Engel geschenkt

Ich habe heute einen Engel geschenkt bekommen. Einen ganz einfachen. An einem Nylonfaden, mit einer silbernen Perle als Kopf und mit Flügln und Füßen aus angekokeltem Papier.

Das Papier mit den Brandspuren stammt aus einem Buch, einer Bibel, die Bekannte vor Wochen angekokelt vor der Kirche gefunden haben. Über die Hintergründe ist, zumindest mir, nichts bekannt. Doch auch wenn ich gar nichts über die Ursache des Brandes weiß (war es ein Versehen, ein Unfall, Absicht?), verursacht die Nachricht eines verbrannten Buches mir Unwohlsein. Ich kann einfach nicht nicht an Bücherverbrennung denken. Ich habe sofort Gedanken im Kopf an Unterdrückung, Zensur, Machtmissbrauch, Verbote, Einschüchterung; Bilder von Gewalt, Verfolgung, Vernichtung.

Heute kam ein neues Bild hinzu: Die angeschmorte Bibel ist nicht vollständig verbrannt. Sie ist nicht mehr zu gebrauchen, aber sie ist nicht in der Mülltonne gelandet. Jemand hat sich Gedanken gemacht und aus den übrig gebliebenen Seiten etwas Neues, Schönes gestaltet. Ein Geschenk. Die Schenkende hat die Zerstörung nicht rückgängig gemacht, aber nicht einfach so stehen gelassen. Sie hat ihre Gedanken, ihre Kreativität, Geduld und Zeit in die Engel investiert. Sie hat ein Stück von sich selbst gegeben und so aus dem Symbol der Vernichtung und Gewalt ein Zeichen der Zuneigung, der Verbundenheit, der Hoffnung gemacht.

Mich hat diese Geste sehr berührt.  Mir ist dieser kleine Engel schon jetzt sehr wertvoll.

 

 

2 Gedanken zu „Engel geschenkt

  1. Eva

    Liebe Esther,
    mich hätte auch der Gedanke an verbranntes Buch schockiert. Daher kann ich gut nachvollziehen, was Du Dir für Gedanken dazu machst. Ich glaube auch, dass die Idee, ein Engelchen zu basteln eine gute Idee war, die einfach dem schrecklichen Gedanken etwas Positives entgegensetzt.
    Liebe Grüße
    Eva, die jetzt Deine Einträge liest 🙂

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