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Sainte-Anne-d’Auray: Von Legenden, Bauwerken und Blumenpracht

Wallfahrtskirche von Sainte-Anne-d'Auray im Süden der Bretagne

Jesus ist ja eigentlich Bretone. Glaubt ihr nicht? Die Bretonen (naja, einige zumindest) glauben das durchaus. Sagt zumindest eine der vielen Legenden um die heilige Anna, die Schutzpatronin der Bretagne. Demnach war die heilige Anna eine Bretonin durch und durch.

Weil ihr Mann, der heilige Joachim, in der Sagen der Bretonen ein kinderhassender Griesgram gewesen sein soll, suchte Anna ihr Heil in der Flucht und gelangte auf abenteuerliche Weise, bei der eine ganze Horde Engel ihre Finger Flügel im Spiel gehabt haben sollen, ins heilige Land. Dort gebar ihre Tochter Maria dann Jesus – der Rest ist bekannt. Weniger bekannt ist allerdings, dass die heilige Anna im Alter Heimweh bekam, so dass Engel sie in die Bretagne zurücktrugen.

Kreuzgang des Karmeliterklosters in Sainte-Anne-d'Auray

Dass die heilige Anna in der Bretagne so sehr verehrt wird, hat natürlich auch mit der letzten Herzogin der Bretagne, Anne de Bretagne zu tun. Die war und ist hochverehrt und nutzte natürlich den katholischen Annenkult (der durchaus deutlich ältere Wurzeln hat) auch für ihre Zwecke bzw. macht ihn nochmals populärer.

Wallfahrtskirche und Blumenwiesen

Warum ich euch das erzähle? Weil sich in Sainte-Anne-d’Auray im bretonischen Morbihan alles um die heilige Anna dreht. Im frühen 17. Jahrhundert soll die Großmutter Jesu dort einem Bauern erschienen sein und ihm so glaubhaft versichert haben, dass sie genau dort verehrt werden wolle, dass Pfarrer und Bischof nicht anders konnten, als dem Bau einer Kirche zuzustimmen.Seitenschiff der gothischen Kirche in Sainte-Anne-d'Auray mit Annenaltar

 

 

Annenaltar in der Basilika in Sainte-Anne-d'AurayDoch natürlich blieb es nicht bei einer Kirche. Im 17. Jahrhundert entstand ein Kloster (mit sehr schönem und vollständig erhaltenem Kreuzgang) und im 19. Jahrhundert schließlich die Basilika Sainte Anne, die heute den Ort dominiert und von außen wie innen bezaubert. Gebaut wurde außerdem eine überdimensionale, auf jeden Fall imposante, überdachte Wallfahrtstreppe.

Wallfahrtstreppe in Saint-Anne-d'Auray

Ganz besonders hübsch ist auch die Anlage rund um das Wallfahrtsensemble in Sainte-Anne-d’Auray mit herrlich bunten Blumenwiesen und dutzenden halbtrunkenen Hummeln. Sooo schön. Wenn ihr also in der Nähe seid: ein Abstecher lohnt sich.

Protipp: Der Andenkenladen neben der Basilika hat natürlich den üblichen Touristen- und Wallfahrtskram, aber durchaus geschmackvolle Geschenke. (Einige von euch wissen vermutlich, was ich meine 🙂 )

bunte Blütenwiese in Sainte-Anne-d'Auray

rosa Mohnblüte in Sainte-Anne-d'Auray

dunkle lila Blüten in Sainte-Anne-d'Auray

gelbe Blüten mit weißem Rand in Sainte-Anne-d'Auray

leuchtend gelb-orangene Blüten in Sainte-Anne-d'Auray

Von Heiligen und anderen Experten

pardon_la_viergeIm Urlaub haben wir das Grand Pardon in Le Folgoët besucht. Um ehrlich zu sein, waren wir eigentlich nur bei der großen Trachtenprozession am Sonntagnachmittag. Älteren Fotos und weitschweifigen Ankündigungen on- und offline zufolge sollten sich dort bis zu 20.000 mehr oder weniger fromme Pilger versammeln. Von denen haben wir jedoch nur einen Bruchteil zu Gesicht bekommen. „Früher hätten sie hier keinen Fuß auf den Boden bekommen“, sagte der freundliche Herr neben uns. Sehr bedauert hat er das geringe Interesse aber nicht: „Das ist hier nicht so mein Ding, aber die Kostüme sind ganz hübsch.“

pardon_kostuemeAuch uns hat in diesem Fall die Aussicht auf echte bretonische Trachtenträgerinnen und -träger am meisten motiviert. Wir kamen dabei auch voll auf unsere Kosten. Neben traditionell entspannten französischen Verkehrspolizisten, typisch bretonischem Wetter und einer kleinen „Souvenirmeile“ bekamen wir zahlreiche Menschen in historischen Kostümen mit entsprechend würdigen Gesichtern und beeindruckend gut erhaltene alte Fahnen mit aufwändiger Stickerei zu sehen. Einer der Höhepunkte war die Prozession der Heiligen, die nicht am Stock, sondern auf dem Stock gehen.

pardon_heilige

Einer davon war auch der Heilige Salaün. Er soll ein rechter Dummkopf gewesen sein und sein Leben lang nur „Ave Maria“ gesagt haben. Nach seinem Tod wuchs auf seinem Grab eine weiße Lilie, in der mit goldenen Buchstaben geschrieben stand…. Ave Maria.

Sind sie nicht wundervoll, die bretonischen Legenden? Wie die meisten bretonischen Heiligen findet man den verehrten Dummkopf in keinem römischen Heiligenkalender. Gefeiert wird hier nicht nur, wer es in die offiziellen Annalen geschafft hat. Ganz im Gegenteil: Besondere Verehrung scheinen die zu erfahren, die das Volk für heilig befunden hat. Sie können Ohrenschmerzen lindern (wenn man eine Münze in die Quelle taucht und diese anschließend vor dem Altar der dazugehörigen Quelle liegen lässt), Schatten spendende Sträucher mit sättigenden Früchten wachsen lassen oder Diebe ermitteln. Man berichtet, dass sie unterschiedliche lange Stöckchen gezogen haben, um zu ermitteln, wer Eremit in der beliebtesten Gegend sein durfte und wer weiterziehen musste. Und dass sie es anfangs gar nicht so leicht hatten mit den bretonischen Dickschädeln. Nicht umsonst nennt man den Landstrich an der Nordküste des Finistère auch „Pays Pagan“- Land der Heiden.

Wer zum Pardon nach Le Folgoët kommt, vertieft sich vermutlich nicht in solche Gedanken. Schließlich gilt es, die besten Plätze zu finden. Und dann zu warten („Hoffentlicht predigt dieser Typ aus Paris nicht so lang.“) Wichtigste Lektion des Tages war daher diese: Profipilger haben Klappstühle.

pardon_pilger_klappstuehle