Archiv für den Monat: Dezember 2017

Was schön war. Puzzleteil-Edition

Auf der Einladung zur Hochzeit des Lieblingsmenschen und meinereiner prangten Puzzleteile. Weil es ja so ist, dass man – wenn man das richtige Puzzleteil gefunden hat – dieses nicht mehr loslässt. Und wir gedachten und gedenken, es ebenso zu halten. Und da der Lieblingsmensch in meinem Herzen seither keinen Tag nicht den ersten Platz eingenommen hat, ist alles mit Puzzleteilen sowieso schon so kitschig, dass es nur schön sein kann.

Dass ein Besuch im Puzzle-Paradies hier auftaucht, sollte euch also nicht besonders erstaunen. Mit einigen Kollegen waren wir vor Kurzem bei Ravenburger und bekamen eine der seltenen Führungen durch Produktion und Lager. Dabei haben wir zum Beispiel gesehen, wie Lotti Karotti eingepackt wird. Wir haben die Leimküche gesehen und gerochen, haben miterlebt, wie Paletten gepackt und eingewickelt werden. Und im wirklich beeindruckenden Hochregallager waren wir auch.

In Ravensburg werden Spiele, Bücher und überhaupt quasi alles eingelagert, was das typische blaue Dreieck auf der Verpackung hat. Ein paar Dinge werden aber auch direkt in Ravensburg produziert und das sind vor allem Puzzles. Papier und Pappe dafür kommen aus dem Schwarzwald, ganz aus der Nähe meines Geburtsortes. Klingt nicht besonders spektakulär, aber allein das fand ich schon ganz schön, dass ich nämlich vor Jahren die Papierfabrik auch schon besucht habe, in der der „Puzzle-Rohstoff“ entsteht.

Besonders wurde es aber erst, als wir an einem Regal standen, in dem eine Vorlage mit Stanzmessern für Puzzles lag. Diese Stanzvorlage kommt in eine Maschine, dann werden die gedruckten und verleimten Puzzlepappen eingelegt und gestanzt – fertig ist das Puzzle. Was klingt wie ein Moment von Sekunden ist in Wahrheit in Prozess, der zwei bis drei Monate Arbeit erfordert. Denn so lange dauert es, die Puzzlestanzen von Hand herzustellen.

Ja genau, so habe ich auch geguckt. Die Messerbleche werden von Werkzeugmachern von Hand gebogen. Das heißt, jede Rundung, jede Ecke, jeder Rand eines Puzzleteils wurde von jemandem per Hand vorgefertigt, zurechtgebogen, eingepasst. Das sei präziser als Maschinen es hinbekommen könnten. Und während ein Messersatz tausende Puzzles hintereinander weg ausstanzt, stehen in der Werkstatt Menschen, die die nächste Vorlage erstellen. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat.

Dass so viel Arbeit, so viel Zeit, so viel Kunstfertigkeit in etwas so Kleinem steckt, das finde ich schön.

Ich wünsche euch allen ein gutes, glückliches neues Jahr. Und uns allen immer wieder solche Momente, in denen wir die Arbeit, den Ideenreichtum, die Liebe, die Kreativität und all die anderen lebenswerten Dinge hinter den Kulissen entdecken können. Habt es schön!

 

Was schön war

Es ist schon eine ganze Weile her, aber ich muss immer mal wieder daran denken. Denn der Moment war besonders unspektakulär, aber eben auch besonders schön.

Auf dem Weg zum Bahnhof in Nürnberg habe ich es mal wieder eilig. Ich habe einen reservierten Sitzplatz im Zug und an diesem Wochenende ist quasi alles seit Wochen ausgebucht. Außerdem wäre ich, wenn ich den Zug bekäme, nach bewegten Wochen mit vielen Reisen endlich mal wieder einen Abend mit dem Lieblingsmenschen zusammen zu Hause. Und außerdem ist es kalt und nieselt. Ich rollkoffere also zügig durch die Altstadt, die schon nach Glühwein und Lebkuchen duftet und höre schon von weitem einige eindeutig betrunkene Männer vor sich hingrölen. Als ich näher komme, sehe ich sie aus den Augenwinkeln unter einem Dachvorspung sitzen. Bunte Haare, leere Bierflaschen und Schlafsäcke um sich herum, krächen zwei junge Männer fröhlich vor sich hin. Den dritten sehe ich erst, als er mir etwas nachruft.

„Schenkst du uns was?“, schreit er quer durch die Fußgängerzone. „Bitte schenk uns doch was!“ Ich zögere kurz. Mein Portemonnaie ist gut verstaut. Bis ich das rausgekramt habe, ist mein Zug weggefahren. Mein Reisebrot und der Apfel für unterwegs ebenso. Ich will also gerade weiterhasten, da kommt noch ein Nachsatz. „Schenk uns doch was, ein Lächeln reicht schon.“ Ich drehe mich um und schaue zurück. Kein Hohn in der Stimme, kein anklagender Blick. Der meint das ernst. Ich bin so überrascht, dass es wohl einen Moment dauert, aber dann lächle ich breit und fröhlich über die Straße hinweg. „Gerne“, rufe ich. „Danke. Sie sind die Erste, die das heute macht“, ruft der junge Mann zurück und winkt. „Gute Reise.“

Ich packe meinen Koffer wieder fester und laufe weiter und lächle noch immer, als ich am Gleis ankomme, direkt in den bereits eingefahrenen Zug springe, der direkt nach mir die Türen schließt und abfährt. Ein Lächeln verschenken – das mache ich jetzt wieder öfter.

Gesegnete Weihnachten

Alle Jahre wieder…
Süßer die Glocken nie klingen…

Auch wir haben es uns kuschelig und gemütlich gemacht, einen Baum gekauft und geschmückt, die Krippe aufgestellt, den Kühlschrank gefüllt, Tee gekocht und Kerzen angezündet.

Ich mag all das. Den Adventskaffee und den Besuch lieber Menschen. Freunden kleine Geschenke machen, gemeinsam Weihnachtsfilme sehen, Post bekommen und selber welche schreiben (wie immer zu spät, aber trotzdem), Traditionen pflegen eben.

Aber ist das Weihnachten?

Weihnachten ist das Fest, das so ganz anders ist als der äußere Rahmen, dem wir ihm geben. Gott wird Mensch und zwar so wenig göttlich, wie es nur eben geht. Am Rande der Gesellschaft, mitten im Dreck. Nicht gefeiert, sondern verfolgt. Kein roter Teppich, kein plötzlicher Weltfrieden, kein Glanz. (Aber immerhin Gloria.)

Wenn ich auf dieses Jahr zurückblicke, dann stelle ich fest, dass es da durchaus den ein oder anderen Weihnachtsmoment gegeben hat. Menschen, die völlig unerwartet da waren, als ich ihre Hilfe brauchte. Gespräche, die sich unerwartet positiv entwickelten und aus denen echte Lösungen entstanden, die auch gelebt werden. Begegnungen, von denen ich Anfang des Jahres nichts geahnt haben und die mich noch lange prägen werden. Es waren keine Glanzmomente mit langer Vorbereitung, sondern eher Momente, die am Rande, im alltäglichen Grau entstanden und die dann plötzlich zu leuchten begannen.

„Geh nah zu ihm hin“, empfiehlt Mary Ward und meint Gott. Im Lichte von Weihnachten, wo Gott Mensch wird, heißt das für mich auch: Geh nah zu den Menschen hin. Lass dich ein und halte die Augen auf für das, was mitten im Chaos, im Unverständlichen, im anscheinend Bedeutungslosen passiert. Das ist weder gemütlich noch einfach. Aber voller Licht und Liebe.

Ich wünsche euch also frohe Weihnachtstage; nicht nur heute und bis zum Stephanstag, sondern das ganze Jahr über.Nadelbaum im botanischen Garten in Roscoff