Archiv der Kategorie: Allgemeines

Ein bisschen Glitzer

Glitzern einer Diskokugel an der DeckeManchmal brauche ich ein bisschen extra Glitzer in meinem Leben. Ein bisschen Tanzen und Wippen und Flügel zum Himmel heben. Flügel? Ja genau. Flügel. Eingeweihte wissen jetzt schon was kommt 🙂

Jaaa, genau. Ich war beim Weihnachtskonzert vom Meister.guildo-horn-weihnachtsmatinee-guildo-weihnachtsmann

Meine erste Begegnung mit Guildo Horn hatte ich 1998 beim Baggerseefest in Oberachern. Dass dann doch nicht am Baggersee stattfand, sondern auf dem Gelände der Acherner Illenau. Denn zwischen der Buchung des Künstlers für das kleine aber feine Fest und dem Partytermin lag eine Entscheidung, die das Ganze etwas größer werden ließ, als zunächst geplant. Genauer gesagt die Entscheidung, wer für Deutschland zum Grand Prix Eurovision de la Chanson (die Älteren werden sich erinnern – und wie viel poetischer klingt das als Eurovision Song Contest – hach). Und das war damals eben Guildo, der uns alle lieb hat.

Und ich stand mit klopfendem Herzen und analogem Fotoapparat zum ersten Mal in meinem Leben in einem echten „Pressegraben“, wurde zusammen mit den Kollegen vom Künstler verspottet und schweißbenetzt und habe das eine oder andere Foto seines entblößten Oberkörpers und seines schweißnassen Haares ergattert.guildo-horn-weihnachtsmatinee-guildo-orthopaedische-struempfe

Im Prinzip hat sich daran nicht viel verändert. Nur dass ich heute nicht mehr ausgewogen und objektiv berichten muss, sondern hemmungslos genießen und mich amüsieren kann.

Danke T. fürs an den Termin erinnen und Karten besorgen. Jederzeit gerne wieder! 🙂guildo-horn-weihnachtsmatinee-guildo-mit-muetze

Von Trauer, Dankbarkeit und einem besonderen Geschenk

In den vergangenen Tagen war ich mehrfach sehr berührt und traurig: Mehrere Menschen sind gestorben, die ich sehr geschätzt habe. Mit keinem von ihnen war ich eng befreundet, doch mit jeder und jedem verband mich mehr als nur eine Bekanntschaft.

Ich erinnere mich an Begegnungen, bei denen mehr passiert ist, als nur der Austausch von Worten. An gemeinsam erlebte Momente, die uns miteinander verbunden haben. An Ideen, Gefühle, Überzeugungen, die wir miteinander geteilt und die sich dadurch vermehrt und uns bereichert haben.

Ich erinnere mich an einen Moment in Augsburg, an dem eine meiner Gefährtinnen Worte zum „Gemalten Leben“ Mary Wards fand, die mich tief berührt und mir sehr viel geschenkt haben. An erzählte Erinnerungen und geschenkte Gespräche, an verrückte, aber genau dadurch inspirierende Ideen, an geteiltes Lächeln, verbindendes Schweigen und gemeinsame Freude an der Gemeinschaft.

Ich erinnere mich an eine Begegnung mit einer unglaublichen, unermüdlichen und unsagbar engagierten Kollegin in Kiew, die so echt und ehrlich und herzlich war, als hätten wir uns schon seit Jahren gut gekannt und nicht nur ab und an Mails ausgetauscht. An eine Umarmung und ein Lächeln beim Auspacken eines Käsepakets, an Gänsehaut beim Erzählen aus ihrem Leben und an ein verschmitztes Lachen als Antwort auf Hürden, die andere in den Weg zu legen suchten.

Ich erinnere mich an einen Lehrer mit Vollbart und einem immer locker um den Hals gelegten und nie gebundenen Schal, der mich stark beeindruckt und der meine Liebe zur Musik geweckt, gefördert und ausgebildet hat. An gemeinsame Musik in Ensembles und im Orchester, an Wanderungen mit gar nicht selbstverständlichem Abschluss im heimischen Garten, an Probenwochen und Billardabende, an Hitzeschlachten in der Aula, mit Herzblut geschriebene Arrangements und an einen Wettbewerb, der mir nicht nur durch ein legendäres Verblättern des Dirigenten und eine ganz besondere Fuge im Gedächtnis bleiben wird.

Dass diese Menschen nun nicht mehr da sind, ganz plötzlich oder nach langer, schwerer Krankheit, macht mich traurig. Auch wenn wir uns nicht täglich gesehen haben, nur wenig Kontakt hatten, weit voneinander entfernt wohnten, war da doch eine Verbundenheit, die all diese Distanzen überwindet. Und genau die macht mich gleichzeitig dankbar.

Dankbar, dass wir uns gekannt, Zeit miteinander verbracht, einander Zeit geschenkt haben. Dankbar dafür, dass da mehr war als rein geschäftsmäßige Begegnungen. Dass wir uns trotz unserer Verschiedenheit – oder gerade deswegen – nicht nur von Kopf zu Kopf, sondern von Herz zu Herz begegnen konnten, ist für mich ein Geschenk.

Jeder der drei hat mir etwas geschenkt für mich, meine Entwicklung, meinen Lebensweg. Inspiration, Verbundenheit, Vertrauen und Zutrauen. Und Musik.

Danke für das, was bleibt.

Kräuterwanderung im Schwarzwald

Ich weiß jetzt, wie man Brennnesseln so erntet, dass sie nicht brennen. Und wie man sie zu kleinen „Brennesselblätterbonbons“ rollt, die – langsam gekaut – quasi unendliche lange satt machen können.Bild von Orchideen auf einer wilden Schwarzwaldwiese bei einer Kräuterwanderung

Und bevor ihr fragt: Nein, das ist weder eine Extrem-Diät noch die Lehre aus einem Survival-Training. Der Lieblingsmensch und ich waren vor einiger Zeit zu einer Kräuterwanderung im Schwarzwald eingeladen.Kräuterpädagoge Eberhard Dinger leitet die Kräuterwanderungen

Und haben neben dem Brennnesseltipp auch so überraschende (und extrem leckere) Pflanzen wie PortulakGiersch und Gundermann oder Wiesenbärenklaustengel gesucht, gefunden und am Ende auch gekocht. Und natürlich gegessen. Das Ganze mit dem Kräuterpädagogen Eberhard Dinger aus Achern. Großartige Sache.Hand, die ein wildes Kraut heranbiegt

Pflanzen, Kräuter, Orchideen

Los ging es am Breitenbrunnen bei strahlendem Sonnenschein. Bewaffnet mit Körben und Taschenmessern zogen wir mit der Gruppe los, um die wilden Pflanzen und Kräuter aufzuspüren. Dabei entdeckten wir quasi nebenbei auch wundervolle naturbelassene Wiesen mit wunderschön blühenden Sternchenblüten und kleinen, aber spektakulär schönen Orchideen.Schwarzwaldwiese bei einer Kräuterwanderung bei Sasbachwalden

Herr Dinger erzählte unterwegs spannende Details über den Boden, auf dem die Pflanzen gedeihen, über die Pflanzen selbst, über die Waldwirtschaft im Schwarzwald. Wir rochen und spürten, und wir probierten direkt in der Natur; allerdings mit gebührendem Abstand vom Wegesrand – Hundezone. Der Lieblingsmensch hat sich bei den Kräutern mal kurzfristig in den Portulak verguckt. Mein Liebling wurde die Melde.Melde

Nebel <3

Und dann wurde es noch besser. Es wurde nämlich neblig. Nebelschwaden, die auf Hüfthöhe heranschwebten und nach und nach alles in halbdurchsichtiges Grau hüllten. Sooooo schön. Die Gerüche wurden intensiver, der Blick ins Rheintal verschwamm, aus grünen Tannen wurden graue Nebelriesen, die langsam aber sicher aus dem Blick verschwanden. Die Luft wurde feucht, die Sinne schärften sich.Nebel zeht zwischen Tannen auf

Nebel vor Tannen im SchwarzwaldNebel am Kniebis

Regenguss

Zugegebener Maßen hörte die Romantik dann doch recht schnell auf und es regnete plötzlich wie aus Kübeln. Der kleine Wanderweg verwandelte sich überraschend schnell in einen Bach. Die Kräuterwanderung wurde in den Gewächshäusern von Herrn Dinger fortgesetzt. Denn ja, auch dort gibt es leckere Wildkräuter, die in unsere Körbchen wandern konnten.dunkle Regenwolken bei der Kräuterwanderung unterhalb der Hornisgrinde

Wir genossen die Kräuter in verschiedenen leckeren Varianten. Besonders beeindruckend fand ich das Kräuterpesto zu Erdbeeren als Dessert.

Solche Kräuterwanderungen gibt es mittlerweile an zahlreichen Orten im Schwarzwald. Die Kräuterhexen und -hexer, die mit einem unterwegs sind, haben dazu eine Ausbildung als „Kräuterpädagogen“ absolviert. Wir würden es wieder tun. Große Empfehlung!

Knokke-Heist zum zweiten

Es gibt ja zwei mögliche Ausgangspunkte für die Planung von Reisen. Etwas sehen wollen, das man noch nicht kennt. Oder an einen Ort zurückkehren, an dem es besonders schön war. In diesem Jahr sind der Lieblingsmensch und ich eindeutig zur zweiten Fraktion der Wiederholungstäter -reisenden zu zählen. Und nachdem es uns neulich in Knokke-Heist so gut gefallen hat, waren wir kürzlich gleich nochmal dort.

Wir kamen im Regen an und ich habe mal wieder festgestellt, dass ich das Meer auch bei schlechtem Wetter liebe.Meer vor Knokke-Heist in Flandern bei schlechtem Wetter

 

Schild mit der Aufschrift "Bring your own sunshine"Aber wie das an der Küste so ist, klarte es bald auf und wir konnten Sonne, Strand und Strandpromenade bei strahlendem Sonnenschein und kühlenden Böen genießen.Weiße Buchstaben BEACH vor blauem Himmel in Knokke-Heist in Belgien

 

Albertstrand in Knokke-Heist in Belgien

Blick auf ein sehr wellenbewegtes Meer am Albertstrand in Knokke-HeistVom aufgewirbelten Sand braun gefärbte Wellen in Knokke-Heist, Flandern, BelgienPro-Tipp: In der Saison ist Knokke deutlich belebter als davor, doch so überlaufen wie befürchtet, war es bei weitem nicht. Dieses Mal nächtigten wir näher an der Stadtmitte mit ihren exklusiven Boutiquen, in denen sogar die Schaufensterpuppen Champagner trinken.

Wenn man vom Ortskern auf der Strandpromenade Richtung Holland läuft, werden die Hochhaus-Appartmenthäuser weniger und es gibt sogar vereinzelt Reetdächer. Haus mit Reetdach in Knokke-Heist

Besonders aufgefallen sind uns dieses Mal die kreativen Verbotsschilder für Hunde, die nicht an den Strand dürfen. Neben dem Standard-Hund, der sich aus mehreren Rechtecken zusammensetzt, gibt es an der Strandpromenade noch Schildervariationen, auf denen man bestimmte Hunderassen erkennen kann.

Schild, das ein Hundeverbot am Strand von Knokke-Heist ausweist

Leider gibt es wohl auch Menschen, die Hunde am liebsten ganz verschwinden lassen würden 🙁Hundeverbotsschild mit Hundesilhouette, auf die jemand eine Zielscheibe gemalt hat

 

Auf der positiven Seite auch diesmal: Die unglaublich netten Strandbars, in denen man nach ausgiebigen Wanderungen am Wasser oder auf der Promenade entspannen, lesen und kleine Snacks mit netten Getränken genießen kann (eins kann ich verraten: Gin mit Gurke wird nicht mehr unser Favorit).Holzschild mit "Beach House Rules" wie "Wake Up Smiling", Enjoy the day, Soak Up the Sun, Smile-Giggle-Love

Platte mit Tomate-Mozarella und Pesto sowie zwei Bieren

Große Kunst an einem kleinen Ende der Welt

Kühe vor der Mauer der Abtei Tongerlo in Flandern
Manchmal sind es die kleinen, unscheinbaren Orte, die besonders glücklich machen. Manchmal machen es aber gerade diese Orte es einem auch besonders schwer, sie zu finden. Beides trifft auf einen kleinen, malerischen Orte in Belgien – genauer gesagt in Flandern – zu. Ein Ort, in dem die Bäckerei „Backerij de Becker“ heißt. In dem die Kneipe Getränke ausschenkt und die Karte des Baguette-Ladens direkt nebenan als Speisekarte zum Selber-Kaufen-Gehen auslegt. In dem Kühe, Schafe und Windräder dafür sorgen, dass ich leichter atme.

Umleitung ins NirgendwoFalsche Umleitung in Tingerlo führt nciht zur Abtei, sondern zu einem abgelegenen Bauernhof

Allerdings ist Tongerlo zurzeit auch ein Ort, bei dem an drei von vier Ortseingängen Baustellen mit großen Durchfahrt-verboten-Schildern sind. Folgt man den Umleitungsschildern, landet man wahlweise auf der Autobahn, auf einem verlassenen Baustellenparkplatz hinter einem ähnlich verlassenen Bauernhof. Oder auf einem Parkplatz am Waldrand. Ist man da angekommen, ist man nicht falsch, sondern quasi schon mittendrin im Glück.tongerlo-abtei-aussenmauer

Denn nur einen kleinen Spaziergang an einem kleinen Bach entlang und durch ein kleines Wäldchen hindurch entfernt, liegt ein mittelalterlicher Gebäudekomplex, die Abtei von Tongerlo. Google zufolge ist vor allem das Bier der Prämonstratenser, die dort leben, berühmt. Das ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit. Aber auch die wunderschöne, großzügige Anlage der Abtei mit ihrer großen Kirche, den ehemaligen Stallungsgebäuden und dem liebevoll gepflegten Garten ist nicht der wahre Schatz des Anwesens.Eingang der Prämonstratenserabtei in Tongerlo

Dieser Schatz verbirgt sich in einem kleinen Raum, an dessen Eingang eine sehr freundliche ältere Dame sitzt, die in einem extrem charmanten Flämisch und mit ausladenden Gesten herauszufinden versucht, in welcher Sprache sie die Audio-Infos für die Besucher abspielen soll. Nur spanisch kann sie nicht anbieten – was wohl zu nahezu babylonischem Sprachgewirr führte, als kürzlich eine spanische Besuchergruppe komplett ohne Englisch-, Französisch oder andere Sprachkenntnisse außer Spanisch vorbeikam. Das Kunstwerk konnten sie trotzdem ansehen.

Abendmahl

Denn das ist das eigentlich überraschende. Hier ist man mit diesem Werk allein. Und da hängt nicht irgendein Gemälde. Hier hängt eine Leinwandversion von Leonardo da Vincis Abendmahl. Und auch das ist nicht irgendeine Kopie, sondern ein Werk, das im Atelier des Meisters und noch zu dessen Lebzeiten entstand. Der Meister soll sogar selbst Hand angelegt und (so sagt es die freundliche ältere Dame) Jesus und Johannes gemalt haben.

Der Prämonstratenserabt hatte das berühmte Fresko in Mailand gesehen und wollte es in seinem Kloster auch haben. Nur einmal ist es in den Jahrhunderten seither bei einem Feuer beschädigt und in jahrelanger Kleinarbeit wieder restauriert worden.

In Mailand werden Besucher im Minutentakt durch das Refektorium (also passender Weise den Speisesaal) des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie geschleust, damit möglichst viele Menschen das Bild sehen können. In Tongerlo können wir bleiben, so lange wir wollen. Eine kleine Einführung hilft, Details auf dem Bild zu entdecken.

Zeit im Museum

Zusammen mit einem Freund sind wir ganz allein in dem eigens erbauten Museumssaal, können hin und her gehen, nahe heran treten und mit größerem Abstand schauen. Nach dem ersten, durchaus überraschend intensiven Moment, das Bild, das ich so oft gesehen habe, live und in Farbe vor mir zu sehen, ist es genau dieses Zeit haben, das etwas Besonderes ist. Durch das intensive Schauen, das Betrachten von Farben und Perspektiven kann man das Kunstwerk ausgiebig auf sich wirken lassen. Man kann den gemalten Bewegungen folgen, die sich verändern, je nachdem wo man im Raum steht. Es ist genug Zeit und Raum, um die räumliche Dimension des Gemäldes zu erfassen, den gemalten Lichteinfall, die vielen Details in Mimik und Gestik, in Kleidung und Möbeln und nicht zuletzt bei der Darstellung der Speisen und in der Gestaltung des Hintergrundes.Prämonstartenserabtei in Tongerlo, Flandern, Belgien

Wenn nicht gerade Montag ist, kann man gegenüber der Abtei wohl lecker kleine Speisen verzehren. Zumindest hat der liebevoll eingerichtete Klostershop aber auch montags geöffnet und bietet neben religösen Karten, Andenken und Büchern (die meisten in niederländisch) auch regionale Produkte und Kalligrafien an.

Ein Spaziergang durch das weiträumige Areal und zurück an der Klostermauer zum Parkplatz rundeten unseren Nachmittag ab. Rundum schön.

tl;dr:
Ein Ausflug nach Tongerlo lohnt sich. Nicht nur, aber besonders für Kunstfreunde.

Teil der Fassage der Abtei im belgischen Tongerlo

Lob von Gärtnern mit Ideen und guten Augen

Teich unf Farne im Botansichen Garten München-Nymphenburg

Seit einiger Zeit merke ich, dass ich es sehr zu schätzen weiß, an Orten zu weilen, an denen Gärtnerinnen und Gärtner gewirkt haben, die wussten, was sie tun. Der Botanische Garten in München-Nymphenburg ist so ein Ort. Am einzigen wetterschönen Tag vor einigen Wochen habe ich viele Stunden dort verbracht.

Palmen im Botanischen Garten in München-Nymphenburg

Ich bin durch das weite Areal geschlendert, habe die Vielfalt der Pflanzen bewundert, die Farben ihrer Blüten, die Formen ihrer Blätter. Was mich aber am meisten beeindruckt hat, war die Kreativität, mit der alles zusammenspielte. Neben den Farben und Formen waren das vor allem auch Düfte, das Spiel mit Licht und Schatten, die Art, wie durch die Gestaltung von unterschiedlichen Höhen-Ebenen der Blick gelenkt wird.

Da gibt es schattenreiche Alleen und sonnenbeschienene Wege, trockene und feuchte Ecken, sandige, steinige, grasige und viele andere Wege. An manchen Ecken hört man Grillen zirpen, an anderen Frösche quaken und überall singen Vögel – jedoch hört man ganz unterschiedliche Arten, je nachdem, in welcher Ecke des Parks oder Gartens man gerade ist. Durch die Farnallee bin ich sogar gleich mehrfach gestreift und habe die fein ziselierten Blätter dieses uralten Gewächses in seinen verschiedenen Formen und Unterarten bewundert.

verschiedene Farne im Botanischen Garten in München-Nymphenburg

Und dann passt das Ganze sich ganz herrlich in die restliche Schlossanlage ein, greift die Wasserwege wieder auf und umgekehrt findet man im Park des Nymphenburger Schlosses immer wieder Anspielungen auf Pflanzungen im Botanischen Garten.

Blick auf das Schloss Nymphenburg

Schließlich saß ich unter einem Baum im Schatten und las Dinge, die mich in den nächsten Wochen sicher noch häufig beschäftigen werden. Wichtige Texte. Die nicht nur so tun als ob. Und ich habe festgestellt, dass das genau der richtige Ort dafür war. Hier konnte ich unbefangen, quasi ohne Vorurteile lesen. Plötzlich war es leicht, den Inhalt erst einmal sacken zu lassen, aufzunehmen, sein zu lassen, ohne gleich zu urteilen.

Allee mit Rhododendron im Botanischen Garten in München-Nymphenburg

Ich konnte die Augen schließen, den Vögeln um mich herum lauschen, sie öffnen, und dem Eichhörnchen zusehen, das vor mir auf dem Weg saß und mich halb neugierig halb hoffnungsvoll ansah (nein, ich hatte nichts zum Füttern dabei), die Augen wieder schließen und den Duft von Ulmenblättern, Kiefernnadeln, Pfingstrosen und Kräutern, von sumpfigem Teichwasser und frisch gemähtem Gras einatmen und genießen. Und nach einer Weile feststellen, dass die Bedeutung des Gelesenen gerade dadurch gut bei mir angekommen war.

Wegweiser zum Botanischen Garten, zur Pagodenburg und zur Magdalenenklause in München-Nymphenburg

Und das alles durch Menschen, die mitgedacht haben beim Anlegen des Parks. Von jemandem, der für Jahre im Voraus das Zusammenspiel von Bäumen und Büschen, von Kräutern und Blumen, von Wasser, Erde und Sand geplant und vorhergesehen hat. Von Menschen, die das richtige Maß von Pflegen und Wachsenlassen findet. Eigentlich eine schöne Metapher über das was zählt – nicht nur bei Pflanzen, sondern auch bei Menschen. <3

Seitenflügel des Schlosses Nymphenburg

Schloss Nymphenburg mit weißen Schwänen in der Abenddämmerung

Was bedeutet Zukunft?

Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Welche Träume haben Sie für sich und Ihre Familie? Die 51-jährige Mutter in der kleinen Holzhütte in Conacaste überlegt lange, bevor sie die Frage beantwortet. Und sagt dann:

Journalist interviewt Ehepaar in einer Holzhütte in Guatemala

Ich stehe morgens um 4 Uhr auf und backe Tortillas für meinen Mann, der um 5 Uhr auf unser Maisfeld am Berg geht. Und für die Kinder. Sie gehen zur Schule, wenn die Lehrerin denn kommt. Oder sie versuchen, Übungen in Lesen und Schreiben zu machen, wenn kein Lehrer kommt. Mein Mann kommt gegen 13 Uhr zurück von der Feldarbeit und die Kinder kommen aus der Schule. Vorher wasche ich die Kleidung und backe Tortillas zum Mittagessen. Dann pflegen wir unseren kleinen Heilkräutergarten und ich kümmere mich um die Hühner. Und dann wird es Abend.

Es hat eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, dass wir nicht aneinander vorbeireden, dass es nicht an meinen Sprachkenntnissen liegt, dass ich da nicht etwa etwas falsch verstanden habe. Sondern dass genau das ihr Wunsch für die Zukunft ist: Dass sie morgen genug zu essen hat, um ihre Familie, ihre Kinder und Enkelkinder satt zu machen. Gesund zu erhalten. Dass sie aufstehen, Tortillas backen und wieder schlafen gehen kann.

Junge Mutter mit Kleinkind auf dem Arm

Ich war – und bin noch immer – sehr berührt, als mir nicht nur im Kopf, sondern im Herzen klar wurde, dass Zukunft für diese Familie in den kaum zugängigen Bergen Guatemalas keine andere Bedeutung hat als: Morgen. Vielleicht noch: Übermorgen. Wenn der Vater den Verdienst von drei Stunden Kaffeeernte in Honduras investiert, um mit dem Pickup-Taxi nach Jocotán zu fahren, um dort Kartoffeln, Karotten und Öl zu kaufen.

Ich wünsche dir, dass du noch viele Morgen erlebst. Dass du jeden Tag genug Mais für Tortillas und darüber hinaus Bohnen und Gemüse haben wirst. Dass ihr sauberes Trinkwasser für alle habt und irgendwann auch eine Latrine, die euch menschenwürdige Hygieneverhältnisse ermöglicht. Ich wünsche dir, dass du lernen kannst, mit dem wenigen Regen zu den falschen Zeiten besser zurecht zu kommen. Kurz: Ich wünsche dir eine Zukunft, von der ich von nun an ein wenig für dich mitträume.

Berge rund um Jocotán in Guatemala

Im Fußballfieber: Schweinsteiger in Guatemala

Der Blick über die Berge von Chiquimula ist atemberaubend. Der Weg nach Conacaste auch. Fast senkrecht der Abhang auf der einen, unglaublich Steil der Hang auf der anderen Seite der mit Schlaglöchern und ausgefahrenen Spurrillen gespickten Schotterpiste. Mehr als einmal überqueren wir einen kleinen Bach. Licht und Schatten spielen miteinander auf den kahlen, unwirtlichen Berghängen. Nach fast 2 Stunden Fahrt durch die Berge, kommen wir in Conacaste an. Vor dem Schulgebäude parken wir, dann geht es zu Fuß hinunter zu den einfachen Hütten aus Holzstäben mit Dächern aus getrocknetem Gras.

Steil sind die kleinen Wege und unbarmherzig brennt die Sonne. Steil sind auch die Felder, auf denen die Familien Mais anbauen. Sehr steil. Kaum vorstellbar, wie man hier säen, Unkraut jäten, ernten kann.

alte Dame in Conacaste im Portrait

Während unseres Besuchs setzt sich die Großmutter der Familie neben mich. Lächelt schüchtern, sagt aber kein Wort. 70 Jahre sei seine Mutter alt, verrät mir der Familienvater. Irgendwann steht die kleine alte Dame auf, küsst mich immer wieder auf die Wange und wünscht mir Gottes Segen. Sie freut sich, dass jemand aus Deutschland gekommen ist, um zu sehen, wie sie und ihre Familie leben. Dass Journalisten gekommen sind, die am anderen Ende der Welt erzählen können von diesem beschwerlichen Leben und dem, was es bedeutet, im Departement Chiquimula zu den Ärmsten der Armen zu gehören.

Zum Abschied drückt sie mir überraschend fest den Arm. Und wünscht mir, dass „Basti Scheinstei“ ein Tor bei der EM schießen möge, damit Deutschland gewinnt. Futbol. Futbol, sagt sie und trippelt lächelnd davon.

(Don’t go to Belgium) – Teil 3

Wo wir neulich schonmal an der belgischen Küste waren, haben wir auf dem Rückweg noch einen kurzen Abstecher nach Brügge gemacht.

Wasserweg in Brügge am Sint-Jans-Hospital

Eigentlich wollten wir ja nach Antwerpen, aber da war immer noch Stau rundherum, und so gönnten wir uns einen Abstecher ins Bilderbuch-Mittelalter. Wenn ihr es schön haben wollt und euch weder vor Kitsch noch vor Touristenmassen fürchtet, ist das euer Ort. Egal, um welche Ecke man biegt, es wird immer nur noch schöner.

Straßenzug in der Altstadt von Brügge

Platz mit historischen Häusern und Bäumen in Brügge

Reie in Brügge

Ein flämischer Giebel reiht sich an den nächsten, Kirchen, Villen, prunkvolle Gebäude, ein beeindruckender Belfried, Mühlen und, und, und machen die Stadt zu einem Schmuckstück. Die vielen Grachten – in Brügge heißen sie allerdings Reien – tun ihr Übriges dazu, um aus dem Städtchen eine Perle zu machen. Dazu Sonne ohne Ende und wir hatten einen wundervollen Nachmittag.

mehrere prunkvolle flämische Backsteingiebel nebeneinander

ein weißes und ein backsteinfarbenes Haus in Brügge

prachtvolles altes Backsteingebäude mit schmalem Turm in Brügge

Man kann in Brügge natürlich belgische Schokolade kaufen und sich freuen, wie der Lieblingsmensch von der Verkäuferin für seine guten Sprachkenntnisse gelobt wird. Nebenan können Biertrinker man aus hunderten ausgefallenen Sorten Bier und den passenden Gläsern wählen. Und je nachdem, durch welche Straßen man bummelt, riecht es verführerisch nach Muscheln oder nach Waffeln.

Schild mit der handgeschriebenen Aufschrift: A balanced diet is chocolate in both hands.

Man kann aber auch gemütlich in einer wunderbaren Teestube sitzen und Kaffee bestellen, zu dem man ganz ungefragt ein leckeres Stückchen Kuchen und ein wenig hausgemachte Schokolade bekommt.

Kaffeegedeck mit Cappucino und einem kleinen Stück Kuchen sowie einer kleinen blumenförmigen Schokolade

Wenn man vom dem Lärm, der Betriebsamkeit und der Hektik der unzähligen Menschen auf den Straßen genug hat, biegt man einfach in einen der kleinen Innenhöfe ab und beneidet kurz die Menschen, die dort mitten in der Stadt und trotzdem wunderbar friedlich und still wohnen. Wir haben zwischen den Blumen und Sträuchern des Hofs eine kleine Rast eingelegt und fühlten uns ganz verwunschen paradiesich.

Begrünter Innenhof mitten in Brügge

Fahrt also durchaus mal nach Flandern. Das kann man sehr gut machen.

 

(Don’t) go to Belgium – Teil 2

Surfer und Kitesurfer in Knokke-HeistNeulich haben wir ja die Lieblichkeiten von belgischen Autobahnen ausdauernd auskosten können. Mein erster Rat lautete bei der Hinfahrt: Fahrt nicht nach Belgien. Allerdings gibt es keinen ersten Rat ohne einen zweiten. Und mein zweiter Rat zu Belgien lautet: Seid dort. Viel. Ausgiebig. Ständig.

Strandhäuschen am Strand von Knokke-Heist in Belgien

rot-weiß-gestriefte Strandliegen und ein weißer Windschutz

Denn wenn man erstmal da ist, ist es super. Einfach wunderbar. Da gibt es das Meer, lange Strände, kleine weiße Strandhäuschen, Muscheln, wunderschöne Dünen mit Vögeln und Hasen und Pflanzen. (OK, es gibt auch Quallen, aber irgendwas ist ja immer.) Da findet ihr niedliche Strandbars mit extragemütlichen Sofas, frisch gepressten Obstsäften, schönen Bieren, frischen Tappas und leckeren Cocktails, leichtem Wind und Meeresrauschen.

Strandclub mit der Aufschrift "Beachhouse" in Knokke-Heist

Eingang zu einer Strandbar in Knokke-Heist

Bier und ein Erdbeersmoothie in einer Strandbar

Strandliegen vor weißen Strandhäuschen an der flämischen Küste in Belgien

Segelboote am Hafen in Knokke-Heist in Belgien

Es gibt fröhlich-bunte Windsäcke und elegant über das Wasser düsende Kitesurfer. Freche Spatzen stibitzen sich gegenseitig von den Touristen ergatterte Krümel, junge Möwen unterschätzen die Windböen und taumeln laut quietschend durch die Luft und fröhliche Kinder radeln mit witzig als Miniatureisdielen oder Stuntautos gestalteten Kettcars über die Promenade. Und zwischendrin läuten die „Glocken des Meeres“ an den Masten der Segelboote, die schön herausgeputzt auf den Sommer warten. So schön.

grün-weiß-gestreifte Windsäcke im flämischen Knokke-Heist

Solange man sich nicht umdreht. Denn sobald man seinen Blick vom Meer weg und Richtung Landesinneres lenkt, sieht man eine sterbende Schönheit (oder das, was man in den 50er Jahren für mondän hielt). Wir waren in Knokke-Heist – eher am Ende von Heist als in Knokke. Und sind ausgiebig in beide Richtungen gebummelt.

Hochhäuser an der Strandpromenade von Knokke-Heist in Belgien

Was früher ein mondäner Badeort war, ist heute an vielen Stellen ein Ort des Leerstandes. Alle paar Meter sind Läden und Wohnungen zu verkaufen oder zu vermieten. In den Schaufenstern der zahlreichen Maklerbüros an der Promenade werden allerdings auch für kleine Studios mit Meerblick nur, wenn man sich halsbrecherisch über den Balkon beugt, bedeutende sechsstellige Summen aufgerufen. Das Freizeitprogramm, das in regelmäßigen Abständen auf großen Tafeln angekündigt wird, versucht lauthals, auch jüngere Leute anzuziehen. Jüngere Leute mit Geld, denn Eintritt frei liest man nur selten. Und die überlebenden Restaurants rufen Preise auf, die sich gewaschen haben.

knokke-heist-brasserie-zu-verkaufen

knokke-heist-leerstehende-wohnung

Doch trotz der deutlichen Alterserscheinungen und des krampfhaften Versuchs, weiterhin mondän zu sein, haben der Lieblingsmensch und ich festgestellt, dass der Charme dieser Art von Küstenort uns durchaus gepackt und gefallen hat. Was sicher auch an unserer Unterkunft lag, in der wir in guter Gesellschaft von Marie-Antoinette und allerhand pseudobarockem Schnickschnack gewohnt und die Vorteile einer kleinen Küchenecke und eines liebevoll gepackten Frühstücks-Picknickkorbes am Morgen aus vollem Herzen genossen haben.Büste von Marie-Antoinette im Hotel de Laurier in Knokke-Heist

Belgische Küste: Große Liebe. Gerne wieder.

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