Kreatives Landerneau

An manchen unserer Urlaubstage waren wir nicht den ganzen Tag am Meer und auf den Klippen. Erstaunlicherweise haben wir letztes Mal keine Stadt von innen gesehen. Das haben wir diesmal nachgeholt und waren unter anderem in Landerneau. Schön ist es da.

Blick in eine Straße mit vielen alten Stein- und Fachwerkhäusern, am Szraßenrand der gepflasterten Fußgängerzone stehen BlumenkübelEinige Häuser auf der bebauten und bewohnten BrückeMit vielen Granitfiguren verziertes Portal der Kirche Saint-Houardon in LanderneauWas uns aber besonders begeistert hat, ist die Kreativität der Straßenkünstler.

Auch großartig: Die Geschichte der Redewendung „Cela va faire du bruit dans Landerneau“, die ich zwar kannte, von der ich aber nicht wirklich etwas wusste.

Und natürlich gibt es zum berühmten Mond von Landerneau nicht nur eine Geschichte

Auf der Fasse des Maosin des 13 lunes in Landerneau sind Monde eingeprägtDa es in Landerneau im Buchladen auch Brettspiele gab, konnten wir uns nur schwer wieder losreißen. Wir kommen wieder (und freuen uns bis dahin daran, dass es den Mon nicht nur in Landerneau gibt 🙂 )

Vor sonnenuntergangsrosa-orangenen Wolken geht die weiße Mondsichel auf

Mirabellenkuchen à la bretonne

In unserem wundervollen weinroten Ferienhäuschen gab es nicht nur ein gemütliches Lesesofa (es war erst Mittwoch und das erste Buch schon ausgelesen #hach), sondern auch eine kleine Küche mit einer überlebenswichtigen Crèpes- Galettespfanne, den wichtigsten Backutensilien und vor allem mit einem großen Backofen. Ein Backofen auf Augenhöhe ist ja an und für sich schon ein Traum. Außerdem hat er so viele verschiedene Knöpfe und Rädchen und Funktionen, dass ich vermutlich noch Jahrzehnte lang immer wieder hinfahren muss, um alle auszuprobieren. #nochmalhach

Der Mirabellenkuchen mit Mürbteig und Nussstreuseln von obenBeim Einkaufen lachten uns schon seit Tagen immer wieder gelb-orange-rote Mirabellen dermaßen verführerisch an und dufteten dabei so unverschämt lecker, dass wir irgendwann nicht mehr widerstehen konnten. Und so habe ich an einem nass-grauen Morgen dem Regen eine lange Nase gedreht, mich hier inspirieren lassen und aus

250 g Mehl
125 g Butter
90 g Zucker
50 g gemahlenen Nüssen
1 Ei

einen Mürbeteig gemacht, kurz kalt werden lassen, in eine großartige beschichtete Backform gepackt, mit einem halben Kilo Mirabellen (das Entsteinen hilft super gegen Regenmelancholie) belegt, mit Streuseln aus

Mirabellenkuchen im Anschnitt40 g Zucker
70 g Mehl
100 g gemahlenen Haselnüssen
60 g Butter

bestreut und dann bei 175°C eine dreiviertel Stunde im Ofen verschwinden lassen.

Und was soll ich euch sagen: Kaum hatten wir das erste Stückchen Mirabellenkuchen vertilgt, kam die Sonne raus. Bretonisches Wetter und ich, wir sind so.

PS: Es gab überraschenderweise auch noch einen zweiten grauen Vormittag. Da habe ich das ganz ähnlich mit gelben Pflaumen wiederholt. Hmmmmm…..
Kuchenstück des Pflaumenkuchens mit gelben PflaumenHat übrigens wieder geklappt mit dem guten Wetter. Wenn alle Sonnenfreunde sich das also bitte dauerhaft abspeichern wollen?

Foto des Kuchens beim Auskühlen in einer roten Springform

Die Legenden von Andor

In unserer Spielerunde bin ich nicht der einzige Märchenfreund. Irgendwie war es daher vermutlich unausweichlich, dass wir irgendwann bei den Legenden von Andor landen würden. Nun ist es soweit und wir versuchen in unregelmäßigen Abständen, das Reich von König Brandur gegen Gore, Skrale, Wardraks und Trolle zu verteidigen.

Spielplan und Figuren der Legenden von Andor, aufgebaut für die zweite Legende "Die Heilung des Königs".Die erste Legende ließ sich noch relativ schnell bewältigen. Doch schon bei der zweiten Legende wurden wir relativ bald von den Monstern überwältigt, weil wir suchten und suchten und den dringend benötigten Zaubertrank erst unter dem allereltzten Nebelplättchen gefunden hatten.

Beim zweiten Versuch hatten wir deutlich mehr Glück und konnten die Vorteile dieses kooperativen Spiels voll auskosten. Wir haben lange und ausgiebig über die richtige Taktik diskutiert, uns gegenseitig beim Würfeln angefeuert und Schutzschilde, Heilkräuter und Runensteine getauscht. Wir haben die Bedeutung von Helmen und die rettenden Kräfte des Falken kennengelernt und uns über den übereifrigen nutzlosen (weil mit den falschen Würfelzahlen viel zu spät zum Einsatz gebrachten) Ritter Thorald lustig gemacht.

Bei der dritten Legende haben wir beim ersten Versuch keine drei Tage überlebt – und hatten trotzdem so viel Spaß, dass wir es weiterprobieren, bis wir alle Abenteuer erlebt und unsere kleine Heldengruppe unversehrt nach Hause gebracht haben.

Was wir schon festgestellt haben, ist, dass es sinnvoll ist, immer den gleichen Charakter zu spielen. Das hilft dabei, die Zusatzfähigkeiten der Helden von Andor besser auszunutzen. Ich bin seither immer Mairen, die Kriegerin. Besonders gefällt mir, dass die Charaktere sowohl männlich als auch weiblich sein können und dabei in keinem Fall irgendwelche Fähigkeiten einbüßen. Auch schön: Keine der Geschlechtervarianten spielt mit den üblichen rosa-hellbalu-Klischees. Es geht bei der Dasretllung wirklich um den Charakter und seine Stärken als um Anbiederung. Super!

Der Lieblingsmitspieler ist in der Regel der Bogenschütze. Und bildet meistens ein besonders gutes Paar mit dem Zauberer. Ganz wie im wirklich-wahren Leben (wobei Spiele natürlich auch genau das sind: wirklich-wahres Leben; aber das ist eine andere Geschichte).

Die Legenden von Andor bekommt nicht die absolute Topwertung (dafür sind die „Stimmungsgeschichten“ einfach zu schlecht erzählt und die Randfiguren wie Bauern und andere Bewohner Andors zu lieblos dargestellt), aber 3,5 von 4 Sternen hat es verdient.

Conteurs de la nuit: An der Küste der Legenden

Hatte ich erwähnt, dass ich Märchen mag? Okay, das ist wohl eher eine rethorische Frage. Auch der Lieblingsmensch ist fantastischen Geschichten nicht abgeneigt und so klingt es irgendwie nur folgerichtig, dass wir uns ausgerechnet in die Côte des légendes, die Küste der Legenden, verliebt haben.

Hinweisschild für Wanderer mit der Aufschrift Pays de Lesneven, Côte des légendesHier gibt es quasi zu jedem Stein und jeder Kapelle, zu allen Brunnen und Wegkreuzen, zu Gebäuden, Brücken und Feldern, also quasi zu allem und noch viel mehr, mindestens eine Legende. Hier leben Korrigans (eigentlich bevorzugen sie die Wälder, aber in den vergangenen Jahren sollen sie immer öfter auch an der Küste gesehen worden sein), Feen und Meerjungfrauen. Hier treiben der Teufel und Ankou, der Tod, der mit der Kutsche fährt, ihr Unwesen. Hier haben sowohl mehr oder weniger anerkannte Heilige als auch verrückte Außenseiter die erstaunlichsten Wunder gewirkt und natürlich helfen sie auch weiterhin gegen alle möglichen und unmöglichen Krankheiten. Wenn man denn weiß, was man tun muss, um ihre Gunst zu gewinnen.

In einer kleinen Kapelle können zum Beispiel Kinder von Ohrenentzündungen geheilt werden, wenn ihre Eltern ein T-Shirt im Brunnen vor der Kapelle tränken und vor dem Altar ablegen. Natürlich wird nicht vergessen zu erwähnen, dass eine Heilung umso wahrscheinlicher wird, je größer die Münze ist, die die besorgten Eltern in das nasse Hemdchen wickeln.

Um Geschichten eines anderen Kalibers, nämlich um „echte“ Legenden, geht es, wenn die Conteurs de la nuit unterwegs sind. Marie-Pierre und Joël sind zwei Ehrenamtliche, die die jahrhundertealte Tradition der Erzähler wach halten. Und wie.

Joel und Marie-Pierre auf den Klippen vor Kerlouan, beide tragen dunkelblaue Mäntel und schwarze Hüte, die Kleidung der ConteursJeden Sommermontag-Abend spazieren sie mit begeistert lauschenden großen und kleinen Geschichtenfreunden über Dünen und Strand und erzählen Geschichten, die sich dort, und zwar genau dort, zugetragen haben. Mit dem Rauschen des Meers als musikalischer Untermalung und unschlagbarer Kulisse lassen sie alte Zeiten wieder lebendig werden. Allein mit ihren Stimmen, Händen und Augen versetzen sie ihr staunendes Publikum zurück in die Zeit, als die Feen noch in der Bucht von Kerlouan baden gingen und präsentieren bisher unbekannte, aber völlig überzeugende Erklärungen dafür, warum das einst so süße Wasser des Meeres irgendwann salzig geworden ist. Auch mutige Fischer und Meerjungfrauen dürfen nicht fehlen.

Die beiden Erzähler machen große Gesten, während sie die Geschichte eines Korrigans erzählenIch empfand eine kindliche Freude an den Erzählungen. Und ganz besonders an der alten Kunst des Erzählens. Es war, als schwängen rauchgetränkte Winterabende an bretonischen Feuern bei jeder Legende mit. Als würden mit jedem Satz Erinnerungen an Geschichten erzählende Großväter in Lehnstühlen und märchen-weise Großmütter in der guten Stube wieder lebendig. Als lockten die Worte Fabelwesen aus ihren alten Verstecken, damit sie uns ihre Geheimnisse verraten.

Marie-Pierre erzählt ein MärchenSo erzählt, bestehen die Geschichten aus viel mehr als nur den dazugehörigen Wörtern. Sie bringen Gerüche mit und Klänge und eine Ahnung von Honigwein und verbrannten Algen. So erzählt, sind Legenden mehr als Zeitvertreib; sie werden zum Hauch der Geschichte, vermitteln eine Ahnung des Lebens der Menschen an dieser Küste, geben Anteil an jahrhundertealten Träumen, Ängsten und Sehnsüchten.

Joel erzählt eine LegendeNatürlich beginnt der Abend mit einer Vorwarnung, denn wer sich ins Land der Abenteuer begibt, kommt nicht ohne Risiko aus. Aber mit solchen Führern an der Seite braucht man den Besuch bei den Fabelwesen nicht zu fürchten. Und auch nicht die Zeitreise in die Geschichte. Denn zum Abschluss des Abends führen die Conteurs ihre legendenhungrige Truppe im Schein der Laternen in eine alte, romantische Granitkapelle und erzählen – immer im Wechsel aus der Perspektive der Seeleute und aus der Sicht der halbverhungerten Strandräuber an der Küste – die Geschichte des Untergangs eines Lastkahns voll beladen mit Calvadosfässern. Nicht nur, wenn man sich vorher das Museum zum Untergang der „Indian“ im benachbarten Meneham angesehen hat, geht man mit einer dicken Gänsehaut nach Hause.

Il était une fois…cont

Yann und die Meerjungfrau

Es war einmal ein junger Fischer, der hieß Yann. Er wohnte gleich um die Ecke, in einem kleinen Häuschen hinter dem Deich. Yann hatte hart gearbeitet und konnte nun endlich ein altes Fischerboot sein eigen nennen. Es war nicht groß, aber er konnte damit gut seinen Lebensunterhalt verdienen. Auch sein Nachbar fuhr oft mit ihm zum Fischen hinaus. Gemeinsam warfen sie die Netze aus, hofften auf reichen Fang und erzählten sich dabei so einiges über ihr Leben und ihre Träume.

Blick in die Bucht, im Hintergrund fährt ein Segelboot an den großen, markanten Felsen vorbei

Wie sie eines Morgens zurück in die Bucht fuhren – die Sonne war gerade aufgegangen und erleuchtete der Strand und die Felsen – da sahen sie ein ungewöhnliches Funkeln. Sie hörten auf zu rudern und ließen sich vorsichtig um die nächste Felsformation herumtreiben, um der Quelle des Funkelns auf die Spur zu kommen.

Je näher sie kamen, desto deutlicher hörten sie ein Plätschern. Nicht so, wie die Wellen es verursachen, wenn sie an den Steinen brechen. Sondern eher so, wie wenn ein großer Fisch mit seiner Flosse schlägt. Ganz behutsam steuerten Yann und sein Nachbar das Boot um die Felsen herum und da sahen sie sie: eine Meerjungfrau.

„Welch ein Wunder“, flüsterte Yann. Denn er wusste genau, dass Meerjungfrauen normalerweise alles dafür tun, dass niemand sie sieht. Schon oft hatte er die Augen offen gehalten, um eine der legendären Damen zu sehen, und so manches Mal hatte er gedacht, einen Schatten eines silberglänzenden Fischschwanzes unter der Wasseroberfläche zu erahnen. Aber bisher hatte er noch nie das Glück gehabt, eine wirkliche Meerjungfrau mit eigenen Augen zu sehen.

Sie hatte ihren Kopf mit den langen blonden Haaren auf einen von den ersten Sonnenstrahlen erwärmten Felsen gelegt, die Augen geschlossen und ließ  ihren Fischschwanz entspannt in der Bucht treiben. „Das ist unsere Chance“, flüsterte Yanns Nachbar. Und bevor die Meerjungfrau wusste, wie ihr geschah, hatte der Fischer sie an ihren langen Haaren gepackt und mit einem großen Schwung ins Boot gezogen.

Entsetzt fing die blonde Schönheit an, mit ihrer Schwanzflosse zu schlagen, aber die beiden jungen Männer hielten sie ganz fest. „Bitte lasst mich frei“, flehte die schöne Meerjungfrau. „Wenn ich zu lange nicht im Wasser bin, muss ich sterben.“ Da bekam Yann Mitleid mit der schönen Fremden und wollte sie wieder freilassen. Sein Nachbar aber wollte nicht nachgeben. „Das ist unsere Chance, reich und berühmt zu werden. Stell dir doch nur mal vor, was die Leute im Dorf für Augen machen, wenn wir dieses Fabelwesen leibhaftig auf den Marktplatz schleppen.“

Da fing die Meerjungfrau an zu weinen. „Bitte, ich will noch nicht sterben. Lasst mich doch frei. Bitte. Es soll euer Schaden nicht sein.“ Doch der Nachbar lachte nur und sagte: „Verstehst du denn nicht, dass keiner uns glaubt, wenn wir dich nicht mitbringen?“ Doch Yann konnte die Tränen der Meerjungfrau nicht länger mitansehen und bot seinem Nachbarn erst sein ganzes Bargeld, dann sein Boot gegen die Freiheit für das Mädchen mit dem Fischschwanz. Als das immer noch nicht reiche, gab er seinem Nachbarn auch sein Haus und sein Grundstück. Und endlich ließ der Nachbar die Meerjungfrau frei. Sie tauchte sofort unter. Doch bevor sie ganz verschwand, überreichte sie Yann eine kleine Muschelflöte.

Der Nachbar, immer noch verärgert, stieß Yann aus dem Boot, das ja nun seins war, und fauchte: „Lass dich hier nie wieder blicken, du Feigling.“ Und so schwamm der unglückliche Jüngling ans Ufer und machte sich auf und davon. Im Hafen von Brest verdingte er sich als Matrose und war schon bald so geachtet, dass man ihm die Verantwortung für ein großes Schiff übertrug. Doch nachdem er einige Monate sorgenfrei zur See gefahren war, kam sein Schiff in einen großen Sturm. Die Mannschaft kämpfte Stunde um Stunde, doch am Ende mussten sie das völlig leck geschlagene Schiff aufgeben. Mit letzter Kraft konnten sich Yann und seine Männer auf eine kleine, unbewohnte Felseninsel retten. Um seine Mannschaft zu trösten und die Wartezeit bis zum Ende des Sturms und ihrer Rettung zu verkürzen, spielte Yann auf seiner Muschelflöte, die er seit dem Tag, an dem er sein Zuhause verloren hatte, immer bei sich trug.

Kaum hatte er die ersten unbeholfenen Töne gespielt, da glitzerte es plötzlich vor ihm im Wasser. Die Meerjungfrau, der er das Leben gerettet hatte, steckte den Kopf aus den Wellen und lächelte ihn schüchtern an: „Du hast mich gerettet. Nun möchte ich dich retten. Sag, was kann ich tun?“ Yann überlegte nicht lange: „Ich fürchte, du kannst uns nicht helfen, denn unser Schiff ist zerborsten und unser gesamter Fang verloren. Wir wären schon froh, wenn wir unser Leben retten und wieder ans Ufer gelangen könnten.“ Die Meerjungfrau lächelte vergnügt: „Lass mich nur machen.“ Sie tauchte davon und nur Minuten später tauchte sie mit einem größeren, moderneren Schiff wieder auf. Der Bauch des Kahns war bis zum Rand gefüllt mit großen Fischen und frischen Hummern. „Keine Sorge, mit diesem Boot kommt ihr sicher durch den Sturm zum Hafen“ flüsterte die Meerjungfrau Yann ins Ohr. Und so geschah es.

Ein Boot mit von Wind, Sand und Sonne braun gefärbten Segeln auf dem WasserIn den kommenden Wochen sah Yann seine Freundin jedes Mal, wenn er mit seinem neuen Boot hinausfuhr. Und immer fing er die meisten Fische. Viele junge Frauen in Brest wollten den erfolgreichen Seemann gerne freien. Doch Yann lehnte jedes Mal ab. Sein Herz hatte er doch schon verschenkt.

An einem sonnigen Frühlingstag, als Yann im Hafen ganz alleine das Deck schrubbte, sprang seine Meerjungfrau zu ihm an Bord. Sie schauten sich lange in die Augen und als Yann den Blick wieder lösen konnte, sah er, dass aus der schillernden Meerjungfrau ein hübsches Mädchen geworden war. Und dann…

Was dann passierte, wollt ihr wissen?

Natürlich haben die beiden geheiratet, mit einem großen Fest und einem Festmahl voller Fische und Flötenmusik. Und sie lebten glücklich, alle Tage ihres Lebens.

Mein Fairphone ist da. Juhu!

Nette Überraschung beim Nachhausekommen: Ein Päckchen aus Holland. Mit meinem Fairphone. Juhu, es ist endlich da!

Begrüßungsscreen des FairphoneWobei die Wartezeitkommunikation auch nicht zu verachten war. Da gab es regelmäßige Info-Mails, die mir genau sagten, warum es eine Verzögerung bei der Produktion gegeben hat und wie viel länger ich deshalb warten muss; oder die mir mitteilten, in welcher Woche mein Gerät zusammengebaut wurde. Und ich bekam Post (also: elektronische), als mein neues Schmuckstück sich per Schiff auf die Reise machte. Das alles in so nettem Ton, mit Dank für meine Geduld und vor allem mit wirklich ernst gemeint klingenden Bitten um Verständnis, das man gar nicht anders konnte, als genau dieses Verständnis aufzubringen. Wobei mir das auch leicht fällt, wenn ich so ausführliche Erklärungen der Gründe und informative Links – also wirkliche Information und nicht einfach nur „alles geil bei uns“-Werbung – zum Überbrücken der Wartezeit bekomme. Das wäre vielleicht auch mal was für unseren Internetanbieter oder die Bahn – davon träume ich dann aber ein anderes Mal.

Denn jetzt, wo mein Fairphone endlich da ist, habe ich dafür keine Zeit. Ich bin viel zu sehr damit beschätigt es großartig zu finden. Zum einen, es endlich zu haben (jajaja, nennt es ruhig mein neues Statussymbol 😉 ). Zum anderen die Art und Weise, wie es ankommt: In einem kleinen Karton mit wenig Schutzpolstern, nichts dabei außer einem kleinen Benutzerhandbuch (überraschend hilfreich) und einigen Postkarten, die gleichzeitig die Besonderheiten des Fairphones bestens ins Szene setzen.

Technische Details kriegt ihr von mir keine, die könnt ihr andernorts problemlos nachlesen. Ich als normale Anwenderin komme mit dem Gerät prima klar. Ehrlicherweise habe ich aber eben auch keine Profianforderungen an Prozessor oder Kern und sonstige Ausstattung.

Löst das Fairphone jetzt auch wirklich alle Probleme? Nein, natürlich nicht. Es gibt berechtigte Kritik, vor allem am Namen, der natürlich suggeriert, alles an diesem Gerät sei fair und gerecht und trüge zur Lösung der Probleme bei. Das ist nicht so und wer davon überrascht ist, hat sich mit dem Thema vermutlich noch nicht sehr lange auseinandergesetzt. Denn auch wer noch nicht in der Demokratischen Republik Kongo war, kann sich vorstellen, dass „konfliktfreie Minen“ in keiner Weise mit deutschem Arbeitsrecht gemessen werden können und das Mitbestimmung im Betrieb in China nicht mit der in Deutschland zu vergleichen ist – um nur zwei Beispiele zu nennen.

Aber es ist ein Anfang. Ein echtes Produkt, nicht nur eine Idee oder eine idealistische Träumerei. Ein wirklicher Versuch, über möglichst viele Dinge transparent zu kommunizieren (zum Beispiel über die Kosten). Den Fairphonemachern ist es zudem gelungen, eine Debatte zu forcieren, die die Produktionsbedingungen aller Handybestandteile zum Gegenstand macht.

Ein Ranking zur Frage „Wie fair ist dein Smartphone?“ ist zumindest in meiner Wahrnehmung noch nie so stark rezipiert worden, wie das aktuelle von rank a brand (wobei das Fairphone am besten, aber eben nicht perfekt abschneidet). In dieser Nachhaltigkeitsstudie (die man hier komplett downloaden kann) sieht man jedoch, dass auch andere Hersteller sich mehr bemühen. Das machen sie ja nicht einfach, weil sie gerade Lust darauf haben. Sondern weil die Verbraucher Wert darauf legen; oder weil es einen Sturm der Empörung gegeben hat nach Reportagen über die Produktionsbedingungen und hohen Selbstmordraten in den chinesischen Produktionszentren.

Und da ich sowieso ein neues Handy brauchte und auf gar keinen Fall irgendwas wollte, wo mir jedes Jahr automatisch der neue heiße Sch… geliefert wird und somit automatisch Berge von wertvollem Elektroschrott produziert werden, lag die Auswahl ganz nah.

Probleme mit der Kamera habe ich nicht, die Fragen, die sich beim Inbetriebnehmen gestellt haben (ich gehöre bei sowas absolut zu den Nullcheckerbunnies), konnte ich alle selber lösen oder dank des wirklich guten Supportforums lösen. Morgen darf es mit zur Arbeit. Jippie.

Tl; dr:
Ich bin happy, dass mein Fairphone da ist und bisher mehr als zufrieden 🙂

Glücksmomente am Meer

Ich war ein paar Wochen am Meer. Ist euch vielleicht aufgefallen. Jetzt bin ich wieder da, voller wunderbarer Erinnerungen. An ein paar davon dürft ihr hier in den nächsten Tagen teilhaben. Aber zurück zum Meer.

Am Meer zu sein macht mich zuverlässig glücklich. Allein schon die Vorfreude darauf ist jedes Mal schön. Der erste Blick aus dem Fenster auf dem Weg zu Meer – ein Glücksmoment. Zuverlässig. Jedes Mal. Dieses Mal wurde dieser Moment sogar – unfreiwillig – auf eine Stunde ausgedehnt. Die Pont de Normandie ist nicht der schlechteste Ort für einen Stau (okay, sie überquert „nur“ die Seine, aber wenn man sich Zentimeter für Zentimeter drüber schiebt, kann man ausführlich diskutieren, wo genau die Seine aufhört und das Meer anfängt. Und genießen. Natürlich).

Blick auf die Bucht, im Vordergrund das Gras der Dünen, im Hintergrund einige große Felsen, dazwischen ein kleiner Naturhafen mit einigen kleinen Booten

Nein, das ist nicht die Pont de Normandie. Aber das Meer. Natürlich.

Aber dann da zu sein. Am Meer. Ganz in echt.
Schon auf dem Spaziergang vom Ferienhäuschen zum Strand schleicht sich ein Dauerlächeln auf meine Lippen und in die Augen. Die letzten Meter hinauf auf den Deich, wenn ich das Plätschern und Rauschen schon hören, das Salz in der Luft schon auf den Lippen schmecken kann. Und dann der erste Blick auf die Wellen, den Sand. Die plötzliche Weite innen und außen. Das erste bewusste Ein- und wieder Ausatmen. Die paradoxe Gleichzeitigkeit des Gefühls von Freiheit und Angekommen sein, völliger Entfernung und totalem Da-Sein, von Magie und Realität.

Hohe Wellen, die sich mit großem Spritzen an einem Felsen brechen im orangenen Licht des SonnenuntergangsLäuft das Wasser gerade auf oder ab? War der Koeffizient der letzten Flut hoch? Gibt es viele Algen? Liegen wenige oder viele Boote im kleinen Naturhafen in der Bucht? All das kommt erst später. Im ersten Moment zählt nur das Meer. Wie die Wellen sich sanft am Strand brechen, die Felsen umspielen, sich im Wind kräuseln. Die Horden von Strandläufern, einzelne, sich nachjagende Möwen. Die Sonne, die sich in den Wellen spiegelt, die Form der Wolken, die am Horizont aufziehen. Das erste Zwinkern des Leuchtturms und des Semaphors am einen und anderen Ende der Bucht.

Muss ich erwähnen, dass das Wetter überhaupt keine Rolle spielt für diesen Effekt? Tut es nicht. Tut es nie. Dass das Meer uns in diesem Jahr mit strahlendem Sonnenschein und quasi Windstille empfing, haben wir ihm trotzdem nicht übel genommen. Den plötzlichen Regenschauer auf den Klippen ein paar Kilometer weiter am nächsten Tag aber auch nicht.

Blick auf die "Cote rocheuse" bei grauem Himmel und leichtem Nieselregen

 

Ausflug ins Bilderbuch

bad muenstereife-stadttorWeil ein Teil der Familie dort bummeln wollte und es keinesfalls angeht, sich so nette Menschen entgehen zu lassen, haben wir vor kurzem einen Ausflug in ein Bilderbuch nach Bad Münstereifel gemacht.

Fachwerk ohne Ende, eine historische Stadtmauer mit mehreren gut erhaltenen Stadttoren, hübsche-und-weniger-hübsche-Dinge-Geschäftchen, Geschenkeboutiquen und Klamottenläden überall (und das war noch vor der Eröffnung des neuen City-Outlets, mit Heino, wem auch sonst), das leise Plätschern der Erft, Brauhäuser und Cafés, die die ortstypischen Printen in dutzenden Variationen verkaufen. Die obligatorische Burg auf dem Berg.

bad muenstereifel-burgUnd Touristen. Hunderte. Tausende. Überall. Auch wenn sie sich brav zur Seite gestellt haben, wenn ich ein Foto gemacht habe. Die ganze Stadt scheint nur zwei Arten von Menschen  zu kennen: Solche, die konsumieren – selbstverständlich auch am Sonntag. Und andere, die genau das durch ihre Arbeit ermöglichen.

Mehrere Fachwerkhäuser in einer kleinen GasseNatürlich ist das nicht nur in Bad Münstereifel so. Es gibt vermutlich unendliche viele Orte, in deren Kern es so scheint, als sei das normale Leben ausgestorben. In denen es keine Läden für den normalen Alltagsbedarf gibt, keine Supermärkte oder Discounter, keine Gemüsehändler oder Drogerien, keine Optiker, Reinigungen, kein Metzger, kein Kiosk und erst recht kein „Büdchen“. Wo man nicht „einkaufen“ kann, sondern nur „shoppen“. Das gehört zum Wesen des Tourismus, Nicht umsonst heißt es ja auch: Tourismusindustrie.

Ich bin selbst oft genug Tourist, oder zumindest Tagesgast. Und genieße das meistens sehr. In kleinen Boutiquen zu stöbern und lieben Menschen etwas auszusuchen, in der Buchhandlung am Marktplatz (da, wo es schön ist, gibt es noch immer zuverlässig eine Buchhandlung am Markt) nicht nur in den Beststellern sondern auch in regionaler Literatur zu stöbern, im Café zu sitzen, und den Menschen beim Schlendern zuzusehen.

Aber dieser Sonntag Nachmittag in Heinostadt der Eifel war wie ein kleiner Ausflug in eine Parallelwelt. Immerhin mit netten Reisebegleitern. 🙂

 

Totentanz von Kermaria und Temple von Lanleff

Die unscheinbare granitene Außenfassade mit kleinem TurmAn der Nordküste der Bretagne, in der Bucht von Saint-Brieuc, liegt das kleine Städtchen Plouha. Das Städtchen selbst ist nicht wirklich außergewöhnlich, aber die beiden Bretagne-Tipps, die es heute für euch gibt, sind noch kleiner. Damit ihr eine Orientierung habt, wohin ich euch heute mitnehme, ist Plouha also ein guter Ausgangspunkt. Falls ihr Superlative mögt, könnt ihr dort die höchsten Klippen der Bretagne bewundern (104 Meter).

Kermaria an Iskuit

Vor allem aber solltet ihr den Wegweisern nach Kermaria folgen. Denn hinter den schlichten Mauern der Granitkirche „Kermaria an Iskuit“ (in etwa: Maria, die aus der Not rettet) verbergen sich echte Schätze.

Zum einen gibt es da einen wirklich faszinierenden Totentanz vom Ende des 15. Jahrhunderts. Dieser „dance macabre“ zeigt den Tod, der Menschen aller Stände in einem langen Tanz mit sich nimmt. Man sieht einen König, einen Bischof und einen Abt, einen Feldherrn und einen Ritter mit Knappen, einen Arzt, aber auch Frauen, Musiker, Bettler, Verliebte,… die uns zeigen sollen: Im Tod sind wir alle gleich.

Totentanz

Das Fresko besteht aus mehr als 40 Bildern und jedes einzelne ist beeindruckend. Man kann eine halbe Ewigkeit staunend mit dem Kopf im Nacken verbringen.

Ausschnitt des Freskos aus dem Totentanz von KermariaAber auch der Rest der Ausstattung kann sich sehen lassen. Es gibt eine ganze Reihe einfache, typische bretonische Holzstatuen aus der Romanik. Und dann ist da noch eine schöne stillende Madonna. Außerdem gibt es einige schöne Aposteldarstellungen am Eingang.

Marienstatue mit Jesuskind auf dem linken Arm, mit der rechten Hand holt die Gottesmutter ihre Brust aus dem MiederHolzstatue eines Mönchs 4 bemalte lebensgroße Steinstatuen

 

Wenn ihr schon da seid: Ein paar Kilometer weiter gibt es den Temple von Lanleff, die Ruine einer großen Rundkirche, die kurz nach der ersten Jahrtausendwende gebaut wurde.

Die Ruine der Rundkirche von außenBild von innen mit Säulenbögen und Blick in den Himmel