Notizen im Dazwischen

Im Insektenhotel der Nachbarn sind die ersten Bienen eingezogen. Unseres wird boykottiert, ebenso wie der Nistkasten. Dass das Fenster, vor dem eine der Nachbarskatzen mir nun regelmäßig neugierig beim Arbeiten zusieht, ganz in der Nähe ist, mag etwas damit zu tun haben – auch wenn 3 Höhenmeter dazwischen liegen. Trotzdem nehme ich den Viechern ihre Abwesenheit übel. Bei einer Videokonferenzpartnerin war neulich sogar ein Eichhörnchen auf dem Balkon.

Die einzigen Tiere, die uns beehren, sind Wespen, die versuchen, in den Rolladenkasten einzuziehen. Und da lasse ich nicht mit mir diskutieren. Die Antwort ist nein. Denn auch wenn der Lieblingsmensch nicht gegen sie allergisch ist, sind das dann doch nicht die Haustiere, die ich mir immer gewünscht hatte.

Das Telefon ist plötzlich zum Lebensmittel geworden. Es verbindet uns mit Freunden, die allein leben, mit Eltern, Tanten und Onkeln. Kleine Nachrichten, Bilder, kurze Gedanken, die hin und hergehen, Signale, dass wir aneinander denken.

Auch Tränen können Lebensmittel sein. Satt machen. Ausgelöst von Schmerzen einer Schulterentzündung laufen sie nächtliche Minuten lang lautlos über die Wangen. Und nehmen einiges an Sorgen mit.

Mitfühlen den Frust derer, deren lang vorbereitete Pläne, für die sie viel auf sich genommen haben, nun platzen. Mitfreuen die Freude derer, die die gewonnene Zeit für neue kreative Ideen nutzen können. Mitdenken die Konzepte derjenigen, die neue Projekte entwickeln. Mitfiebern mit einer, die mitten im Neuen eine neue Stelle antritt, mitzittern mit einem, der seinen Arbeitsplatz verloren hat. Mitgähnen mit denen, die nachts nicht mehr gut schlafen. Und dann wird das abstrakte Virus plötzlich ganz konkret. Eine Kerze anzünden und beten für die, die im künstlichen Koma beatmet wird.

Den Feierabendspaziergang auf die Nacht verschieben und mit dem Lieblingsmenschen im Vollmondlicht herumgehen. Nicht viel sagen. Sich immer mal wieder anstupsen und mit dem Kinn zeigen, wenn man den Mond hinter einem Giebel erspähen kann, wenn die Wolken besonders schöne Muster auf die Mondoberfläche zeichnen.

Keine Routine, aber so oft wie möglich: Klaviermusik hören am digitalen Lagerfeuer in Igor Levits Wohnzimmer. Mir Sonnette vorlesen lassen von Sir Patrick, JL forever.

Die Wette verlieren, wann die Knospen der Sträucher am Bach sich öffnen, keinem den Sieg (auf den Tag genau) mehr gönnen als dem Lieblingsmenschen.

Hoffnungsbilder zugesandt bekommen, mit kleinen Ausschnitten der Wirklichkeit, die manchen von uns die Welt bedeuten können. Mich an den Tulpen freuen, die langsam aufgehen.

Eine Osterkerze gestalten.

Den von einer Freundin selbst getöpferten Teller heraussuchen für die Gründonnerstagsliturgie. Das Lieblingsglas dazustellen. Brot brechen. Wein teilen.

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