Adventskalender 2014: Was haben Palmzweige mit Weihnachten zu tun?

Geschmückter Tannenbaum auf dem Sechtemer WeihnachtsmarktIn unserem Dorf gibt es jedes Jahr einen „Lebendigen Adventskalender“. Was sich dahinter verbirgt, hatte ich euch ja letztes Jahr schon erzählt. Jeden Abend wird bei einer Familie ein Fenster geöffnet und ein wenig gefeiert. Sonntagabends gibt es Andachten in den Kirchen, immer im Wechsel in der katholischen und der evangelischen. Dabei halten Laien die Ansprachen. Und heute Abend war ich dran.

Aus dem Evangelium nach Matthäus (Kapitel 22, 1-9, zitiert nach der Einheitsübersetzung):

„Als sich Jesus mit seinen Begleitern Jerusalem näherte und nach Betfage am Ölberg kam, schickte er zwei Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen. Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist friedfertig und er reitet auf einer Eselin und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers.
Die Jünger gingen und taten, was Jesus ihnen aufgetragen hatte. Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf. Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf der Straße aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!“

Der Text, den wir gerade gehört haben, ist vermutlich einer der bekannteren Texte in der Bibel. Er berichtet vom feierlichen und von allen gefeierten Einzug Jesu in Jerusalem. Die Menschen breiten ihre Kleider auf der Straße aus und winken begeistert mit Palmzweigen.

Palmzweige? Moment, da war doch was. Palmzweige gehören doch, wie der Name schon sagt, zum Palmsonntag. Zum Beginn der Karwoche, zu Ostern. Diese Szene steht doch vor dem Beginn der Passion, dem Bericht vom Leiden und Sterben Jesu. Was hat das denn mit der Zeit vor Weihnachten zu tun? Warum hören wir diesen Text ausgerechnet heute, am ersten Advent?

Jesus selbst gibt uns eine Antwort, wenn er sagt: „Wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir.“

Und schon sind wir mittendrin im Advent, denn das kommt uns in dieser Zeit viel vertrauter vor. „Tochter Zion, sieh, dein König kommt.“

Das Lied, das wir gerade gesungen haben, nimmt diesen Kontrast auf: „Singt dem König Freudenpsalmen“ – das Palmsonntagslied schlechthin. Doch dann heißt es: „Völker ebnet seine Bahn“. Da klingt doch „Ebnet dem Herrn den Weg“ durch. Da hören wir schon: „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, daß der König der Ehren einziehe!“

Und wenn wir genau hinhören und hinsehen, dann fallen uns nicht nur Ähnlichkeiten in den Texten auf. Auch die Symbole lassen sich vergleichen. Das Grün der Palmzweige am Palmsonntag findet sich auch im Tannengrün des Advents wieder. Grün ist die Farbe der Hoffnung. Und die Tannenzweige künden vom Leben der Natur – mitten im Winter. Die Tannenzweige – wie auch die Palmzweige – sind immergrün. Sie strahlen das ganze Jahr in voller Pracht und können ein Zeichen dafür sein, dass die Hoffnung nicht auszulöschen ist. Dass Gott uns mit Jesus ein Versprechen gegeben hat, das immer währt.

Und noch eine Parallele lässt sich finden: Die Farben der Kleider, die die Menschen auf die Straße legen, spiegelt sich in den Farben der Kerzen des Advents und in den Farben, mit denen wir in den kommenden Tagen und Wochen unsere Fenster dekorieren. In der dunklen Nacht geben die Kerzen und die hell erleuchteten Fenster Zeugnis vom Licht, das mit Jesus in die Welt gekommen ist. Jesus, das Wort, das Fleisch geworden ist, ist wie das Licht in der Nacht.

Und was ist mit uns? Sind auch wir im Advent vergleichbar mit den Menschen am Palmsonntag? Freuen wir uns, dass Jesus kommt? Jubeln wir ihm zu, wie einem König? Hat er wirklich einen Platz, eine Bedeutung in unserem täglichen Leben?

Und wenn er sie hat, wie gestalten wir dann unsere Adventszeit? Brauchen wir das Große, immer Bessere, Hellere, Schönere? Oder können wir nicht vielmehr gerade in den einfachen, unscheinbaren, alltäglichen Dingen entdecken, was es heißt, dass unser König kommt. Was es heißt, dass Gott sich uns ganz hingibt, dass seine Nähe für uns besonders deutlich spürbar wird.

Um zu entdecken, was es für uns ganz persönlich bedeutet, dass Gott in Jesus geworden ist, dass er den Tod überwunden und uns den Weg in ein neues Leben geöffnet hat, kann es ausreichen, dass wir uns beim Anzünden der Kerzen auf dem Adventskranz einen Moment lang ganz durchfluten lassen von der Vorfreude auf das Weihnachtsfest. Es kann ausreichen, dass wir in der Schlange an der Kasse einen Moment innehalten und uns an den erinnern, der der Anlass für die besonderen Einkäufe ist. Sicher wird ein wenig von dieser besonderen Bedeutung auch spürbar, wenn wir uns abends treffen, um ein liebevoll gestaltetes Fenster zu öffnen, um miteinander zu singen und zu beten.

Vielleicht gelingt es uns sogar, ein wenig von dieser Vorfreude, von unserer Hoffnung, vom Licht des Advents denen zu schenken, die dieses Licht und seine Wärme besonders dringend brauchen: Menschen, die um einen geliebten Menschen trauern. Freunden, Nachbarn oder Kollegen, die schon lange oder besonders schwer krank sind. Menschen, deren Hoffnungen enttäuscht wurden, die nicht mehr weiter wissen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, Menschen, die vor Angst nicht mehr ein noch aus wissen, die keine Hoffnung mehr haben.

Wir können die Kraft dafür schöpfen, wenn wir die alten Texte hören und immer neu der Verheißung lauschen: „Sieh, dein König kommt zu dir.“ Jesus, das Licht in der Nacht, der König, der uns die Erlösung bringen wird.

Dann können auch wir in der Weihnachtsnacht rufen, wie die Menge damals in Jerusalem: „Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei der, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!“

4 Gedanken zu „Adventskalender 2014: Was haben Palmzweige mit Weihnachten zu tun?

  1. Heribert

    Liebe Esther,

    Danke für die Darlegung der Worte und den Zusammenhang der beiden Hochfeste. Wir wünschen dir und Marco eine gesegnete und besinnliche Adventszeit.
    Liebe Grüße aus dem hohen Norden.

    Heribert

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  2. Christa

    Auf der Suche nach Berichten über den Lebendigen Adventskalender bin ich auf diese Seite gestoßen und habe viele nette Dinge entdeckt. Die Wichtel habe ich schon weiter empfohlen

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