Im Frühjahr färben sich die Dünen des Finistère rosa. Grund dafür ist die gewöhnliche Grasnelke, auch Strand-Grasnelke genannt. Ihr französischer Name klingt natürlich viel poetischer: armerie maritime. In der Liste meiner Lieblingspflanzen hat sich dieses kleine Gewächs gerade ganz weit nach vorn geschoben.
Bemerknisse* in der Vorsaison
Der Lieblingsmensch und ich waren im Urlaub. Yeah. Und mittlerweile ist es ja fast schon Tradition, daher dürft ihr in den nächsten Wochen immer mal wieder daran teilhaben. Ich habe nämlich festgestellt, dass das Aufschreiben der Erinnerungen und das Aussuchen der Fotos mir jedes Mal einen kleinen Urlaubsflash verschafft und somit die Erholung in den Alltag hinein verlängert. Ätsch 🙂
Falls ihr davon unwiderstehliche Lust bekommt, auch mal an dieses wunderschöne Fleckchen Erde zu fahren, seid ihr jetzt jedenfalls schonmal vorgewarnt.
Zum Einstieg in die Erinnerungen (und Aussteig aus dem Urlaub – wie wunderbar, wenn das so großartig zusammenpasst), schreibe ich euch ein paar Bemerknisse* auf. Denn auch wenn wir nun schon zum dritten Mal am selben Fleck waren, entdecken wir immer noch neue Dinge. Es ist ganz erstaunlich.
- Ende Mai ist es im Finistère um Mitternacht noch nicht dunkel genug, um in Ruhe die Millionen von Sternen zu bewundern, die man in einer Ecke ohne Straßenbeleuchtung im Herbst so wunderbar sehen kann. Sonnenuntergang kurz vor halb elf: großartig!
- Außerhalb der Saison ist nichts los? Von wegen. Wenn man Glück hat, sitzt an einem ganz gewöhnlichen Samstagnachmittag ein älterer Herr mit Drehleiher unter den Gästen der Auberge de Meneham und schon findet sich eine Gruppe junger, mittelalter und durchaus auch alter Menschen zusammen, die auf dem „Dorfplatz“ zusammen tanzt. Mit den kleinen Fingern eingehakt. Hach.
- Blühender Ginster ist zwar kein Ersatz für prachtvolle Hortensienblüten, schleicht sich aber ganz unbemerkt mit den Tagen ins Herz und belegt dort vordere Plätze. So schöööön.
- Die Zeiten von Ebbe und Flut reichen im Finistère nicht aus, um Wattwanderungen richtig zu planen. Fast noch wichtiger ist der Koeffizient, denn seine Höhe gibt vor, wie weit man sich ins Meer hinauswagen kann und wie schnell man wieder umkehren muss. Daher diesmal: Kein Spaziergang zum Phare de l’Île-Vierge.
- Durchsagen, die man bei der französischen Bahn durchaus hören kann: „Bitte beachten Sie, dass wir unseren Zielort einige Minuten vor der geplanten Ankunftszeit erreichen.“ Sncf, you rock!
- Moderne Chauffeure von Limousinenservices halten nicht mehr Schilder mit den Namen ihrer Fahrgäste vor sich, sondern Tablets. Bevor man sich dran erinnert, dass man ja zu Fuß weiter will, wünscht man sich ganz kurz, dafür aber inständig, dass der „Comic sans“-Liebhaber nicht uns meint 🙂
* Das Wort „Bemerknisse“ habe ich sozusagen von Frau Gminggmang adoptiert. Dass man das darf, habe ich unter anderem von Frau Nessy und Herrn Buddenbohm gelernt. Blogsafaris – auch so ein wundervolles Urlaubsvergnügen.
Zeche Zollverein
Man lebt in den spannendsten Gegenden und erlebt doch viel zu selten, was man um einen herum sehen, fühlen, hören und riechen kann. Hören und riechen? Ja genau, das geht im Ruhr Museum mitten in der Zeche Zollverein in Essen. Und dank eines Familienausflugs waren wir jetzt endlich auch mal da. Juhu!
Bis man sich allerdings zu den erwähnten Hör- und Riechstationen (da kann man Asphalt und Hochofenwärme und alles mögliche andere riechen und solche Dinge wie Hochofenabstich, Bioschwein, Kreuzkröte oder andere Geräusche aus dem Umfeld der Zeche anhören) – also, bis man sich bis dahin durchgefunden hat, hat man schon Etliches gesehen, was wirklich beeindruckend ist. Alles ist groß in der Zeche. Zahnräder, Kessel, Schrauben, Hebel.
Ich finde es beeindruckend mir vorzustellen, dass all das eine große Maschine war. Von Menschen im Schweiße ihres Angesichts betrieben. In der alles ineinander griff und die dazu beitrug, die Welt grundlegend zu verändern.
Und innerhalb weniger Jahre findet hier wieder ein großer Wandel statt. Natürlich ist vieles Welterbe-Romantik, zum Beispiel der kleine Elektrozug, das Besucherzentrum, der 360°-Film mit besonders viel Menscheln und einer Extraportion Emotionen, die Cafés und der Souvenirshop mit Kohlebadesalz (nur für Badewannen ohne Risse, für Verfärbung wird keine Haftung übernommen). Und trotzdem beeindruckt mich das Konzept, das hier so konsequent umgesetzt wird.
Auch überraschend großartig: Das Ruhr Museum in der ehemaligen Kohlenwäsche. Da geht es um das Ruhrgebiet früher und heute. Es gibt Ausgrabungsgegenstände und Tierskelette (Mammuts!), alte Siegel und Urkunden, Statuen und Kleidungsstücke aus quasi allen Epochen. Hier findet man auch die bereits erwähnten Stationen, an denen man typische Geräusche und Gerüche hören und riechen kann.
Eine beeindruckende Fotosammlung zeigt den Strukturwandel der letzten 30 Jahre. Und eine Reihe von Alltagsgegenständen schlagen den großen Bogen durch die Zeitgeschichte und verknüpfen diese mit unserem Leben.
Beeindruckend zum Beispiel das versteinerte Zeugnis eines Blitzes und die liebevoll gepflegten Fahnen der Bergmannsvereine. Ja, genauso durcheinander sieht das aus, aber wenn man durchgeht, ergibt das alles eine rote Linie und man sieht den Sinn. Vertraut mir.
Den tiefsten Eindruck hinterließ bei mir ein Glad abgekochtes Wasser. Eine Mutter hatte Einmachgläser mit abgekochtem Wasser mit in den Bunker genommen, um dort Babynahrung zubereiten zu können. Als sie von den Amerikanern befreit wurden, waren noch zwei Gläser übrig. Eines davon steht jetzt in Essen.
Roll for the galaxy
Neue Welten entdecken und Planten erforschen, fortschrittliche Techniken entwickeln und Handel mit Außerirdischen treiben: für den Lieblingsmenschen klingt das wie unbegrenzter Riesenspaß. Darum haben wir auch Race for the galaxy im Spieleregal. Aber warum Karten nehmen, wenn man auch würfeln kann? Und genau darum gibt es seit einigen Wochen nun auch Roll for the galaxy bei uns zu Hause. Und was soll ich sagen: Es hat innerhalb weniger Stunden der Kartenvariante den Rang abgelaufen.
Das Spielprinzip des Würfelspiels ist ganz ähnlich wie das seines Karten-Originals: Jeder Spieler überlegt im Geheimen, welche der fünf Phasen (entdecken – erforschen – besiedeln – Waren produzieren – Handel treiben) er spielen will. Gespielt werden dann alle Phasen, die die Spieler ausgesucht haben: Entweder so viele verschiedene, wie es Spieler gibt, oder eben nur eine, wenn alle sich für die gleiche Phase entschieden haben. Beim Vorausahnen, was die Gegner Mitspieler wohl wählen, kann man sich ganz schön verzetteln, nur, um am Ende dann doch das Gleiche rauszulegen. Ewiges Taktieren lohnt sich also meist nicht, ganz außer Acht lassen sollte man diesen Aspekt jedoch trotzdem nicht. Außerdem gibt es in der Zwei-Spieler-Variante zusätzlich eine Phase, die erwürfelt wurde. Aber auch hier kann man Pech haben und insgesamt nur eine Option bekommen.
Die Wahl der Phasen erfolgt bei Roll for the galaxy jedoch nicht über Karten, sondern durch Würfel – unabhängig vom gewürfelten Symbol. Zu Beginn hat jeder Spieler drei aktive und zwei inaktive weiße Würfel. Die übrigen Würfeln (die man nicht zur Wahl der Spielphase eingesetzt hat) werden den Phasen zugeordnet, deren Symbol sie zeigen. Wird diese Phase durch einen eigenen Würfel oder die Wahl eines Mitspielers ausgelöst, kann man die entsprechende Aktion mit den eigenen Würfeln durchführen. Durch taktischen Einsatz der Würfelergebnisse kann man so nach und nach weitere Würfel und/oder Sonderfähigkeiten hinzugewinnen. Die Würfel können dann, je nach Vorgabe der hinzugewonnenen Welten, entweder direkt im eigenen Würfelbecher oder aber als Ware auf einer neu entdeckten Welt landen. Kann ein Spieler diese Waren verkaufen, gewinnt er Siegpunkte oder Geld, mit dem man wiederum bereits benutzte Würfel zurück in den Würfelbecher legen und in der nächsten Runde wiederverwenden kann.
Das mag auf den ersten Blick unübersichtlich wirken, ist aber deutlich leichter zu überblicken als beim Kartenspiel, wo die Karten sowohl Geld als auch die Welten und Waren abbilden.
Die grafische Gestaltung der auszulegenden Pappkärtchen orientiert sich natürlich ebenso am Kartenspiel-Original wie auch der Ablauf der verschiedenen Phasen. Allerdings ist die Variationsvielfalt dank der Würfel, die nicht alle die gleiche Verteilung der Phasensymbole haben, doch deutlich spannender als beim Kartenspiel. Vor allem, weil man eben nicht in jeder Runde alle Würfel zur Verfügung hat und sich den aktuellen Würfelsatz mithilfe des Geldes für jede Runde neu zusammenstellen muss.
Nehme ich lieber mehr rote Würfel dazu, die häufiger die Symbole für Entdecken und Besiedeln zeigen, oder möchte ich handeln und brauche einen lila Würfel, der das dafür benötigte Raumschiff-Symbol gleich auf drei Seiten trägt und beim Verschiffen von Waren zusätzliche Siegpunkte bringt? Versuche ich, Welten zu entdecken, die mir gelbe Würfel bringen, weil diese auf jeder zweiten Würfelseite einen Joker mitbringen? Oder brauche ich neue Kärtchen und Geld und würfle dafür lieber mit weißen Standardwürfeln, die das Augensymbol doppelt mitbringen?
Hinzu kommt, dass der Glücksfaktor beim Würfeln sich, zumindest für uns, deutlich besser anfühlt als beim Kartenziehen. Vielleicht liegt es daran, dass man beim Schwenken und Umdrehen des Bechers wenigstens das Gefühl hat, etwas beeinflussen zu können – auch wenn man weiß, dass es natürlich nicht so ist: Vielleicht ist es aber auch wirklich nur ein Gefühl, weil man eben etwas mehr tut, als eine Karte zu ziehen.
Alles in allem eine wirklich großartige Ergänzung unserer Spielesammlung. Mit zwei kleinen Wermutstropfen. Erstens: Das Spiel ist bisher nicht auf deutsch erschienen und die englische Variante ist recht schwer zu ergattern und (Importversion) teuer. Zweitens: Wie schon das Kartenspiel ist auch Roll for the galaxy in einigen Komponenten nicht besonders hochwertig. Die Würfel sind nicht geprägt, sondern bedruckt, und bei einem Würfel löste sich ein Symbol bereits ab, bevor wir das Spiel zum ersten Mal gespielt hatten. Bei einem anderen Würfel ist eine Ecke etwas angeschlagen. Kein Drama, aber bei dem gehobenen Preis doch ein Ärgernis. Das aber durch den Spielspaß bisher voll aufgewogen wird.
Blaubeer-Tarte
Ein Rezept, das selbst schon eine Abwandlung ist, darf man doch sicher noch weiter abwandeln, dachte ich mir. Und habe mir die sehr verlockend aussehende Idee von transglobal pan party geschnappt und auf die aktuellen Vorräte in Kühlschrank und Gefriertruhe angepasst. Daraus entstanden ist eine vorzügliche Blaubeer-Tarte, die bei allen hier sehr gut ankam.
Man nehme…
- für den Teig:
- 200 g Mehl
- 2 EL brauner Zucker
- 100 g Butter (zimmerwarm)
- 2 Eier
- 1 Prise Salz
- für die Füllung:
- 125 g Zucker
- 3 EL Vanillesirup
- 2 Eier
- 200 g Frischkäse
- 150 g Crème fraîche
- 1 EL Speisestärke
- 500 g Blaubeeren (tiefgefroren)
Für den Teig das Mehl, den braunen Zucker, die Butter und das Salz verkneten (dabei entsteht noch kein glatter Teig, sondern grobe Streusel). Dann die Eier hinzugeben und zu einem glatten Teig verkneten und für etwa 30 bis 40 Minuten in den Kühlschrank stellen.
Wenn er gut durchgekühlt ist, rollt man den Teig aus und legt ihn in eine mit Backpapier ausgelegte Springform. Den Rand mit Teigresten gleichmäßig hochziehen und den Teig mit einer Gabel mehrfach einstechen. Mit einem weiteren Backpapier sowie Erbsen oder ähnlichem beschweren und bei 180°C für 10 Minuten blinbacken. Danach die Einlage entfernen und weitere 5 Minuten backen. Achtung: Der Teig darf nicht zu dunkel werden.
Während der Teig im Ofen ist, schlagt ihr die Eier, den Zucker und den Vanillesirup für die Füllung auf, bis die Masse luftig und hell wird. Dann gebt ihr Frischkäse, Crème fraîche und Stärke dazu und verrührt alles zu einer glatten Crème.
Füllt die Blaubeeren auf den Boden und gießt die Füllung gleichmäßig darüber. Die Blaubeer-Tarte nochmal für 40 bis 50 Minuten bei 180°C in den Ofen schieben. Falls ihr nicht sicher seid, ob die Füllung schon fest ist, hilft die Stäbchenprobe.
Zusatztipps:
Damit der Rand nicht bricht, solltet ihr die Tarte auskühlen lassen, bevor ihr sie aus der Form löst.
Eine Deko aus Sahnetupfen und frischen Blaubeeren gibt dem Ganzen den richtigen Vorgeschmack auf den Sommer. Leeeeecker.
Guten Appetit!
Waffeln mit Erdbeeren und Vanilleeis (und Joghurt und Blumen)
Der Lieblingsmensch ist ein Waffelfan. Und auch andere Gäste hier verzichten lieber auf einen Kuchen, wenn sie dafür Waffeln bekommen können. Am liebsten mit Erdbeeren und Vanilleeis und Joghurt und überhaupt.
Daher verrate ich euch heute das ultimative Waffelrezept dieses Haushalts. Die Kombinations- und Dekorationsvarianten sind selbstverständlich unendlich. Aber wenn es Erdbeeren gibt und ihr noch dazu so nette Schwestern habt wie ich eine habe, dann könnt ihr beim Servieren der Waffeln natürlich in die Vollen greifen und sie außerdem noch mit essbaren Blüten verzieren.
Man nehme:
4 Eier (trennen und das Eiweiß zu Schnee schlagen)
50 g Zucker
1 Pck. Vanillezucker
125 g Butter
20 ml Nusslikör
250 ml Milch
250 g Mehl
Und so geht’s:
Eigelb, Zucker, Vanillezucker und Butter gut miteinander aufschlagen, bis eine glatte Masse entstanden ist. Den Likör unterrühren. Dann immer abwechselnd Mehl und Milch dazugeben und gut verrühren. Wenn alle Zutaten zusammengerührt sind, schlagt ihr die ganze Masse nochmals gut auf, so dass der Teig hell und glänzend wird. Zuletzt hebt ihr den Eischnee vorsichtig unter.
Waffeln ausbacken und beim Auskühlen nicht übereinander legen, da sie sonst weich werden.
Nach Belieben mit Obst, Joghurt, Eis oder Dekoblüten (oder allem zusammen) dekorieren und zu einem guten Kaffee servieren.
Guten Appetit!
Wildgänse im Vorgebirge
Landgasthof: Details zum Schwärmen
Neulich hatte ich das Glück, bei einer Dienstreise in einem Landgasthof übernachten zu dürfen. So ländlich war es zwar gar nicht, denn bis zur Erlangener Innenstadt waren es nur eine handvoll Kilometer. Aber die ganze Umgebung war einfach so wundervoll verträumt und detailreich, dass ich euch das nicht vorenthalten wollte.
Den Zeitungs-Apfel-Snack-Tisch habt ihr ja schon gesehen. Im Zimmer gab es dann eine Badewanne mit fröhlichem Ringelnatz-Zitat und …
… piratentauglichem Quietsche-Entchen.
Mit dem hauseigenen Briefpapier und passendem Kugelschreiber, hätte ich sogar Briefe (also: echte, handschriftliche) schreiben können. Da es aber auch WLAN gab, habe ich mich für die elektronische Version entschieden. Aber allein zu wissen, ich könnte auch einen Brief verfassen (und an der Rezeption Briefmarken erstehen), war einfach… hach.
Nach einem Bergkirchweihbier (lecker)…
…habe ich auf dem „Einkehr“-Kopfkissen (auf dem es natürlich auch die obligatorischen Schlaf-gut-Gummibärchen gab), ganz wunderbar geschlafen. Und beim Frühstück natürlich nicht nur Marmelade (schmeckte hausgemacht) probiert, sondern auch den hausgemachten Schinken.
Landgasthof: Kann ich empfehlen.
Whisky Fair in Limburg 2015
Wie schon erwähnt, waren wir auch in diesem Jahr – fast kann man schon sagen: traditioneller Weise – bei der Whisky Fair in Limburg. Wie eigentlich in jedem Jahr war das Wetter ganz wundervoll. Etwas neu war, dass eine Kollegin und ich bei der Pusteblume (dem Springbrunnen vor der Stadthalle) ein kleines Outdoor-Office eingerichtet hatten, um die Einsatzkommunikation nach dem Erdbeben in Nepal zu koordinieren.
Dabei haben wir aber Erkenntnis gewonnen, die sich in den kommenden Jahren durchaus zu wiederholen lohnt: Rund um die Pusteblume kann man ganz wunderbar Whisky trinken und da die tausend Gerüche der Nachbarflaschen wegfallen, kann man auch nach dem vierten oder fünften Dram noch unterscheiden, was man sich da gerade für ein Schätzchen im Glas geangelt hat.
A propos Schätzchen: Von Jahr zu Jahr wird die Auswahl an japanischen Whiskys größer und leckerer. Der Lieblingsmensch lernt ja japanisch, aber nicht nur deshalb haben wir durchaus einen Hang zu den fernöpstlichen Destillaten entwickelt. Vor allem die Details faszinieren, denn da schmeckt man durchaus andere Nuancen und wenn man es sich lang genug vorstellt, auch sowas wie Mandeln und Lotosblüte. Hach.
Besonders gefallen hat uns dieser 15-jährige Akashi. Mit dem kann man es aushalten.
Auch großartig (und hier muss man schon sagen: mal wieder, denn ein Geheimtipp ist das schon lange nicht mehr) war es bei Riegger. Die finden einfach immer richtig gute Whiskys und die Fässer, die aus einem guten einen außergewöhnlichen Whisky machen. Da gab es zum Beispiel einen Deanston von 1992, der vor allem grün schmeckt, ein bisschen nach Pfeffer und Holz. Im Abgang auch ein wenig süß. Klasse. Noch besser gefiel mir der vanille-honig-karamell-birnen-süße Eagle of Spey Christmas Eve-Bottling, den ich wirklich wunderbar rund und süß und malzig und fruchtig und lecker fand. Gekauft haben wir aber Rieggers 20 Jahre alten Mortlach, der zwar Fassstärke hat, aber trotzdem weich und rund und voll und fruchtig schmeckt.
Eine sehr, also wirklich seeehr leckere Erfahrung war dieser Laphroig.
Viel fruchtiger als die Distillerie-Abfüllung, ein bisschen nussig und nach dem Torf kommt Schokomousse. Hammer.
Übrigens sind wir dieses Mal zum ersten Mal nicht mit dem ICE gefahren (weil: Streckensperrung wegen Baustelle) und das langsame Gondeln mit der Regionalbahn durchs Lahntal hat durchaus auch was für sich. So, wie wir finden, dass es was für sich hat, sich den knallevollen Samstag zu schenken und die Sonntagsstimmung mit etwas mehr Platz und Zeit zum Klönen und Fachsimpeln und exotische Etiketten bewundern zu genießen.
Daher kriegt ihr jetzt einfach noch ein paar Eindrücke aus der Messehalle und von unterwegs. Das schreit alles nach Wiederholung.
Vertrauensvorschuss
Über den Bahnstreik kann man sich als Pendler wunderbar ärgern. Manchmal bringt so etwas aber auch ganz unerwartete Erkenntnisse. So wie beim letzten (kurzen) Streik vor knapp zwei Woche. Ich war mit dem Auto auf dem Heimweg (nur vom Park-and-Ride-Parkplatz an der Straßenbahnlinie zwei Orte weiter; an solchen Tagen mit dem Auto in die Stadt zu fahren, ist noch wahnsinniger als sowieso schon). Da der Frühling so bunt, die Blüten der Bäume so bezaubernd und die Vögelgesänge so fröhlich waren, überkam mich beim Eiscafé im Nachbarort die spontane Lust, dem Lieblingsmenschen und mir ein etwas anderes Abendessen zu bescheren und Eis mitzubringen.
Ich ging also voller Vorfreude in die Eisdiele, bestellte, kramte mein Portemonnaie heraus – und stellte fest, dass ich ja tagsüber mehrfach bar bezahlt hatte und daher nicht mehr genug Bargeld dabei hatte. Mit Karte zahlen kann man dort nicht. Also sagte ich dem freundlichen italienischen Eiskünstler, er solle die zweite Kombi weglassen, dafür habe ich nicht mehr genug Geld dabei.
Der nette Herr lächelte breit und sagte: Kein Problem, Signorina. Sie können ein anderes Mal bezahlen. Als ich protestierte, schuf er einfach Fakten, indem er die Lieblingseissorten des Lieblingsmenschen schwungvoll in einen Becher beförderte und eine Eiswaffel darauf legte.
Ich protestierte wieder und erntete das breiteste Lächeln, das ich seit langem gesehen habe. Das Eis wurde mir über die Theke gereicht und nochmals betont, dass es nicht eile mit dem Bezahlen, ich solle das einfach irgendwann nachholen.
Nun ist es nicht so, dass ich dort Stammkundin wäre. Ich bin letztes Jahr maximal zweimal dort gewesen und in diesem Jahr noch gar nicht. Ich bin ziemlich sicher, dass der Inhaber sich nicht an mich erinnert hat. Und doch schenkte er mir seine Fröhlichkeit, sein Vertrauen und (erstmal) sein Eis.
Ich habe aus dem nächstgelegenen Automaten neues Bargeld gezogen und ihm noch am selben Abend vorbeigebracht. Ich erntete Unverständnis und Protest, ich hätte ihn ruhig ernst nehmen und irgendwann bezahlen sollen. Fast war der nette Herr beleidigt, dass ich so kurze Zeit später schon wieder da war. Und mein Trinkgeld nahm er auch nur unter lautem Schimpfen und Kopfschütteln an.
Ganz ehrlich: So etwas habe ich in dieser Form noch nie erlebt. Und da das Eis dort auch noch wirklich lecker schmeckt, mache ich hier mal unverschämt Werbung für den freundlichen Service und das nette Lächeln und das unerwartete Vertrauen: Geht also alle zum Matteo Boccuzzi Eiscafé in Wessling. Und wenn ihr da seid, bestellt einen riesigen Eisbecher oder so viele Kugeln, wie auf eine Eiswaffel passen, lächelt den Inhaber besonders freundlich an, und bezahlt gleich. Das hat er mehr als verdient.