Von außen gesehen ist es auch in diesem Jahr ein klassisches Weihnachten. Es gab einen Adventskranz und Weihnachtsmarktbummel mit Freundinnen. Wir haben Glühwein getrunken und uns mit den Nachbarn gefreut beim Adventsfenster Erleuchten. Ich habe Weihnachtspost geschrieben und mich gefreut, für ein paar der Liebsten kleine, aber richtig passende Geschenke gefunden zu haben. Wir haben einen kleinen Weihnachtsbaum zu Drei Haselnüsse für Aschenbrödel geschmückt und Crémant kaltgestellt.
So ruhig, wie sich das schreibt, ist es aber nicht. Vielmehr fühlt es sich so an, als wären wir in diesem Jahr aus vollem Lauf an die Krippe gestolpert. Und das liegt nicht an Bänderanriss und Bänderdehnung, die mich im Wortsinn aus dem Gleichgewicht bringen. Nein, es sind die kleinen und großen Notfälle des Lebens – wenn Familienmitglieder alt und krank werden; wenn der Kalender sich mit Begleitung zu Arztterminen, Beratungen mit Demenzexpertinnen, Gesprächen mit Versicherungen und und und schneller füllt, als wir schauen können. Wenn das Auto Kilometer frisst, weil die Bahn es unmöglich macht, die geografische Entfernung zuverlässig zu überwinden.
Ich fühle mich zerzaust und sehe beim Blick in den Spiegel gar nicht so selten auch so aus. Ich bin angefasst und wütend, tatkräftig und zupackend, ratlos und traurig, fröhlich und hoffnungsvoll, verletzt und erschöpft, aufgekratzt und müde, alles durcheinander.
Und dann fällt mein Blick auf unsere kleine Mantelkrippe – geschnitzt aus einem Stück Holz, eine kleine Familie, die sich gegenseitig schützt, aufeinander schaut. Sie hilft mir, darauf zu vertrauen, dass das Licht der Heiligen Nacht auch für die Zerzausten, die Stolpernden und Hinkenden, die Ratlosen und Erschöpften, die Scheiternden und Traurigen scheint. Ich schaue auf die einfach gestalteten Figuren und lasse die Hoffnung in mir aufsteigen, dass die Botschaft von Gott, der so unprätentiös Mensch wird, auch für die gilt, die nicht mehr wissen, was Weihnachten ist. Lasse mich durchdringen und wärmen von der Zuversicht, dass die Jahrtausende alte Geschichte vom Großen, das so klein und schutzlos beginnt, auch uns heute Kraft geben kann, dass auch aus Durcheinander, Ratlosigkeit und Anrufen der Polizei am Heiligen Abend etwas Besseres wachsen, eine neue Art von Zukunft entstehen kann.
Unsere kleine Krippe zeigt keine selig lächelnde Maria, sondern eine erschöpfte Frau, die das Beste draus macht und sich von der Freude über das Leben und der Liebe wärmen lässt. Sie sind nicht abgebildet, aber ich sehe auch die Hirten, die Ausgeschlossenen, Ungewollten, die in dieser Nacht Nähe, Wärme und Licht erfahren.
Es ist eine trotzige Hoffnung, die mir da aus der Krippe zuwächst. Die Geschichte, die ihr Figuren erzählen, ist keine einfache, liebliche. Aber eine von Menschlichkeit und Kraft, von der sie nicht ahnten, dass sie sie besitzen. Es ist keine Geschichte von Glanz und Glorie, aber von überraschenden Begegnungen und menschlicher Wärme. Die kleine hölzerne Familie fügt dem Trotz ihren Hoffnungstrost hinzu.
Es ist keine klassische Weihnachtsbotschaft, die das alte Holz mir zuraunt, kein Oh du fröhliche und keine Stille Nacht. Aber das muss es das auch nicht sein. Ich nehme die Botschaft vom Frieden für die Menschen guten Willens in diesem Jahr persönlich. Guten Willen haben wir hier. Bergeweise. Den Rest müssen die Engel und alle, die sonst noch können, dazulegen.
Möge Ihnen die Kraft, Zuversicht und alles Nötige im neuen Jahr für das Kommende zuwachsen.
Herzlichen Dank. Und alle guten Wünsche und Segen auch zu Ihnen.