Die Vögel sind viel lauter als sonst. Irgendwo las ich in diesen Tagen eine Erklärung. Mein Gehirn hat sie sich nicht gemerkt. Aber beim Aufwachen, beim Gang in den Garten in der Mittagspause und beim Feierabendspaziergang freue ich mich darüber.
Die Sumpfdotterblümchen und der Löwenzahn am Wegesrand geben alles. Sie leuchten mit der Sonne um die Wette. Die Knospen an den Büschen, die den Bach säumen, werden jeden Tag ein bisschen größer und praller. Der Lieblingsmensch und ich versuchen, den Zeitpunkt zu schätzen, an dem sie sich öffnen. Mal sehen, wie nahe wir dran sind.
Die Bauern haben die Felder gepflügt, manche schon eingesät. Die Schutzfolien kräuseln sich ein wenig im lauen Wind. Die ersten Mückenschwärme mischen sich unter die Pollen. Zwei Hasen hoppeln flink vor uns davon. Oder vor dem Bussard, der wachsam über dem Feld kreist.
Die Schafe sind auf eine andere Weide gebracht worden. Der Hinweis, dass man maximal trockenes Brot füttern darf, hängt einsam und verlassen am Tor. Ein bisschen ahne ich, wie er sich fühlt.
Die Kolleg*innen haben sich schnell an den wöchentlichen Meeting-Rhythmus in diesem Internet gewöhnt. Es geht nicht mehr um Technik, sondern um Wesentliches, für die Arbeit, für uns. Große politische Fragen werden angerissen, organisatorische Kleinigkeiten geklärt. Es ist gut, uns untereinander und die großen Themen im Blick zu behalten und im Blick behalten zu wissen.
Eine kleine Verschnaufpause zwischen Telefon- und Videokonferenzen und ein Blick in den Briefkasten. Post einer alten Dame, die ich nicht persönlich kenne. Über eine gemeinsame Bekannte und gemeinsame Überzeugungen sind wir verbunden. Dass sie krank ist und nun keinen Besuch bekommen kann, dass ich zu Hause bin und wenig anderes tun kann, um zu helfen, hat uns zu Brieffreundinnen gemacht. Wir erzählen uns von unserem Alltag. Lauter kleine Dinge, die über die räumliche und durch die Postzustellung auch zeitliche Distanz Gewicht bekommen und behalten.
Elektronische Post aus Italien. Mit Bildern, die die Kinder der Kollegin und Freundin gemalt haben. Ein schneller Skype-Call, um uns auf den neusten dienstlichen Stand zu bringen, persönliche Worte, eine Umarmung über den Bildschrim. Nähe, über all die neuen Grenzen hinweg.
Mit meiner Schwester ein kleines Dankeschön planen für die Hausgemeinschaft meiner Eltern, die sich so wundervoll sorgt, wo wir zu weit weg sind. Und die uns so dankbar machen.
Eine Messenger-Nachricht einer alten Freundin mit einem schnellen Gruß. Ein Foto von einer anderen Freundin. Ein Stoßseufzer per Mail. Ein Foto auf Twitter, das eine besondere Erinnerung lebendig werden lässt, geteilte Bilder von Lieblingsorten auf Facebook. Ein Mensch, der eine Idee hat, die unter die Haut geht, egal, was am Ende daraus wird oder auch nicht.
Endlich einmal Zeit, um Texte zu lesen. Von Carolin Emcke, von Smilla Dankert, der Kaltmamsell. Bei Anke Gröner einen Comic finden, der seit einigen Jahren in Nürnberg an St. Klara hängt und von dem ich bei jedem Vorbeigehen angerührt werde – wenn auch nicht jedes Mal auf die gleiche Weise.
Der ISS winken, die an über uns hinwegfliegt und an deren Zeitplan DLR_Next auf Twitter so zuverlässig erinnert.
Schimpfen mit dem Scanner, der Mucken bekommt und die innere Zicke rauslässt. Dann halt nicht, du [hier ein Schimpfwort eurer Wahl einsetzen]. Und dann lachen, weil ich mir vorstelle, wie die viel besser gewählten Worte in den Büchern auf den Regalbrettern um mich herum die Augen verdrehen. Als hätten wir ihr nichts beigebracht. Mit der kann man ja auch wirklich nirgendwo hingehen. Na dann habt ihr ja Glück gehabt. #staythefuckathome #gehtgleichwieder