Als wir sagten: Wir fahren nach Nordfrankreich, an die Ärmelkanalküste, hörten wir am häufigsten; Oh, ans Cap Griz Nez und Cap Blanc Nez. Die beiden Landspitzen sind weit über die Opalküste hinaus bekannt und beliebt. Und was ist es schön dort. Die Klippen selbst sind atemberaubend schön, die englischen Kreidefelsen tun so, als könnte man sie greifen, wenn man sich nur lang genug machte, hunderte Vögel umschwirren einen auf den langen Spazierwegen und schön gestaltete Hinweistafeln sorgen dafür, dass man alles über die Region, ihre Flora und Fauna und ihre Geschichte erfährt.
Einige Kilometer weiter westlich liegt ein weiteres Cap – so etwas wie der kleine Cousin der beiden großen. Das Cap d’Alprech. Den Leuchtturm konnten wir abends vom Balkon unserer Ferienwohnung in der Ferne leuchten sehen. Und was liegt näher, als das Cap zu umwandern, wo es doch fast vor der Haustür liegt.
Beim ersten Versuch kamen wir allerdings nicht besonders weit. Rund um das Fort d’Alprech fand eine Erinnerungsveranstaltung zum 75. Jahrestag der Befreiung der Gegend von deutscher Besatzung statt. Das Fort war zu diesem Zweck von einer Reenactement-Gruppe zu einem deutschen Feldlager umfunktioniert worden, umlagert von amerikanischen und britischen Armee-Zelten, Oldtimer-Militärfahrzeugen und Soldatendarstellern in improvisierten Schützengräben. Das Fort konnte aus diesem Anlass besichtigt werden – inklusive grimmig dreinschauenden Kontrollbeamten, der gespielt schlecht gelaunt das vorher einzusteckende Soldbuch beäugte und uns in fast akzentfreiem Deutsch zu seinem Kollegen mit dem obligatorischen Stempel weiterschickte.
Die Stimmung in den Bunkern, deren Grundanlage deutlich älter ist als der Zweite Weltkrieg, war trotz des schönen Wetters eher gruselig. Dass von draußen der Duft von frischer Zuckerwatte hereinwehte und fröhliche Klänge eines Elvis-Imitators herüberschallten, gab dem Ganzen eine ganz besondere Atmosphäre.
Beim zweiten Versuch war das historische Event vorbei und wir waren am späten Vormittag fast allein am Cap – zumindest, sobald wir den Leuchtturm mit seiner signifikanten Außentreppe hinter uns gelassen hatten. Schon nach weniger Schritten geht es zum ersten Mal steil die Dünen hinunter und wieder hinauf. Und so gestaltet sich der gesamte Weg bis in den Nachbarort Equihen.
Klippauf, klippab wandern wir um das Cap herum, an besonders steilen Stellen gibt es kleine, ausgewaschene Treppenstufen, hin und wieder führen kleine Holzbrücken über Bäche und Wasserläufe, die einige Meter tiefer plätschernd ins Meer münden.
Das Gekreische der Möwen begleitet uns wie das Rauschen von Wind und Wellen. Immer wieder eröffnen sich Blicke auf kleine Buchten, steile Klippen, mehr oder weniger hohe Dünen. Kleine Blüten am Wegesrand locken einige kleine Bienen und überraschend riesige Hummeln (<3) an.
Nach knapp eineinhalb Stunden (zum einen lässt meine Kondition wirklich noch zu wünschen übrig, zum anderen mussten wir immer wieder stehen bleiben, um den Ausblick zu genießen – beim Gehen ist das aufgrund des unebenen Untergrunds und der vielen steilen Abstiege und Steigungen nicht immer möglich) erreichen wir den Ortsrand von Equihen und einen schönen Aussichtspunkt mit Bänken für unser kleines Picknick.
Zurück gehen wir – ein Tipp unserer Vermieterin – quer über das Cap. Nicht direkt am Meer, die Ausblicke auf den Leuchtturm, das Wasser und die Felsen Englands sind aber auch hier wunderschön.
Zum Schluss legen wir noch einen kleinen Umweg ein, um die Start- und Landebahn der örtlichen Motorgleitschirmschule und das Radarmuseum wenigstens von außen zu betrachten.