Von Worten und Menschen

Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, sagt eine der besten und sagt damit in diesem Moment genau das richtige. Du sollst wissen, dass du auch nein sagen kannst, schicke ich einer großen Frage voraus. Ich kann aber auch ja sagen, sagt der wunderbare Mensch, an den ich die Frage richte, und tut das dann auch. Melde dich, wenn du etwas brauchst, sagt eine andere und das ist doch selbstverständlich eine dritte und weiß gar nicht, wie besonders das für mich ist.

Mein Leben lang habe ich mich mit Worten beschäftigt, mit Wörtern und Sätzen, ihrer Bedeutung und Wirkung, ihren grammatikalischen Eigenschaften, ihrem Ursprung und ihrer Entwicklung; damit, wie man sie übersetzt oder zusammenfügt, wie man mit ihnen berichtet und erklärt, verdeutlich und vermittelt, verständlich macht oder begeistert. Ich habe gelernt, sie zu lesen, direkt und zwischen den Zeilen, in den Buchstaben und den Lücken dazwischen; im Literaturstudium und in den Vorlesungen über politische Philosophie, Vertragsverhandlungen und Gesetzgebungsverfahren. Ich habe gelernt, sie zu benutzen, mit ihnen zu überzeugen oder Emotionen zu wecken, sie regelkonform zu setzen und mit ihnen zu spielen; in der Ausbildung zur Journalistin und in meinem Berufsleben. Ich habe mit Wörtern gebetet, mit fremden und eigenen, gesagten, geschriebenen und geschwiegenen. Ich habe Worte gesungen, geweint und gelacht.

Nicht nur mein Kopf weiß also viel über die Bedeutung von Worten. Und doch ist mir in den vergangenen Wochen eine Erkenntnis noch einmal ganz neu unter die Haut gegangen: Wie gut es tut, wenn da eine ist, die das richtige sagt.

Das richtige muss nicht groß sein, nicht bis zum Ende durchdacht, nicht formvollendet. Ein kleines Wort auf einer Karte, eine liebevoll ausgesuchte Erkenntnis eines anderen, die die eigene Sprachlosigkeit überwindet, ein Ich denk an dich im Messenger, ein Wie geht es dir – wirklich bei einer ungeplanten Begegnung, ein Es tut mir so leid mit ausgebreiteten Armen. Da bringt ein Lass dir Zeit hinter einem Arbeitsauftrag mein Herz zum Schwingen und ein … wenn dir das gerade gut tut am Ende eines Rats aus eigener Erfahrung rührt mich tief.

Wie gut es tut, wenn da einer ist, der das richtige sagt. Der mit den Ohren und dem Herzen zuhört und dann Worte findet, die meine Trauer nicht wegreden, sie nicht übertünchen mit wohlfeilem Reden, sie wahr sein lassen und notwendig und wichtig. Worte, die so viel mehr sind als Wörter und Sätze, die Trost sind und Freundschaft und Liebe und Hoffnung.

Wie gut es ist, wenn da jemand das richtige sagt. Erinnerungen hervorkramt, schöne und schmerzhafte, herausfordernde und wunderbare, lange zurückliegende und ganz neue. Das Leben in den Mittelpunkt stellt, das aktuelle mit all seinen kleinen und großen Herausforderungen. Worte des Alltags, die Unterbrechungen zulassen, Raum für mehr – und für weniger.

Ich bin dankbar für die Worte, die gesagten, die geschriebenen, die gestammelten, die halben und die ganzen, und die, die mit den Augen direkt ins Herz gesprochen sind. Und für die Menschen hinter, vor und in diesen Worten. Es ist so schön, dass es euch gibt.

 

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