Archiv für den Monat: Juli 2015

Nicht nur „Gegner“

Zurzeit stehe ich oft völlig verständnislos da. Ich kann es nicht fassen, wie schnell Vorurteile und Vorverurteilungen, Rassismus und Hass salonfähig geworden sind. Wie normal es erscheint, dass Flüchtlinge hier in Deutschland nicht willkommen geheißen, sondern abgelehnt und angegriffen werden. Und mindestens genausowenig kann ich begreifen, warum genau diese um sich greifende Gewalt nicht zu einem Aufschrei in unserer Gesellschaft führt.

„Die Zahl der Flüchtlinge schürt natürlich auch Ressentiments“ höre ich da in der Aktuellen Stunde. Natürlich? Wieso ist das natürlich? Ich finde das absolut unnatürlich, dass das Leid von Menschen Ressentiments hervorruft. Und bin konsterniert, dass Journalisten gerade in einer solchen Situation nicht bewusster mit Sprache umgehen.

Ich will nicht mehr schweigen. Ich will klar sagen, dass ich den Hass unerträglich finde. Und daher verlinke ich euch heute hier einige Texte, die ich in den vergangenen Tagen und Wochen zum Thema gelesen und geschätzt habe.

Stefan Niggemeier veröffentlicht auf seinem Blog einen Text von Ulrich Wolf, der zuerst in Communicatio Socialis erschien und der von der Situation bei Pegida-Demonstrationen in Dresden und der Veränderung des gesellschaftlichen Klimas berichtet. Häkelmütze im Pegida-Land:

„Dabei scheuen sich immer weniger Menschen, unter Klarnamen ihre Ressentiments kundzutun: „Hauptsache, der Dreck verschwindet von unseren Straßen. Wie, ist mir mittlerweile egal.“ – „Können wir nicht mal einen Lkw voll mit solchen Fach-Sexkräften im Regierungsviertel abladen?“ „Ich würde dem die Eier so zerschmettern, dass er nie wieder eine Frau anschaut.“ „Schmeißt die Arschlöcher raus aus Deutschland!“ Offenbar gilt nun: Durfte in der DDR kaum jemand sagen, was er denkt, so darf seit Pegida jeder alles sagen, ohne dabei zu denken.“

Nachrichtenmeldungen, in denen von Anschlägen auf Flüchtlinge und Flüchtlingseinrichtungen berichtet wird, verlinke ich euch nicht. Aber diese Karte zeigt eindrücklich, dass es dabei nicht mehr um einzelne Vorkommnisse geht. Wie erschreckend nicht nur jeder einzelne Angriff ist, sondern auch die Dimension.

Und was sagt die Politik? Zum Beispiel unser Innenminister? Nichts. Rein gar nichts:

„Nichts zu sagen spricht Bände. Es bedeutet, dass er sich als Innenminister nicht zuständig fühlt für die Sicherheit von Flüchtlingen. Obwohl es sich bei ihnen um Menschen handelt. Er, der nicht müde wird, vor dem islamistischen Terror zu warnen und sich in einer Tour solidarisch zeigt mit Tunesien, Frankreich oder anderen Orten, an denen Islamisten Attentate verüben. Wenn aber bei ihm zu Hause die in Deutschland lebenden Menschen akut bedroht werden, schweigt er.“

Andere versuchen, Worte zu finden. Den Menschen, die Angst haben, mit Argumenten zu antworten. Caroline Mohr zum Beispiel. Ihr Antwort an eine „besorgte Bürgerin“ ist lesenwert bis zum Schluss.

Auch und gerade weil ich voll unterschreibe, was Raul Krathausen über „besorgte Bürger“ sagt:

Es gibt nur drei Sachen, die schlimmer sind, als Nazis vor Flüchtlingsheimen: Verantwortliche, Medien und Politiker, die Verständnis für die sog. „besorgten Bürger“ haben. Alleine das Wort „besorgte Bürger“ ist eine furchtbare Verharmlosung. Wir sollten wegen der Nazis besorgte Bürger sein, nicht wegen der Hilfesuchenden!!!11elf!

Und nicht nur dieser Begroff ist verharmlosend. Sascha Lobo hat das in den vergangenen Worten mehrfach deutlich aufgezeigt. Hier zum Beispiel:

Diese neo-nationalistische Anbiederung wird begleitet von einem medialen Appeasement. In vielen redaktionellen Medien ist bezogen auf Freital von „Asylgegnern“ die Rede. „Asylgegner“ aber ist hier ein gefährlicher Euphemismus, eine Verharmlosung rassistischer Gewalt.

Und hier nocheinmal: Attacken auf Flüchtlingsheime: Nennt sie endlich Terroristen!

Auch Maximilian Popp benennt die Attacken (auch auf SPON) als das, was sie sind: Terrorismus.

Und plötzlich kann sogar eine bekennende Til-Schweiger-Ignorantin wie ich diesen Text unterschreiben. Lest übrigens auch unbedingt die dort verlinkten klugen Texte rund um Reem und #merkelstreichelt.

Um dem allem zum Schluss noch eine andere Perspektive entgegenzusetzen, empfehle ich euch dieses Tumblr von Martin Gommel. Er portraitiert dort Flüchtlinge. In Deutschland. Im Kosovo. Schaut euch die Fotos an. Lasst sie auf euch wirken. Und überlegt dabei, ob die Worte „nur ein Wirtschaftsflüchtling“ für euch eine andere Bedeutung bekommen.

 

Chapelle Notre-Dame de Penhors

Chapelle Notre-Dame de Penhors mit Eingangstorbogen von außenDie Chapelle Notre-Dame de Penhors steht direkt am Atlantik in Pouldreuzic, mitten im Pays Bigouden. Der bekannte bretonische Autor Pierre-Jakez Hélias beschreibt sie in seinen Erinnerungen Le Cheval d’orgueil so:

Et enfin, il y a notre chapelle a nous, Notre-Dame de Penhors, Son Grand Pardon est le sommet de notre vie religieuse. C’est aussi notre orgueil, car il réunit und telle foule d’étrangers au pays qu’il faut bien que notre Vierge soit une des plus puissantes parmi les dames de cieux. […] Au treizième siècle, il y avait déjà une chapelle à cet endroit. Elle a été maintes fois remaniée, aggrandie, frappée de la foudre, mais la Vierge a tenu bon.

Und schließlich gibt es da unsere Kapelle, Notre-Dame de Penhors, ihre große Wallfahrt bildet den Höhepunkt unseres religiösen Lebens. Sie ist unser ganzer Stolz, denn zur Wallfahrt versammeln sich so viele Fremde hier in der Gegend, dass unsere Muttergottes eine der stärksten im Himmelreich sein muss. […] Schon im 13. Jahrhundert stand an diesem Ort eine Kapelle. Sie ist unzählige Male umgebaut, vergrößert, vom Blitz getroffen worden, aber die Muttergottesstatue hat allem standgehalten.

In diesem Jahr waren wir erstmals dort und mochten den Ort sofort. Sowohl von außen…Außenanlage der Chapelle Notre-Dame de Penhors mit NatursteinmauerCalvairkreuz vor der Chapelle Notre-Dame in Penhors
… als auch von innen.Marienstatue, Notre Dame de PenhorsPieta aus Holz in einer Nische der Chapelle Notre-Dame de Penhors in PouldreuzicAltarbild (Detail) aus dem Hauptaltar der Chapelle Notre-Dame de Penhors in Pouldreuzic

Ein Blick in Richtung Decke ist ebenfalls lohnenswert.Holzbalken unter der Decke der Chapelle Notre-Dame de Penhors mit viel kleeblattförnigen Aussparungen als Verzierung Glocke an einem Holzbalken unter dem Dach der Chapelle Notre-Dame de Penhors in Pouldreuzic

Auch der Blick auf den direkt angrenzenden Strand sowie die Bucht mit dem Phare d’Eckmühl an ihrem östlichen Ende ist ganz bezaubernd.Strand gegenüber der Chapelle Notre-Dame de Penhors Die Bucht von Penhors mit Blick auf den Phare d'Eckmühl am östlichen Ende der Bucht

Ganz besonders anrührend fand ich die Geschichte dieses Segelboot-Modells. Gebaut wurde es von einem Fischer aus der Nähe von Penmarc’h, der es, gemeinsam mit einigen Freunden, während des großen Pardons zur Notre-Dame de Penhors auf den Schultern durch die Bucht getragen hat. Dass wir diese Geschichte heute noch nachlesen können – auch das verrät uns eine Inschrift in der Kapelle – verdanken wir der Familie, bei der besagter Fischer während der deutschen Belagerung im Zweiten Weltkrieg seine Butter holte.

Solche Schilderungen gehen mir immer sehr ans Herz. Ich freue mich zum einen über die aufbewahrten Gegenstände wie hier das Boot, aber mindestens genauso sehr über die liebevoll weitergegebenen Geschichten über die dazugehörigen Menschen und das, was sie mit den Dingen verbinden.Modell eines Segelschiffs auf einem Wallfahrtsgestell in der Chapelle Notre Dame de Penhors in Pouldreuzic

Einkaufen wie Gott in Frankreich – Teil 2

Wochenende, üsseliges Wetter (aka Sturm, so dass man nicht mal die schwüle Luft ordentlich rauswehen lassen kann). Und einkaufen waren wir auch. Gegen den Doofe-Sachen-Overkill hilt – eine Urlaubserinnerng (ja, da müsst ihr jetzt durch).

Einer der ersten Eindrücke, wenn wir in Frankreich sind, ist jedes Mal wieder die Auswahl beim Einkaufen. Was mich am meisten beeindruckt ist dabei gar nicht die Quantität, sondern die Qualität der Produkte. Schon Dinge, die in Frankreich als durchschnittlich gelten, sind oft besser als das, was man in Deutschland als Qualitätsprodukt angepriesen bekommt.

Der einfachste Coulommier schmeckt vielfältiger als jeder hochklassige „Weichkäse“ in deutschen Regalen. In der Frischetheke gibt es Blätterteigtaschen zum gleich essen oder aufbacken. Da steht aber nichts von künstlichen Inhaltsstoffen, sondern mehr von frischen Kräutern und frischem Gemüse, verbunden mit dem Hinweis, man solle die kleinen Teilchen maximal zwei Tage aufheben (länger muss man ja auch nicht – es gibt ja jeden Tag frischen Nachschub).

Und das ist nur das Angebot im Supermarkt. Von den köstlichen Brathähnchen (Bio, freilaufend, was denn sonst) habe ich euch ja schon letztes Jahr erzählt. Auf dem Wochenmarkt (der außerhalb der Saison – und Ende Mai bis Mitte Juni ist an der Côte des légendes außerhalb der Saison – aus nur 5 Ständen besteht und im Prinzip einzig und allein auf die Bedürfnisse der Einheimischen ausgerichtet ist) gibt es beim Gemüsehändler krumme und schiefe, dafür aber super aromatische „tomates d’autrefois“, Tomaten wie früher, aus dem Nachbarort und Artischocken, die so groß sind, dass man damit eine ganze Familie verköstigen kann. Die wachsen hier so, das haben wir im Garten der Nachbarn gesehen.

Selbstverständlich kann man die kleinen Melonen (auch aus der Region – in der Bretagne gedeihen schließlich auch Palmen ganz ausgezeichnet) vorher probieren und bekommt zu den Radieschen, die in allen Farben zwischen gelb, weiß und rot strahlen, Tipps, welche wie schmecken und wozu sie am besten passen (nur die kallroten sind erst frisch und dann scharf und passen gut zu Ziegenfrischkäse, die anderen sind unterschiedlich mild und unterschiedlich knackig und super in Salaten oder zu frischer pâté mit mildem Senf).

Bund Radieschen in gelb, weiß, rosa, rot und violett

Beim Bäcker gibt es Baguette, das diesen Namen auch verdient. Egal ob klassisch oder traditionell (mit Sauerteig und Roggenmehl), es schmeckt einfach wunderbar. Genauso wie die selbstgebackenen Palets, die petits fours und natürlich die Croissants.

Dabei frage ich mich jedes Mal wieder, warum deutsche Bäcker einfach keine Croissants hinkriegen. Die Rezepte sind doch bekannt und die richtigen Werkzeuge gibt es doch auch. Warum also schmecken Croissants in Deutschland entweder wie Pappe oder wie mit Butter zusammengepresste Krümelwüsten? Und was ist so schwierig daran, echte Baguettes zu backen? Französische Bäcker und Fabriken haben doch keine geheimen Wunderzutaten, die niemand kennt und die es nirgends sonst zu kaufen gäbe. (Immerhin kriege ich ja zu Hause selbst Baguettes hin, die den Namen auch verdienen und nicht zuletzt der Plötzblog zeigt, dass das auch kein Hexenwerk sein muss, wohl aber sein kann 🙂 ).

Letzte Amtshandlung jedes Frankreichaufenthalts (vor der obligatorischen letzten langen Unterhaltung mit dem Meer und dem Wind) ist daher unbedingt das Einkaufen.

Protipp: Besorgt euch eine gute Kühltasche. Spätestens beim Auspacken und dem ersten, improvisierten Essen nach der Rückkehr hat das Ding sich tausendfach bezahlt gemacht.

tl; dr:
Einkaufen in Frankreich ist himmlich. Deutsche Bäcker können vieles gut, aber weder Croissants noch Baguettes. Eine Kühltasche ist ein wichtiges Stück Reisegepäck. Aus Gründen.

Patchwork: Ein Spiel für zwei

Flicken, die den Rahmen für das Zwei-Spieler-Spiel Patchwork bilden

Die Nähmaschine und ich, wir werden in diesem Leben keine besten Freunde mehr. Aber hin und wieder finden wir zusammen und dann entstehen durchaus nette Dinge. Ganz ähnlich ist es bei Patchwork. Zu zweit balgt man sich um die besten (weil passendsten und wertvollsten) Flicken und „näht“ diese so auf den eigenen Spielplan, dass möglichst wenig freie Felder übrigbleiben. Gelingt es uns sogar, ein genau sieben mal sieben Felder großes Stück unseres Spielplans auszufüllen, bekommen wir zusätzliche Knöpfe und damit Siegpunkte.Spielplan eines Patchwork-Spielers, in den bereits zahlreiche Flicken eingebaut wurden

Klingt irgendwie einfach? Ist es auch. Zu Beginn liegen die Stoffreste mit vielen oder wenigen Knöpfen in einem großen Kreis auf dem Tisch. Wir ziehen so weit, wie wir wollen und nehmen das entsprechende Teil – solange wir es bezahlen können. Denn Flicken kosten entweder Zeit oder Geld in Form von Knöpfen oder beides. Das Teil, das man so erwirbt, muss man sofort auf seinen Spielplan legen. Der Rundenzähler wird dann so weit vorgerückt, wie man Zeit bezahlen muss. Passiert man dabei auf dem Rundenzähler als Erster einen dort ausliegenden Flicken, darf man diesen an sich nehmen und gleich einbauen. Zeitzähler mit Bonus-Flicken aus dem Zwei-Spieler-Spiel Patchwork

Nun ist der Mitspieler dran. Und zwar so lange und so oft, bis sein Zeitzähler den des Gegners überholt. Hat also der erste Spieler ein Teil gekauft, das zwar super passt, aber viel Zeit kostet, kann der Gegner in Ruhe mehrere (günstigere) Teile einsammeln. Oder aber entscheiden, dass er den ersten Spieler mit einem Sprung überholt. Dafür bekommt man so viele Knöpfe wie die Anzahl der Felder, die man überspringt.

Passiert man unterwegs auf dem Zeitstrahl eine Wertungsmarke, bekommt man so viele Knöpfe wie auf den bereits auf dem eigenen Plan eingebauten Flicken abgebildet sind. Am Ende gibt es Minuspunkte für alle Felder, die man nicht belegen konnte. Wer danach am meisten Knöpfe übrig hat, hat gewonnen.Rückseite des Zeitzähler-Plans mit einer alternativen Aufteilung der Felder

Das ist alles leicht zu verstehen und braucht nicht viel Erklärzeit. Durch die unterschiedliche Reihenfolge der Teile und die beiden verschiedenen Zeitzähler bleibt das Spiel aber abwechslungsreich. Auch wenn der Glücksfaktor durch die zufällige Platzierung der Teile recht hoch ist, nimmt doch mit zunehmender Spieldauer der taktische und strategische Faktor zu. Soll man ein besonders gut passendes Teil nehmen, auch wenn es sehr viele Zeitpunkte kostet (aber dafür einen Flicken bringt und eine Knopfwertung auslöst, die den Geldvorrat wieder auffüllt)? Oder soll man lieber über den Gegner springen und so direkt zu mehr Knöpfen kommen – und gleichzeitig verhindern, dass der Gegner ein besonders beliebtes Flickenkärtchen erwerben kann? Oder sollte man doch besser einen kleinen Sprung machen, ein etwas ungünstigeres Teil nehmen und auf den nächsten Zug spekulieren?

Man kann dabei leicht ins Grübeln kommen und in eine Analysis-Paralysis-Phase abdriften. Allerdings hält das nie lange an, denn spätestens beim nächsten Zug sieht man direkt, was am besten passt und kann gar nicht schnell genug Teile nehmen und „annähen“. Dass die Gestaltung so unglaublich gut zum Thema passt, ist ein zusätzliches Plus. Ein neuer Liebling in unserem Spieleregal.

Catanshop: Verpackungskünstler unter sich

Mitte der Woche hatten wir eine Benachrichtigung von DPD im Briefkasten, dass sie uns ein Paket zustellen wollten. Seltsam, wir hatten gar nichts bestellt – außer sechs Spielkarten. Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Dazu muss ich ein wenig ausholen:Sehr großer Versandkarton vor dem Spieleregal in unserem Wohnzimmer

In letzter Zeit siedeln der Lieblingsmensch und ich gerne mal wieder. Allerdings kann sich in unserem Freundeskreis kaum noch jemand dafür begeistern. Es ist ja so: Wie durch ein Wunder haben in diesem Haushalt zwei Personen zusammengefunden, die früher™ durchaus gerne Die Siedler von Catan gespielt, das aber nicht so exzessiv betrieben haben, dass wir es jetzt für alle Zeiten über hätten.

Also haben wir uns das Kartenspiel für zwei gekauft und sammeln nun um die Wette Rohstoffe, Gebäude und Punkte. Jetzt gibt es neben dem Spiel und den Erweiterungen auch noch Sonderkarten. Und um dem Lieblingsmenschen eine Freude zu machen, sollten diese Karten natürlich auch noch hier einziehen. Sechs Stück sind es insgesamt und da dachten wir ja, dass ein kleiner Umschlag reichen sollte, um die zu verschicken. Aber vermutlich ist das zu einfach gedacht. Heute gab es nämlich einen zweiten Zustellversuch des ominösen Päckchens. Es war überraschend groß, aber unglaublich leicht. Darin enthalten: Eine Lage Luftpolsterfolie. Noch eine Lage Luftpolsterfolie.Geöffneter Catan-Karton mit zwei großen Lagen Luftpolsterfolie

Und dann, auf dem Boden des Kartons, tatatataaaa: die sechs Karten. Jede einzeln in eine Tüte gesteckt.Die sechs Karten in ihren Tüten auf den Luftpolsterfolien

Hallo Catanshop? Habt ihr Langeweile? Oder habt ihr bei der Hitze letzte Woche alle Briefumschläge als Fächer genutzt und noch keinen Nachschub bekommen?

Andererseits: Versand und Bearbeitung kosten 4,90 Euro. Dafür kann man sich durchaus etwas mehr Mühe geben. Und den Kunden einen Versandkarton zum Wiederverwsenden schenken. Allerdings kann ich erst überlegen, wer das nächste Päckchen bekommt, wenn ich mit Kopfschütteln fertig bin.

Geheimtipp: Phare du Petit Minou

Ein abgelegener, wildromantischer Strand zwischen dicht bewachsenen Felsen, ein steiler Aufstieg, auf dem sich immer wieder fantastische Ausblicke auf die Rade de Brest und den Parc Naturel Marin d’Iroise bieten. Nach etwa der Hälfte des Weges sieht man schon eine Leuchtturmspitze und wenn man oben angekommen und einmal um das Areal herumgewandert ist, eröffnet sich ein Blick wie aus dem Bilderbuch. Was ihr seht ist – tatatataaa – der Phare du Petit Minou, der Leuchtturm des kleinen Kätzchens.

phare-du-petit-minou-mit-bunker

In unserem Reiseführer ist der beeindruckende Turm nur mit eineinhalb Zeilen unter „Ziele in der Umgebung“ erwähnt, in vielen anderen ist er gar nicht verzeichnet. Aber zum Glück gibt es ja Blogs und die großartige Facebookseite von Kristell, so dass wir den Leuchtturm und die spektakuläre Aussicht etwas außerhalb von Plouzané trotzdem gefunden haben.

Blick auf den Phare du Petit Minou hinter gelben Blüten

Technisch ist der Petit Minou sicher nicht der herausragende Vertreter seiner Zunft (wer sich dafür interessiert, findet hier ausführliche Infos). Und auch sein Nachbar, der halb verfallene Radarturm der Marine, ist keine Schönheit. Da er bereits mehrfach aufgebrochen wurde und es wirklich gefährlich ist, in dem Bauwerk ohne Brüstung und vielfach ohne Fenster ganz nach oben zu klettern (ein heftiger Windstoß aus unerwarteter Richtung und wer sich nicht gut festhält, wird ins Meer geweht), soll er bald abgerissen werden. So wie übrigens auch das alte Leuchtturmwärterhaus, das schon verschwunden ist.Phare du Petit Minou mit dem alten Radarturm der Marine daneben

Bei unserem Ausflug hat uns aber am Ende gar nicht die kleine Wanderung um die Landspitze herum am besten gefallen. Auch nicht der wahrhaft spektakuläre Blick auf den Leuchtturm, das ihn umgebende Fort du Minou (von Vauban erbaut) oder die Bunker, die von der deutschen Besetzung während des Zweiten Weltkrieges zeugen.

Am nettesten war das Gespräch mit einem freundlichen Herrn, der anbot, den Lieblingsmenschen und mich vor der berrauschenden Kulisse des in allen Farben zwischen grün und dunkelblau schimmernden Meeres zu fotografieren.Blick auf die Rade de Brest vom Phare du Petit Minou in Plouzané aus

Wie das in der Bretagne so schnell geht, wenn man einige Worte französisch spricht, waren wir blitzschnell in ein angeregtes Gespräch über die Gegend vertieft. Unser freundlicher Gesprächspartner ist Rentner, wohnt um die Ecke, kommt quasi jeden Tag zum Phare, um die Landschaft zu genießen und Fotos der vorbeifahrenden Schiffe zu machen. Die meisten sind Marineschiffe auf dem Rückweg in den Hafen von Brest. Die französischen kennt er alle in- und auswendig, hat er doch mehr als dreißig Jahre auf der Marinebasis gearbeitet und die Flotte gewartet. Besonders gefallen im deutsche und amerikanische Schiffe, kürzlich sei die Fregatte Bayern vorbeigefahren und auch die „Hessen“, die zuletzt Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet hat, hat er schon fotografiert.Französische Fregatte fährt am Phare du Petit Minou vorbei in Richtung Brest

In seiner aktiven Zeit habe er solche Schiffe natürlich auch von innen kennengelernt. Gegen eine gute Flasche Wein (für die deutsche Besatzung) oder Mousseux (für die Amerikaner) habe man ihn gerne herumgeführt. Dabei habe man so manch sehr netten Abend zusammen verbracht.

Den Leuchtturmwärter des Minou kannte er noch persönlich. Ehrensache, war sein Großvater doch Leuchtturmwärter auf Ouessant, im berühmten Phare du Chréac’h. Und seinen Onkel habe ich vermutlich vor knapp 20 Jahren zumindest von ferne kennengelernt, als ich beim Salon du livre insulaire auf Ouessant war, denn dort ist er Fotograf und freier Journalist. Wie klein die Welt doch ist…

Übrigens kann man mit dem Auto auch direkt zum Fort du Minou fahren. Viel schöner ist es aber, auf dem Parkplatz am Plage du Minou eine Bucht weiter westlich zu parken und die Landspitze zu Fuß zu umrunden. Falls ihr also in der Nähe seid: Der Abstecher lohnt sich unbedingt.

Der kleine, abgeschiedene „Plage du Minou“.Kleiner abgeschiedener Sandstrand am "Plage du Minou"

Beim „Aufstieg“ auf die Klippen bieten sich faszinierende Ausblicke und nach einigen Metern kann man die Spitze des Leuchtturms schon sehen.Kleine Naturbrücke am Plage du Minou in Plouzané im Finistère

plage-du-minou-spitze-des-leuchtturms

Auf den Steinen sonnen sich dutzende Eidechsen.Eidechse sonnt sich auf den warmen Steinen am Leuchtturm Phare du Petit Minou

Die Spuren der deutschen Besatzung sind in der Landschaft noch deutlich sichtbar.Bunker aus der Zeit der Besatzung der Bretagne durch die Nazis

Deutscher Bunker in einen Hügel eingegraben

Und natürlich noch ein paar Ansichten des Phare du Petit Minou <3Der Phare du Petit Minou im Sonnenschein

Weg zum Leuchtturm und Leuchtturm Petit Minou in der Sonne

Sonnenuntergang am Ende der Welt

Bei der aktuellen Hitze tut der ein oder andere Gedanke ans Meer und die gar nicht mal so leichte Brise dort so richtig gut. Und so kriegt ihr heute ein paar erfrischende Urlaubserinnerungen. Aber wehe, einer sagt, in der Bretagne sei das Wetter immer schlecht. Von wegen. Gar nicht mal so selten kann man ein Sonnenuntergangs-Schauspiel erleben, das mit den schnulzigsten Kitschfilmen mithalten kann. Nur eben live und in Farbe. Und eine ganze Stunde später als zu Hause. Hach. <3

Extra für euch (und für mich natürlich auch) habe ich ein paar Fotos vom Logenplatz auf den Klippen direkt vor der Haustür unseres Lieblingsferienhäuschens gemacht. Der Leuchtturm, den man auf einem der Fotos in der Ferne sieht, ist übrigens der Phare de l’Île Vierge. Von dem erzähle ich euch ein anderes Mal. Für heute kriegt ihr erstmal die volle Dröhnung Meer und Sonnenuntergang. 3…2…1…Blick auf den Naturhafen Kours Vihan in Kerlouan kurz vor SonnenuntergangDie Bucht von Kours Vihan in Kerlouan kurz vor SonnenuntergangBlick auf den Phare de l'ile Vierge in der Ferne im orangenen Licht des SonnenuntergangsGelber Sonnenball vor orange-rotem Himmel knapp über der WasserlinieSonnenball ist bereits halb von der Wasserlinie verdecktHimmel in allen Farben von gelb über orange zu rosa und rot als nur noch ein kleiner Punkt der Sonne über der Wasserlinie des ruhigen dunkelblauen Meers zu sehen ist

 

 

Akrotiri: Von Inseln und Tempeln und fehlenden Rohstoffen

Endlich mal wieder positive Nachrichten aus Griechenland. Denn dort kann man zu zweit unglaublich viel Saß haben. Zumindest auf dem Brett und auch nur, wenn man ganz passabel englisch spricht. Denn übersetzt wurde dieser Spielehit bisher nicht. Inseln anlegen, Fährverbindungen schaffen, Rohstoffe anbauen und mit Schiffen zum Handelsplatz bringen, Geld verdienen und neue Schatzkarten kaufen, historische Tempel entdecken und Punkte sammeln: So lässt sich der Ablauf von Akrotiri zusammenfassen.Spielplan von Akrotiri mit einigen angelegten Inselkärtchen

Doch von vorn: Im klassischen Griechenland haben unsere Boote vor der Insel Thera Anker geworfen. Doch natürlich sind wir Entdecker und haben nicht vor, einfach gemütlich am Strand herumzuliegen. Daher ziehen wir in jeder Runde ein Plättchen mit Inselteilen und Rohstoffvorkommen, Häfen und Schiffahrtsverbindungen und legen es so an Thera an, dass die Verbindungen und Rohstoffe unseren Schatzkarten möglichst dienlich sind. Die Karten zeigen, wie die Rohstoffe auf den Inseln verteilt sein müssen, damit wir historische Schätze entdecken können. Mal müssen zwei Holzvorräte südlich des Grabungsvorhabens sein, zudem ein Steinbruch westlich und ein See östlich. Vielleicht gilt es aber auch, Lavaströme nördlich, Holz westlich und Seen östlich zu finden, oder… die Kombinationen sind vielfältig. Und nur, wer seine Inselkärtchen so platziert, dass sowohl die Rohstoffvorkommen als auch die Verbindungen passend gelegen sind, kann anschließend mit seinem Boot zur entsprechenden Insel segeln und dort Rohstoffe einladen. Danach gilt es, zum Handelsplatz zurückzufahren, die Rohstoffe schnell zu verkaufen (denn wer zuerst kommt, bekommt in der Regel mehr Geld), um dann zu einer Expedition aufzubrechen, bei der man Tempel entdecken und ausgraben kann.

Je erfolgreicher man als Archäologe ist, desto mehr Aktionen darf man pro Runde durchführen, denn jeder Tempel, der vom eigenen Spielplan auf eine Insel umzieht, enthüllt neue Handlungsoptionen.Spielplan von Akrotiri, auf dem bereits einige Tempel entnommen und dadurch zusätzliche Aktionen aktiviert wurden

Punkte gibt es am Ende vor allem für die Tempel(schatz)karten, die unterschiedlich wertvoll sind. Doch auch zusätzliche Aufgabenkarten, die man im Laufe des Spiels einsammelt, bringen Punkte – zum Beispiel für jeden Tempel, den man auf einer Insel bauen konnte, auf der es einen Steinbruch gibt. Oder für jeden Tempel, der auf einer Insel steht, die keine direkte Fährverbindung mit Thera hat (und zu der man sein Boot zum Tempelbau umständlich über kleinere dazwischen liegende Inseln schleppen musste), oder…

Das klingt verwirrend und ist es auch. Der Lieblingsmitspieler und ich sind im Prinzip ständig am Stöhnen. Entweder man hat ein Kärtchen mit einem unpassenden Rohstoff gezogen oder die Fährverbindungen sind ungünstig. Ein anderes Mal sind die Rohstoffpreise gerade in den Keller gesunken, wenn man endlich voll beladen auf Thera ankommt. Dann wiederum hat der Gegner gerade einen Tempel auf der Insel entdeckt, auf der wir die meisten Punkte hätten einheimsen können und so weiter und so fort."Rohstofflager" mit kleinen farbigen Holzklötzchen und Schatzkarten des Brettspiels Akrotiri

Doch während wir noch Stöhnen und Meckern, sehen wir aus den Augenwinkeln eine weitere Insel aus dem Meer auftauchen und siehe da, dort wachsen Bäume und einen kleinen See könnten wir auch noch anbauen und dabei gleichzeitig einen schiffbaren Hafen erschaffen. Und schon sind wir wieder im Spiel. Und wenn gar nicht mehr geht, kann man ja immer noch das Orakel befragen.

Bei den ersten Partien fällt es durchaus schwer, immer den Überblick zu behalten. Und auch, wenn man zu den geübten Akrotiri-Spielern gehört, kann man nicht immer vorhersagen, wer nach der Endabrechnung die meisten Punkte hat. Der Wiederspielreiz ist auch wegen der hübschen grafischen Gestaltung und kleiner liebenswerter Details (zum Beispiel gibt es sehr detailverliebt gestaltete Fische, die helfen, die eigenen Aktionen zu zählen und auch das Startspielerkärtchen ist ein optischer Hingucker) sehr hoch. Ein kleiner Wermutstropfen ist jedoch die schlechte Gestaltung der Boote und Rohstoffe: Beide passen nicht immer gut ineinander und so muss man die kleinen, bunten Rohstoff-Holzwürfel immer mal wieder mit der Hand in Richtung Thera bugsieren, weil sie nicht in das Boot passen. Bei dem nicht ganz günstigen Preis könnte man hier ein wenig mehr Qualität erwarten.Rundenmarker von Akrotiri - kleine ovale Papp-Plättchen mit gezeichneten Fischen im antiken Stil

Davon abgesehen begeistert den Lieblingsmenschen und mich jedoch die Kombination verschiedener Spielmechanismen. Durch das Ziehen und Anlegen der Inselplättchen ist der Glückseffekt überraschend hoch und zu Beginn zurechtgelegte Langzeitstrategien werden schnell vom Gegner durchkreuzt. Spätestens ab dem dritten Zug ist aus dem Strategie-Plan eine taktische Wasserschlacht geworden. Und es ist immer wieder spannend abzuwägen, ob es sich lohnt, ein Wettrennen um die besten Rohstoffe anzustrengen, oder ob man besser sein leeres Boot schnappt und es über eine Insel schleppt, um in entfernteren Gefilden einen Tempel zu entdecken.