich innig, laufen wieder in ihren jeweiligen Zug zurück, rufen sich kleine Nettigkeiten, Uhrzeiten für ein Telefonat oder Pläne fürs Wochenende zu. „Ich hab dir noch einen Link zu einem Küchenstudio geschickt, schau mal, ob dir das gefällt.“ – „Ich habe im Keller die Sackkarre wiedergefunden, falls wir die mal brauchen.“ – „Soll ich die Kinokarten für Freitag reservieren? Kommen die anderen auch mit?“ …

Bis sich die Türen wieder schließen, schauen sie über die dahinhetzenden Menschen hinweg und strahlen sich an. Die meisten Menschen auf dem Bahnsteig huschen um die beiden herum, die meisten stumm, hin und wieder schimpft jemand, dass die zwei im Weg sind. Manchmal aber lassen sich andere, lasse ich mich anstecken, von ihrem Schwung, ihrem Strahlen. Dann lächeln wir uns verschmitzt zu, wenn wir die Treppe hinuntereilen, in die Straßenbahn springen oder ins Büro weitergehen. Das Ganze dauert immer nur ein paar Sekunden, aber die erwärmen mich deutlich länger.

 

Noch etwas ungewohnt

Mit Muskelkater aus der Hölle (wer wochenlang nichts im Garten tut, muss leiden, wenn sie sich dann doch dranmacht…) entscheide ich mich, an meiner U-Bahnstation nicht die Treppe mit den knapp 80 Stufen zu nehmen, sondern mit dem Aufzug zu fahren. Dafür bin ich allerdings am falschen Ende der Bahn ausgestiegen. Als ich sehe, dass der Aufzug bereits die Türen öffnet, mache ich ein paar schnellere Schritte (aua) und rufe der weißhaarigen Dame an der Tür zu, ob sie mich noch mitnimmt.

Klar, lacht sie und dreht sich halb zu mir um. Da erst sehe ich ihren Rollator, mit dem sie vorsichtig über die Aufzugschwelle schiebt. Ich halte den Arm in die Lichtschranke, während die Dame ihre Handtasche wieder richtig in das Körbchen steckt.

Dieses Gerät hier habe ich ganz neu, lächelt sie schüchtern, als sie mich anrempelt, weil sie während der Fahrt versucht, den Rollator zu wenden. Ich habe sowas zum ersten Mal und muss ich mich erst eingewöhnen.

Sicher nicht so einfach, sage ich. Nein, allerdings, lächelt sie wieder. Aber das Ding gibt mir so viel Freiheit. Ich kann wieder draußen unterwegs sein, kann in den Park gehen und zum Einkaufen und wenn ich müde werde, habe ich gleiche eine Sitzbank dabei. Nur das mit der Bremse muss ich noch üben.

Klingt nach einer sehr guten Anschaffung, lächle ich zurück. Die beste überhaupt. Nur noch etwas ungewohnt, sagt sie im Brustton der Überzeugung. Aber das macht nichts, so ist das ja oft. Erst ist es etwas ungewohnt und dann will man es nicht mehr anders haben. Als ich nicke, fragt sie: Wollen Sie noch ein Beispiel? Ich nicke wieder und sie sagt: Mit meinen Nachbarn, da war das genauso. Erst waren sie etwas ungewohnt, sie sahen anders aus und das Essen roch durchs Küchenfenster so anders als meins. Aber dann haben sie gefragt, ob sie Salz ausborgen könnten. Also, gefragt haben sie nicht, mehr so mit Händen und Füßen und so einem Sprachdings in ihrem Telefon. Und da dachte ich, da kann ich doch helfen. Ich meine, nicht nur mit dem Salz, ich war doch Deutschlehrerin. Und jetzt reden wir immer miteinander und ich bringe ihnen neue Wörter bei und ich habe Reis mit Rosinen gegessen. Sehr ungewohnt, aber lecker.

Der Aufzug ist längst angekommen und wir stehen oben in der Sonne. Ich sage ihr, wie schön ich es finde, dass sie sich auf diese neue Erfahrung eingelassen hat  und dass ich gerne noch länger plaudern würde, allerdings müsse ich weiter zur Arbeit. Ich wünsche ihr viel Spaß beim Spazierengehen und Erfolg beim Üben mit der Bremse. Sie lächelt und hebt vorsichtig eine Hand vom Lenker für ein Abschiedswinken, Mit wildfremden Menschen reden ist auch noch etwas ungewohnt, sagt sie und schiebt in die andere Richtung davon.

Freunde an schönen Orten

Bei der Arbeit bin ich einigermaßen strukturiert und organisiert (Ausnahmen bestätigen die Regel), aber in meinem Privatleben kennen mich meine Lieblingsmenschen eher als verpeilt.

Umso schöner ist es, wenn ich einfach so sein darf, wie ich eben auch bin. Chaotisch, unorganisiert, planlos. Aber reiselustig.

Wenn ich mich selbst einladen, den Termin noch zweimal verschieben und die Ankunftszeit erst kurz vorher definitiv nennen darf. Wenn ich zu den seltsamsten Tageszeiten willkommen bin und mit offenen Armen und Herzen empfangen werde.

Wenn jemand extra für mich Frühstückslokalitäten scoutet und mich dann an einen hinreißenden Ort bringt, nicht ohne vor dem Spaziergang zur Location schon einen Orangensaft kredenzt zu haben.

Wenn es mir nicht übel genommen wird, dass ich an einem Abend, der zum ausufernden Plaudern gedacht war, kurzerhand noch vor dem Öffnen der ersten Flasche Wein einschlafe. Oder umgekehrt so in Plauderlaune bin, dass ich nicht mitbekomme, dass alle anderen längst Schlafsand in den Augen haben.

Wenn ich in das Leben eines anderen Menschen hineinplatzen darf, selbst wenn er oder sie eigentlich gar keine Zeit hat, aber dafür ein Zimmer mit Aussicht, in dem ich arbeiten, lesen, träumen darf.

Wenn Zeit ist, gemütlich spazieren zu gehen, über Gott und die Welt, das große Ganze und das kleine Persönliche zu reden und zu schweigen; leckere Kleinigkeiten zu teilen und die Schönheit von alten Deckenbalken, sonnenbeschienen Giebeln oder Frauensolidarität gemeinsam zu genießen.

Wenn in Ermangelung von Zeit für lange Telefonate kleine Nachrichten mehr sagen als tausend Worte.

Manchmal bedauere ich, dass die meisten der Menschen, die meinem Herzen am nächsten sind, nicht um die Ecke wohnen. Durchquatschte Nächte in der Stammkneipe gibt es daher in meinem Leben kaum. Dafür Telefonate, bis der Akku leer ist und darüber hinaus.

Auf der anderen Seite der Medaille steht jedoch: Meine Freunde sind an unglaublich schönen Orten zu Hause. (Es ist fast, als hätten wir das genau so geplant, aber es ist alles Zufall, ehrlich.)  Wenn sich ein paar freie Tage auftun, dann bin ich – und sind der Lieblingsmensch und ich gemeinsam – an all diesen wunderbaren Orten willkommen. So haben wir in den vergangenen Jahren schon die ein oder andere schöne Ecke Deutschlands und der Welt besucht, berühmte Sehenswürdigkeiten besichtigt, Museen angeschaut, Altstädte durchschlendert und viele kleine Schönheiten am Rande entdeckt. Zum Glück wohnen wir auch in der Nähe von schönen Städten einer schönen Gegend, so dass wir uns ab und an revanchieren können.

An Ende eines langen Wochenendes, das wir genutzt haben, um zu Hause klar Schiff zu machen (der Garten ist jetzt ein Wüste statt eines Dschungels, aber das ist definitiv eine Verbesserung 🙂 ), ist es Zeit, einmal DANKE zu sagen. Ihr wisst wer ihr seid. Ihr macht mich sehr glücklich.

Blick aus dem Leuchtturmfenster

„Es geht nicht um Wohlwollen und auch nicht um Verständnis. Es geht um eine Selbstverständlichkeit. Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, dass eine Frau einen Führungsposten bekommt, oder die relevante Story. Kein Kalkül und keine Beruhigungsmaßnahme. Dass wir da überhaupt noch drüber reden müssen, empfinde ich als ungeheuer beschämend.“ Silke Burmester ruft zum Kauf eines Pferdes auf und zum Absteigen von den Schildkröten. Lesenswertes (und handelnswertes) Plädoyer, nicht nur für Leute, die „irgendwas mit Medien“ machen.

Das muss nicht immer mit großen Gesten einhergehen, das geht auch ‚im Kleinen‘: „Von lieb und angepasst zur kämpferischen Frau“.

„Nicht die Gleichberechtigung wäre eine Anpassung, sondern die Diskriminierung war und ist eine Anpassung an patriarchalische Verhältnisse. “ In Münster hat Christiane Florin ihre Thesen aus „Weiberaufstandpointiert auf den Punkt gebracht. Ich war nicht dabei, aber das Nachlesen tat gut.

Ehrenamtlicher Einsatz – ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis.

Man sagt uns Vorgebirgs-Bewohnern ja durchaus seltsame Dinge nach, aber das ist natürlich wie immer alles nur die eine Seite der Medaille. Denn es gibt auch das genaue Gegenteil, zum Beispiel nachhaltig gebrautes Bier.

Weit weg von unserer Nachbarschaft, und doch so nah: Was passiert, wenn ein Mensch aus Europa abgeschoben wird? Die Neue Zürcher Zeitung hat einen von ihnen begleitet.

Gebete für Gerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt sind im Weißen Haus nicht gerne gehört.

„Mein Patronus ist der Schweigefuchs.“ Etwas über das Schweigen.

Schon etwas älter, aber noch immer verwundernd: Wie eine Zeitung Jubiläum feiert und sich vor denen schützt, die die Inhalte schreiben.

Vormerken für den 6.6.: DLR streamt den Start der Horizons-Mission mit Astro_Alex (Yeah):

Den anderen Livestream, ber den grade gefühlt alle reden, die königliche Hochzeit in England, habe ich mir gestern nicht angesehen (alte Republikanerin, die ich bin). Stil hatten die behüuteten Damen und befrackten Herren aber vermutlich durchaus. Und den weiß ich ja zu schätzen. Daher zum Schluss: „Mit der Bitte, die Flüchtigkeit dieser Zeilen zu entschuldigen und mir Ihre freundliche und wohlwollende Gesiñung zu erhalten, bin ich in aufrichtiger Hochachtung Ihr treu ergebener“ und andere Grußformeln berühmter Persönlichkeiten zum genießen und kopieren.

Let’s talk about… eine ganz besondere persönliche Beziehung

Manchmal sind die großen Namen dann eben doch zu Recht große Namen. Und so waren meine Vorbehalte vor den großen Namen und meine Skepsis, ob man sich einem so großen Thema in einem solch großen Saal beim Katholikentag #kt18 mit so vielen unterschiedlichen Zuhörerinnen und Zuhörern in sinnvoller Weise nähern könne, ziemlich schnell weggeblasen. „Let’s talk about God“ hieß das Thema und es ist ein Thema, das mich seit einiger Zeit in verschiedenen Facetten umtreibt.

Wie kann man erzählen von diesem Gott? Wie kann man relevant von dem sprechen, was das Kreuz einem bedeutet? Wie kann man verständlich machen, dass Religion nicht Ursache, sondern Lösungsbeitrag sein kann? Und schon während ich dies schreibe merke ich, wie wenig hilfreich ich die Fragen formuliere. Nicht „man“ muss da stehen, sondern „ich“.

Wie kann ich von Gott erzählen und von dem, was er mit mir und meinem Leben macht? Wie kann ich formulieren, was das Kreuz mir bedeutet und warum mich die Debatte in Bayern schmerzt? Wie kann ich so leben und davon erzählen, dass mein Gläubig-Sein ein Teil der Problemlösung wird oder zumindest dazu beiträgt, die richtigen Fragen zu stellen, statt auf vorschnelle Antworten zu setzen?

Es muss um mich gehen, um meine Beziehung zu diesem Gott und der Frage, wie ich darüber reden kann. Die Forschungsergebnisse, die Haltung, die Meinung von Theologen, die allgemein über Gott sprechen, mag und soll da einfließen. Aber da ich keine Theologin bin, kann ich am besten persönlich von Gott sprechen.

Und genau das taten Prof. Dr. Margot Käßmann, Pater Klaus Mertes SJ und Jalda Rebling (da habt ihr die drei großen Namen) in Münster. Sie sprachen sehr persönlich von Gott. Erzählten, wie sie ihn – oder sie, denn Gott ist größer als unsere Kategorien von männlich und weiblich, da waren sie sich in unterschiedlich formulierten Facetten sehr einig – ansprechen. Berichteten von eigenen Erfahrungen im Dialog mit Menschen, die Gott suchen. Davon, wie sie herausfinden, was Gott ihnen zu sagen hat (denn bei allem Reden über Gott dürfen wir das Sprechen mit und das Hören auf Gott nicht vergessen). Davon, wie sie erkennen, was Gottes Wille für sie ist und wie sie Entscheidungen treffen auf dem Weg mit ihrem Gott.Bild von der Posiumsdiskussion

Auch Fragen danach, wie man mit Konflikten innerhalb der eigenen Religionsgemeinschaft umgehen kann, wie sie mit und zu Politikern über Gott sprechen (würden), welche kulturelle Dimension ihr Glaube hat, wie sie mit Hass und religiösem Fanatismus umgehen und wie sie mit anderen Religionsgemeinschaften gemeinsam beten können, beantworteten alle drei nur selten allein mit theologischen Argumenten, sondern mit gut gewählten Beispielen aus ihrem persönlichen Erleben.

Ich habe zu wenig Notizen gemacht, um hier Dinge detaillierter widerzugeben. Zudem war natürlich inhaltlich wenig weltumstürzend Neues dabei. Aber einige Beispiele und Geschichten haben mich zum Nachdenken und Nachspüren inspiriert. Vor allem aber dies: Wenn ich über Gott sprechen möchte (was ja nicht immer der Fall ist, aber manchmal werde ich gefragt und kann dann antworten), wenn ich mich also entscheide, über Gott zu sprechen, und dann womöglich noch mit Menschen außerhalb meiner Filterblase, dann muss es in erster Linie um meine Erfahrungen gehen – auch, wenn ich nicht verstanden werde, mir nicht geglaubt wird, mein Reden als spinnert abgetan wird.

Große Namen, große Gedanken – und eine kleine Träne im Auge, als am Ende Musik, die über Gott sprach, die Menschen auf der Bühne und im Saal wirklich erreichte und man sehen und hören konnte, wie das Sprechen über den und die Eine gelingen kann, auch ganz ohne Worte.

Datenschutz-Geruckel

Die Datenschutzgrundverordnung, die uns da in wenigen Tagen erwartet, wirft auch Licht und Schatten auf diesen kleinen Leuchtturm am Ende der Welt. Daher wird hier ein wenig umgebaut und der Versuch unternommen, noch deutlicher auf alles hinzuweisen, was hier im Hintergrund technisch passiert.

Dadurch kann es in den kommenden Tagen zum einen oder anderen Geruckel kommen – für entsprechende Hinweise bin ich dann dankbar. Und auf euer Verständnis vertraue ich ja sowieso immer, daher auch jetzt.

 

Blick aus dem Leuchtturmfenster

Zwei starke Texte zu Ostern:

In der FAZ zum Karfreitag: „Der österliche Bogen vom Gründonnerstag bis zum Ostermontag gibt nun vielleicht Anlass, über die in der Debatte ebenfalls oft beschworene „christliche Prägung“ unseres Landes nachzudenken. Was das Christentum als Religion und als prägende kulturelle Kraft ausmacht, verdichtet sich dabei vor allem am Karfreitag, dem Tag des Kreuzestodes Jesu. Die katholische Karfreitagsliturgie, die eine Verehrung des Kreuzes durch Niederknien vorsieht, macht besonders augenfällig, worum es geht: In der christlichen Religion wird nicht die erhabene Stärke eines mit Allmacht gepanzerten Gottes verehrt, sondern ein verlassen am Kreuz hängender Sterbender. Das Niederknien vor dem Kreuz macht deutlich, dass es beim Christentum um ein verändertes Verständnis von Macht geht. Die Stärke Gottes besteht nicht darin, dass er allen Niederungen enthoben ist, sondern sie besteht im Gegenteil darin, dass er sich ihnen aussetzt.“

Und zum Karsamstag in der ZEIT. Hinter einer der besten Überschriften verbirgt sich ein beeindruckender Text: „Gott ist da, wo kein Mensch je hinwill. Auch das ist Stellvertretung. In dieser Lesart ist der Karsamstag der Zeitraum zwischen der Erfahrung all der sinnlosen, bösartigen, unverständlichen Tode und der immer schon schwer fassbaren Hoffnung auf ein Ende dieser unendlichen Geschichte. Im Karsamstag spiegelt sich der Zustand der Welt, dieser Tag ist der tiefste Ausdruck des ungläubigen Glaubens, der in der Aussicht auf Ostern liegt, im Zwischen. Zwischen Tod und Leben. Zwischen Kapitulation und Hoffnung. Zwischen Zynismus und Aufrichtigkeit, zwischen Trauer und Zuversicht. Es ist der Tag des Hin-und-Hergerissenseins, der gemischten Gefühle.“

Die Debatte über das Mitgemeintsein von Frauen hatten wir hier ja schon. Dasnuf und Journelle haben sich dazu auch Gedanken gemacht. Und Margarete Stolkowski macht sich kluge Gedanken zur Weiblichkeit in den Medien.

Marlies Krämer, die stetige Streiterin für eine offizielle Sprache, die auch Frauen berücksichtigt, gibt nicht auf und sammelt für den nächsten Schritt Spenden per Crowdfunding.

Ich trage ja immer nur eine Kette, aber diese hier ist schon besonders schön. Und den Roman der Trägerin erwarte ich freudig.

Was Sparen und Antisemitismus miteinander zu tun haben.

In den vergangenen Tagen wurde wieder mal ein Beitrag häufiger in meine Timelines gespült, der beklagt, dass Amazon und überhaupt das Internet den Einzelhandel zerstöre. Warum das nur bedingt wahr ist und der Niedergang schon vor der Erfindung des Online-Shoppings stattgefunden hat und wie Offline dann eben doch funktioniert, hat Jens Scholz aufgeschrieben.

Immer wieder ein Genuss:

Arbeitsplatz with a view

Gestern hatte ich einen besonders schönen Platz zum Arbeiten,Beten, Lesen, Musik hören und überhaupt.

Ausblick am Abend…

… und am frühen Morgen…

… Nebel am frühen Vormittag …

… der sich langsam lichtet …

… Mittagssonne …

… fast schon wieder vorbei …

… Nachmittagslicht

Die Bibliothek in der Mittagspause … und weitere Pausenspaziergangsimpressionen aus Leuven (hach <3)

 

 

Mission: Meerweh stillen

Veränderungen im Berufsleben haben mir ein paar freie Tage außer der Reihe eingebracht. Und natürlich musste da das Stillen des Meerwehs ganz oben auf die to-do-Liste gesetzt werden. Richtig viel Zeit hatte ich für die Umsetzung des „Frau Argueveur muss das Meer sehen“-Plans allerdings nicht. Genauer gesagt hatte 1,5 Tage auszureichen – Reisezeiten inklusive.

Und so setze ich mich in einen Zug und lasse mich gemütlich nach Norddeich chauffieren. Und während die Ortsnamen immer nördlicher werden (Leer!, Emden!, Norden!), die Häuser immer backsteiniger und die Landschaft immer flacher, „sänftigt sich die Seele wieder“ – Christian Morgenstern, an mein Herz!

Und dann, kurz nach halb eins, stehe ich am Meer und was soll ich euch sagen: Instantglück. Am Meer bin ich ja immer glücklich und da ist das Wetter auch komplett egal. Meer in NOrddeich bei schlechtem Wetter

Wenn ich am Wasser entlanggehe, zähle ich weder Zeit noch Entfernung. Und so wandere ich stumm und glücklich und entspannt stundenlang über Mole, Strandpromenade und Deich, um mich herum nichts als Wellenrauschen und -plätschern und das Schreien, Krächzen, Brüllen, Quietschen, Meckern, Pfeifen, Flöten und Trillern von Möwen, Enten, Strandläufern und irgendwelchen Regenpfeiferartigen – irgendwann muss ich mal lernen, die zu bestimmen und auseinanderzuhalten.Möwe in Norddeich

Der Himmel ist eine Symphonie in grau und natürlich ist das Meer genauso grau in tausend Varianten. Wer hat behauptet, dass Grau eine langweilige Farbe sei? Hier ist der Gegenbeweis.

Plötzlich wird es deutlich heller und einen Moment lang bekomme ich eine Ahnung davon, dass die Sonne hinter all den Wolken schon einmal ausprobiert, wie das funktioniert mit diesem Frühling und dem Dauersonnenschein.

Hinter der Strandpromenade machen die Strandkörbe noch Winterschlaf, doch ein Bagger hat schon damit begonnen, den verwehten Sand ordentlich zu verteilen.Standkörbe in Norddeich warten auf den Sommer

Dann lässt der Wind nach und Regen kommt auf. Statt Salzspritzern ist es nun Süßwasser, was das Tragen einer Brille zu einem unsinnigen Unterfangen macht. Ich schiebe also die Brille in die Haare und fühle mich ein wenig sommerlich – trotz der Tatsache, dass ich meinen Wintermantel, einen dicken Schal, Thermohandschuhe und einen Flauschpulli trage.

Der Sprühniesel weicht mich langsam ein – ganz so wie in der Bretagne und ich lächle selig vor mich hin. Im „Utkiek“ wärme ich mich mit einem Ostfriesentee auf und genieße den Blick auf Regen und Meer und das Wissen, dass da drüben in all dem Nebelgrau Inseln liegen – das nahegelegene Fährterminal muss für heute allerdings als Nachweis ausreichen, sehen oder auch nur ahnen kann ich nichts.

Als ich einigermaßen warm und trocken bin, muss ich wieder raus auf den Deich und in den Wind. Ich wickle mich in Schal und Mantel und lasse mich einmal komplett durchpusten, bis ich nichts mehr denke und nur noch bin.

Bis zum Rand und darüber hinaus aufgefüllt mit Wind und Wasser und Salz und vom langen Laufen erschöpft, schlendere ich in meine Pension und stelle mich unter die Massage-Brause bis meine Muskeln wohlig warm und entspannt sind. Müde und glücklich schlafe ich quasi sofort ein, nur um am nächsten Morgen nach Kaffee, Rührei und Obst wieder am Meer zu stehen. Diesmal schon mit meinem Rollköfferchen, so dass der Ebbe-Genießen-Spaziergang am Bahnhof enden kann.

Im Zug zurück lächle ich noch immer selig vor mich hin. Spotify hat mir lauter französische gute Laune-Songs in den Mix der Woche gepackt.

Mission accomplie.