Schlagwort-Archive: Was schön war

Was schön war

Morgens um kurz nach fünf am Hauptbahnhof in Köln. Ich blinzle verschlafen in die Gegend und halte mich an meinem Kaffee fest. Außer zwei Bäckern hat noch keines der Geschäfte geöffnet. Aus einem Schaufenster blickt mich ein Einhornluftballon gelangweilt an. Um noch ein wenig vor mich hinzuträumen, setze ich mich in einem der Gänge auf eine Bank und lese schläfrig ein wenig meine Timeline nach.

Um mich herum sind noch mehr schläfrige Menschen. Sie kommen allerdings nicht aus einem warmen Bett, können sich vermutlich nicht einfach so einen Milchkaffee zum Wachwerden und Wärmen kaufen. Sie liegen auf und neben den Bänken. Ein junger Mann sitzt auf einer Stufe, eine Plastiktüte neben sich, einen kleinen, zerschlissenen Rucksack auf den Knien. Die Kapuze hat er sich tief ins Gesicht gezogen, sein Oberkörper ist eng über die Knie und den Rucksack gebeugt. Er atmet flach, schnarcht ganz leicht.

Plötzlich kommt Leben in die verschlafene Szenerie. Das Licht wird etwas heller und festen Schrittes nähern sich zwei junge Männer mit den leuchtenden Westen vom Sicherheitsdienst der Bahn. Entschlossen gehen sie auf den jungen, zusammengekauerten Mann zu. Plötzlich bin auch ich hellwach. Und sehe beruhigt, dass einer von ihnen den schlafenden Bahnhofsbesucher vorsichtig an der Schulter berührt. Mit respektvollem Abstand bleiben sie vor dem Sitzenden stehen, warten, bis er wach genug ist, um sie blinzelnd anzusehen. Nicken ihm freundlich zu, bekommen ein müdes, aber dankbares Lächeln zurück. Der junge Mann nimmt die Hände aus dem durchsichtigen Müllsack, der ihm in der Nacht ein wenig Wärme spenden sollte. Fährt sich durchs Gesicht, reibt sich den Schlaf aus den Augen. Blinzelt gegen die Bahnhofsbeleuchtung an. Er nickt einem Passanten zu, der ihm ein paar Münzen zusteckt und bleibt einfach sitzen.

Hinter mir sind die die Männer vom Sicherheitsdienst weitergegangen. Wecken nach und nach alle Männer – es sind nur Männer – die hier Zuflucht vor den noch immer kalten Temperaturen gesucht haben. Lachen mit einem, der schon wach war. Und erklären einem anderen, dass die Nachtruhe nun zu Ende sei, hier im Bahnhof. „Um halb sechs ist Wecken.“ – „Wieso denn?“ – „Jetzt  kommen langsam die Pendler, die sollen nicht über Sie stolpern. Und Sie können besser auf Ihre Sachen aufpassen, nicht dass etwas wegkommt.“ – „Na gut. Ich wache dann mal auf.“ Ein breites Lächeln auf der einen, doppeltes Kopfnicken auf der anderen Seite.

Der junge Mann mit der Plastiktüte über den Händen schafft es noch nicht, die Augen offen zu halten. Sein Kopf sinkt immer wieder ruckartig nach vorne. Die beiden Sicherheitsmitarbeiter kommen zurück und sehen, wie er den Kampf gegen die Müdigkeit verliert, wieder nach vorne sinkt und einschläft. Sie zögern kurz, schauen sich an, nicken sich einvernehmlich zu und gehen weiter. „Eine halbe Stunde geht noch“, höre ich den älteren der beiden murmeln, als ich meinen Rucksack packe, meinen Kaffeebecher nehme und Richtung Gleis gehe.

Was schön war: Tauwetter und Rosenkohl

Das „Was schön war“-Format habe ich zuerst bei Anke Gröner gesehen. Ich mochte es von Anfang an. Da hier lange nichts los war – ich komme grade zu nichts – ich aber gerne wieder mehr aufschreiben möchte, erlaube ich mir, das als Vorlage zu nehmen. Vielleicht blogge ich dann auch wieder öfter. Ihr werdet es erleben (oder eben auch nicht… Zeiten des Wandels und noch immer keine Kristallkugel auf dem Schreibtsich).

Was schön war also…

Ein neblig-nasser Spaziergang durch Poppelsorf an einem dringend nötigen freien Nachmittag. Der Winter ist vermutlich endgültig vorbei – zumindest hier im Rheinland. Ein paar Enten nahmen das zum Anlass, sich gegenseitig laut kreischend und an den Federn zerrend von den Eisresten am Poppelsdorfer Schloss ins schon aufgetaute Wasser zu schubsen.Enten auf dem noch so eben zugefrorenen Schlossgraben in Poppelsdorf mit dem Schloss im Hintergrund

streitende Enten in Bonn-PoppelsdorfVon Amselgezwitscher geweckt werden. Und die ersten verliebten Meisen in der Hecke im Garten.

Der bunte Tulpenstrauß, den ich beim Spaziergang zusammen mit dem leckersten Rosenkohl der Saison an einem kleinen Gemüsestand bei einer unglaublich herzigen alten Dame gekauft habe. Sie freute sich dermaßen an den bunten Blumen und daran, dass ich mir damit einen bunten Frühlingsgruß mit nach Hause nehmen, dass mir ganz warm ums Herz wurde.

Fassade des Kölner Doms bei NachtEin wunderbarer Abend mit wunderbaren Menschen im karnevalstrunkenen Köln. Auf dem Rückweg beim Weg zur Bahn fragten uns zwei vermutlich gerade mal volljährige Mädchen: „War heute Abend eine Karnevalssitzung?“ – „Ja, vermutlich nicht nur eine.“ – „Kommt ihr auch daher?“ – „Nein, wir waren einfach nur so aus.“ – „Aber hier sind so viele Verkleidete.“ – „Ja, das ist hier ab Dreikönige immer so.“ – „Ach…“ Man muss Touristen lieben 🙂

Mehr schöne Dinge findet ihr übrigens auch bei Herrn Buddenbohm, im Odenwald, im Kaffeehaus mit Herz, in Südfrankreich und sicher noch an vielen anderen Stellen.

Habt auch ihr es schön!