Der Plan war, gegen 8 Uhr gemütlich von Berlin nach Hildesheim zu fahren, nach einem Termin eine Freundin in Hannover zu treffen und ausgiebig zu plauschen und dann nach Hause. Dann kam Friederike und der Hinweis der Bahn, dass quasi alle Züge ausfallen, außer dem IC um 7 Uhr. Ich buchte also abends einen Sitzplatz und stand am nächsten Morgen gegen halb sieben am Hauptbahnhof. Natürlich fuhr nichts. Was dann passierte, hätte mir tierisch auf die Nerven gehen können. Warum ich nach 16 Stunden unterwegs zwar müde, aber auch glücklich bin – ein Rückblick in kleinen Bemerknissen:
Die Infoschalter der Bahn am Berliner Hauptbahnhof öffnen um 7 Uhr. Schon eine halbe Stunde vorher haben sich sowohl im Erdgeschoss als auch im ersten Stock lange Schlangen gebildet. Die meisten Wartenden schauen auf ihr Handy, einige plaudern mit den Menschen um sie herum, überlegen, ob sie sich Mietwagen teilen können und ob die Bahn so etwas erstattet. Zwei japanische Touristen haben sich noch nicht in die lange Schlange eingereiht. Sie drehen und wenden ihre ausgedruckten Fahrkarten mehrfach und diskutieren in gedämpfter Lautstärke. Ich frage, ob sie englisch sprechen und nach nach was genau sie suchen. „Wir wissen nicht, ob wir uns im ersten oder im zweiten Stock anstellen müssen“, erklärt mir die junge Frau. Als ich antworte, sie sollten sich einfach die Schlange aussuchen, die ihnen sympatischer ist, sind sie überrascht. Ehrlich? Es gibt keine Vorschrift? Äääähhh – nein. Strahlend packen sie ihren Koffer und ziehen ihn in Richtung der Schlange im ersten Stock. „If the queue is not sympathetic, people in Germany are“, sagt der junge Mann.
Ich beschließe, den freien Tag nicht zu nutzen und fahre ins Berliner Büro. Unterwegs erreiche ich die Bahnhotline, die von umgestürzten Bäumen spricht und meint, wenn ich es warm und trocken hätte, wo ich sei, solle ich erstmal nicht versuchen, loszufahren.
Die Kollegen buchen mich für den frühen Abend auf einen Flug um. Einen Teil der Wartezeit verbringe ich in einem anregenden Gespräch über Literatur, Soziologie und die Unmöglichkeit von Universalgenies im 21. Jahrhundert. Mein Flug soll dann ein wenig Verspätung haben, aber recht schnell sitzen alle, ein falsch eingeladenes Gepäckstück wird schnell gefunden und herausgefischt und wir rollen los. Bis zur Startbahn kommen wir auch, aber dann hat die Technik andere Pläne. Die Hilfsturbine läuft zwar störungsfrei, der entsprechende Computer behauptet aber das Gegenteil. #technikeristinformiert raunen die ersten durchs Flugzeug (Internetgemeinde – an mein Herz), als wir zur Parkposition zurückrollen und auf die Mechaniker warten.
Eine Mutter schnallt ihren kleinen Sohn ab, die Stewardess zeigt ihnen, von wo aus sie gut sehen können, was draußen passiert. Der Kleine schaut gebannt aus dem Fenster, zeigt hierhin und dorthin, bewundert die im Licht leuchtenden Jacken der Mechaniker und sorgt rund herum für gute Laune. Ich komme mit meiner Sitznachbarin ins Gespräch, die eigentlich nach Leipzig wollte, aber nicht dorthin kam und nun einen Termin im Rheinland vorgezogen hat, den aber vermutlich auch verpasst. Gesprächsfetzen um mich herum zeigen, dass auch viele der anderen Fluggäste gestrandete Bahnreisende sind. Zwar sind viele müde und frustriert über die Verzögerung, aber ich höre kein einziges echtes Wort des Ärgers.
Mit gut zwei Stunden Verspätung in Köln gelandet, ist die erste Nachricht, dass der Zugverkehr stark eingeschränkt sei aufgrund von „IrgendwasabernichtderOrkan“. Auf dem Bahnsteig meckern einige – allerdings nicht die, deren Gesichter ich aus dem Flieger wiedererkenne. Wie Verschwörer nicken wir uns lächelnd zu und winken zum Abschied, als die S-Bahn kommt.
Das Beste erwartet mich aber auf meinem Handy. Ich habe dort die Odyssee ein wenig dokumentiert ein bisschen #ichwillnachhause-Rumgejammer gepostet. Gute Wünsche, Durchhalteparolen und zahlreiche Übernachtungseinladungen, niedliche Tiervideos und gute Wünsche von den besten aller Freunde verkürzen mir die Wartezeiten. Ihr seid mein Netz. Danke! <3456
Schließlich schickt eine Freundin mir ein supersüßes Foto ihrer Hundedame. Mit einem fiesen Seitenblick schaut sie alle böse an, die die Reise noch länger verzögern wollen. Und zack, löst sich der Knubbel bei der Bahn auf und kurz vor halb elf bin ich #endlichzuhause.
Mit euch allen reisen? Gerne wieder.
Goldig!