Belgien ist für uns das Land, durch das wir normalerweise nur durchfahren – auf dem Weg in die Bretagne. Auf dem Hinweg geht das immer gefühlt total schnell (und an einer Tankstelle gibt es guten Kaffee und frische Croissants für Menschen wie uns, die kurz vor 6 Uhr losfahren und vorher nicht frühstücken). Auf dem Rückweg zieht sich dieses Belgien wie alter Kaugummi. Es geht und geht einfach nicht vorbei. Und das liegt nicht nur an der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120.
Andererseits ist Belgien aber auch einer der Orte, an denen das Meer vom anderen, also unserem heimatlichen „Durchfahrtsland“ aus, am nächsten ist. In Holland gibt es natürlich auch nahegelegenes Meer, aber uns war diesmal mehr nach der flämischen Seite der Küste. Doofe Idee. Richtig doofe Idee. Oder zumindest eine Idee, die am Donnerstag noch ein paar tausend andere Menschen in Autos hatten. Da die Belgier gleichzeitig die Idee hatten, auf quasi allen von uns befahrenen Autobahnen großzügig großflächig Baustellen einzurichten und anscheinend alle LKWs dieser Welt unbedingt irgendwas nach Antwerpen liefern mussten, standen wir schön stundenlang im Stau. Auch das wäre ja noch zu ertragen gewesen, wenn wir einfach nur irgendwohin gewollt hätten, aber wir wollten ja ans Meer – und da zählt jede Minute, die man nicht dort verbringt, doppelt. Mindestens.
Wenn ihr jetzt schlau um die Ecke kommt und sagt: Was fahrt ihr an Fronleichnam auch mit dem Auto in Urlaub, hättet ihr doch die Bahn genommen… dann entgegne ich nur ein Wort: Streik. So richtig mit gar keinen Zügen in der Wallonie und so gut wie keinen Zügen in Flandern.
Und wer hier einwendet, ich hätte doch schonmal deutlich freundlicher von diesem Land gesprochen, der hat deutlich zu gut aufgepasst. 🙂 Aber zurück zum Durchfahrtsland Rumsteh-Land.
Nach dem Stau auf der Autobahn kam dann noch der Stau auf der Küstenstraße (die so heißt, aber von der aus man natürlich keineswegs die Küste sieht – Belgien halt). Und Umleitungen. Bergeweise Umleitungen. Wegen Bauarbeiten. Deren auf Schildern groß angekündigtes Ende praktischerweise mit dem Saisonende zusammenfallen wird. Die spinnen die Römer Belgier.
Und als wir schließlich fast da waren, und quasi die letzte Ampel vor dem Ziel gerade auf grün sprang, tauchten wir aus dem Nichts ein paar Polizeimotorräder auf und Menschen mit Warnwesten und Polizeikellen springen auf die Straße. Nichts geht mehr – Radrennen. Eines, das leider in den Folgetagen traurige Bekanntheit erlangen sollte. Wie bei der Tour de France kam zuerst ein wenig Werbung, dann eine nicht enden wollende Reihe von Fahrzeugen mit Ersatzfahrrädern und -reifen, dann Polizisten und Fotografen, dann wieder Autos, dann wieder Motorräder, dann lange nichts, dann wieder Autos… ihr könnt euch das vorstellen.
Irgendwann erhoben sich die Menschen auf dem Mäuerchen am Straßenrand und begannen wild mit den Armen zu fuchteln. Etwa fünf Minuten später tauchten dann die ersten Radfahrer auf. Nach einer Weile das Hauptfeld, dann eine Nachzüglergruppe, dann nochmal einige Nachzügler, dann wieder Materialwagen und Motorräder, dann ein Wasserträger, der vollbepackt wieder Fahrt aufnahm, dann wieder Autos… nach einer gefühlten Ewigkeit ging es dann weiter. Nur, um an der nächsten (ampellosen) Kreuzung das gleiche Spiel wieder zu erleben, denn anscheinend fuhr das Feld eine Schleife durch die Stadt.
Der Lieblingsmensch und ich waren schon fast soweit, unsere Monopoly-Gefängnis-Aktionskarte in „gehen Sie direkt nach Belgien, gehen Sie nicht am Meer vorbei, ziehen Sie weder Geld noch Sonne ein“ umzubenennen, als wir feststellten, dass es zwar total doof ist, nach Belgien zu fahren. Dass es aber ziemlich großartig ist, wenn man schlussendlich angekommen ist. Aber davon erzähle ich euch ein anderes Mal.