Archiv für den Monat: November 2015

Pull-Apart-Bread mit Kürbismus

Bei Life is full of goodies habe ich letztes Jahr dieses wunderbare Rezept entdeckt. Seither mache ich es immer wieder. Ich habe es allerdings ein wenig abgewandelt und verwende mehr Kürbis und weniger Zucker.Kürbis-Pull-Apart-Bread von der Seite

Hier meine Version:

Für den Teig:

500 g Mehl (ich hatte noch das leckere T55 da – sehr empfehlenswert)
40 g Zucker
1 Würfel Hefe
1/2 Teelöffel Salz
70 g Butter (flüssig)
40 ml lauwarme Milch
60 ml lauwarmes Wasser
2 Eier
175 g Kürbispüree (Hokkaido vierteln und entkernen, bei 180°C im Ofen ca. 45 Minuten verschwinden lassen, abkühlen lassen, pürieren)

Mehr, Zucker und Salz gut vermischen. Die Hefe zerbröseln und auf die Mehlmischung geben, die flüssige Butter zusammen mit Milch und Wasser sowie den Eiern dazugeben und alles gut verkneten. Zum Schluss das Kürbispüree gut unterrühren.

Den Teig für ca. 90 Minuten an einem warmen Ort gehen lassen. Danach auf einer bemehlten Arbeitsplatte ausrollen und mit einer Mischung aus 80 g flüssiger Butter, 75 g brauner Zucker
und 1 Teelöffel Zimt bestreichen.

Schneidet den Teig dann in Streifen, die genauso breit sind wie eure Kastenform (vorher buttern und mehlen). Dann schneidet ihr die Streifen in Rechtecke, die so hoch sind wie die Kastenform. Anschließend schichtet ihr die Teigstücke nacheinander in die Form. Lasst den Kuchen nochmal für 15 Minuten gehen und backt ihn bei 180°C für ca. 40 bis 45 Minuten.

Detailansicht des süßen Kürbis-Hefebrotes mit dem Guss darauf

Solange der Kuchen noch warm ist, könnt ihr ihn mit einer Glasur bestreichen. Dafür verwende ich 1 Esslöffel flüssige Butter, 1,5 Esslöffel Puderzucker und 2 Esslöffel saure Sahne.

Schmeckt lauwarm am besten, aber auch kalt mit einer guten Tasse Tee.

Guten Appetit!

 

Advent 2015

Krippendarstellung am Portal einer bretonsichen Kapelle, das Kind in Marias Armen fehltIm Angesicht der Gewalt, der Kriege, im Angesicht von Folter und Grausamkeiten – so viele Fragen.

Konfrontiert mit Hass und Angst und Vorurteilen – so viele Fragen.

Da sind Krankheiten, sinnloses Leid, so viel Ungerechtigkeit – und so viele Fragen.

Wir fühlen uns hilflos, kraftlos, ohnmächtig – und haben so viele Fragen.

Advent.

Keine Antworten. Aber eine Verheißung.

Rorate coeli.

 

Schoko-Crincle-Plätzchen

Fast überall hat es schon geschneit, im Vorgebirge nicht. Seit heute ist das zumindest in meiner Küche anders, denn es gibt Schoko-Crincle-Plätzchen mit einer Extra-Portion Schnee. Gefunden habe ich das Rezept bei Juliane von Schöner Tag noch. Da hier im Hause jedoch echte Schokoholics wohnen, habe ich das Rezept verändert und 70-prozentige Schokolade statt Vollmilch verwendet, den Zusatzkakao durch Mehl ersetzt und und etwas weniger Zucker verwendet.Schoko-Crincle-Plaetzchen mit Adventsdekoration

Hier mein Rezept:

200 g  dunkle Schokolade (70% Kakao-Anteil)
100 g Butter
2 Eier und 2 Eigelb
100 g Zucker
250 g Mehl
1/2 TL Backpulver
2 TL Zimt
1 Prise Salz
ca. 80 -100 g Puderzucker zum Wälzen

Schokolade und Butte über dem Wasserbad schmelzen und gut verrühren.
In der Zwischenzeit die Eier mit dem Zucker aufschlagen, das Mehl mit Backpulver, Zimt und Salz mischen und gut unterrühren. Zum Schluss die flüssige Schokoladenmischung unterrühren. Der Teig ist warm und weich. Abkühlen lassen und für mindestens 1 Stunde in den Kühlschrank stellen.

Schokoladen-Crincle-Plaetzchen vor einem Ton-Weihnachtsbaum

Wenn der Teig kalt und fester geworden ist, stecht ihr mit einem Löffel kleine Mengen ab und rollt diese in den Handflächen zu Kugeln. In Puderzucker wälzen und mit genug Abstand drumherum auf ein Blech setzen. Bei 170°C ca. 14 Minuten backen. Abkühlen lassen und dem Schokogenuss anheimfallen – oder verschenken, denn das Rezept ergibt 80 bis 90 Plätzchen.

Habt einen schönen Start in den Advent!

Familiengeschichten: Deutsch-französischer Grenzverkehr

Bei Proust ist es eine Madeleine, die die Erinnerungen an die Kindheit des Erzählers der Suche nach der verlorenen Zeit zurückbringt. Bei mir sind es zum Beispiel Orangen, die Erinnerungen auslösen, Erinnerungen an meine Großeltern im Saarland. Ganz besonders an meinen Großvater. Opa Paul, wie wir Kinder ihn nannten, war Bergmann. Solange ich denken kann, hing seine Bergmannsmütze an einem Nagel. Es muss noch eine Mütze gegeben haben, eine blaue mit französischen Aufdruck: Denn vor dem Bergbau war Opa zuerst einmal französischer Grenzpolizist. Nach dem Krieg, von dem er uns Enkeln nie erzählt hat, und von dem er auch seinen Kindern kaum etwas erzählt hatte.

Meine Mutter erinnert sich, dass er einmal davon erzählte, wie sie auf der Flucht in Polen durch einen Fluss schwimmen mussten, neben ihm wurden Soldaten erschossen. Irgendwie hat er überlebt. Und wurde nach dem Krieg Grenzer bei den Franzosen. Das Saarland gehörte bis 1956 als Protektorat zu Frankreich. Und er tat Dienst an der Grenze. Kontrollierte Grenzgänger, suchte nach Schmuggelware. Eines Tages musste er Orangen beschlagnahmen. Eine ganze Schale voll. Waren sie nicht verzollt? Gab es Hinweise darauf, dass sie gestohlen waren? Ich weiß nicht, warum er sie beschlagnahmen musste. Aber da stand nun diese Schale Orangen. Was tun, mit den süßen, in seinem Dorf so seltenen Früchten? Eigentlich hätte er sie wegwerfen müssen. Natürlich. Schließlich war er ein Mann des Staates, ein Ordnungshüter. Ich erinnere mich daran, dass wie dieses Wort beim Erzählen jedes Mal besonders betont aussprach.

Ich erinnere mich auch an seinen Hut, den er abnahm, um ihn in den Händen zu drehen und ihn dann, jetzt aber ganz gerade, wieder aufzusetzen. Ich erinnere mich an die Kreuzworträtsel, die er so gerne löste – von oben links nach unten rechts. Bloß nicht wild durcheinander. Auf die Weiße-Rabe-Zigarillos, die er rauchte und deren Schachteln immer genau übereinander gestapelt im Schrank lagen, neben einer Packung Salzstangen, aus der für uns Kinder manchmal eine Handvoll entnommen und in ein nur dafür benutztes Glas mit blau-goldenem Muster gestellt wurde. Das Glas wurde nach dem Kinderansturm wieder genau in die Mitte des Spitzendeckchens auf dem Büffet zurückgestellt. Ordnung eben.

Aber dieses eine Mal hütete Opa Paul nicht die Ordnung. Sondern einen Schatz. An diesem einen Tag ließ er die Vorschriften Vorschriften sein. Und freute sich auch Jahre danach diebisch über seine Traute. Wenn er erzählte, wie er die Orangen still und heimlich und vor allem schnell in seiner Tasche verschwinden ließ, wie er sich vorstellte, wie seine Frau – meine Oma – sie zu Hause schälen würde. Wie sich alle an der exotischen Süßigkeit freuen würden. Wenn er das erzählte, war er ein Held, mein Held. Warum ich euch das erzähle? Ich habe heute Orangen gekauft…

Links gegen das Schweigen XI

Die Anschläge von Paris haben leider direkt auch zu weiterer Hetze gegen Flüchtlinge geführt. Anhand von Sankt Martin zeigt Modeste, warum solche Reflexe völlig sinnlos sind. (Ja, der Text ist vorher entstanden, illustriert aber trotzdem ziemlich gut die Situation.)

Welche Auswirkungen der Terror, der jetzt auch hier in Europa wütet, auf die Flüchtlinge selbst hat, beschreibt ‚Lucie‚. Und auch Journalistontheroad macht sich Gedanken darüber, was der Terror für die Menschen heißt, die gehofft hatten, genau dieser Gewalt endlich entkommen zu sein.Hinweisschild auf den Refugees Welcome e.V. Bonn

Bei Lucie Marshall könnt ihr übrigens gleich weiterlesen über Erfahrungen, die man machen kann, wenn man sich auf die Lebenswirklichkeit von Menschen, die bis vor kurzem eine ganz andere Lebensweise die ihre nannten, einlässt und sich kennen lernt.

Lesenswert ist die Krautreporter-Geschichte darüber, was es heißt, als Flüchtling in Deutschland zu warten, ausgebremst von der Bürokratie.

Dass es Menschen gibt, die genau diese Situation ausnutzen, um möglichst viel Profit herauszuschlagen, ist traurig, war aber irgendwie zu erwarten. Darüber, wie Investoren mit der Flüchtlingskrise Kasse machen, berichtet unter anderem der Bayerische Rundfunk.

Diese Zeit-Reportage aus Slowenien haben sicher viele von euch schon gelesen. Ich verlinke ihn trotzdem, denn neben der unerträglichen Situation an sich ist auch das dort beschriebene Gefühl der Hilflosigkeit kann auch motivieren, immer wieder die kleinen Möglichkeiten zu nutzen, die sich uns bieten.

Über ein besonderes Beratungsprojekt von Flüchtlingen für Flüchtlinge berichtet SPON schon vor einigen Wochen. Es ist noch immer lesenswert.

Auch lesenswert ist Sascha Lobos Aufruf, rechtsextreme Äußerungen genauso zu bezeichnen. Warum er für eine solche Verwendung der „Nazikeule“ plädiert, erklärt er so präzise wie nachvollziehbar.

Zum Schluss noch ein nützlicher Link für Helferinnen und Helfer: Das Icoon-Book ist eine Art-Bild-Wörterbuch und hilft bei der Kommunikation in Alltagssituationen.

Herbstliche Kürbis-Tarte

 

fertige Kürbistarte mit Mürbeteigblättern am Rand dekoriertKürbis gab es bei uns bisher fast immer herzhaft, als Suppe, Auflauf, Ofengemüse,… Seit einer gefühlten Ewigkeit wollte ich einen süßen Kürbiskuchen backen. Der super-sonnige Spätsommer-November bot da natürlich genau die richtige Kulisse. Und so gab es hier neulich eine hammerleckere Kürbis-Tarte, die dank der Anregung von Mara’s Life is full of goodies auch noch super aussah.

Wie immer in der letzten Zeit habe ich die Backorgie nicht geplant und habe das Rezept daher an den (Kühl)Schrank-Inhalt angepasst, hat aber super geklappt 🙂

Hier meine Variante des Rezepts.

Zutaten für den Boden:

  • 250 g Butter
  • 390 g Mehl
  • 90 g Zucker
  • 1 Prise Salz
  • 5-6 Esslöffel Wasser
  • 1/2 Teelöffel Zimt

Alle Zutaten zu einem glatten Teig verkneten und für ca. 1 Stunde kaltstellen. Danach etwa 2/3 des Teigs in eine gebutterte und gemehlte Form geben und diese auskleiden. Den Rest des Teigs ausrollen und ein Motiv eurer Wahl ausstechen.Kleiner Hokkaido-Kürbis

Zutaten für die Kürbis-Füllung:

  • 1 Ei
  • 125 g Crème fraîche
  • 100 g brauner Zucker
  • 1 gehäufter Teelöffel Zimt
  • 250 g Kürbispüree
  • 1 gehäufter Teelöffel Speisestärke
  • ca. 2 Esslöffel Wasser
  • 25 g Crème fraîche
  • 50 g Skyr
  • 15 g Zucker

Für das Kürbispüree einen Hokkaido-Kürbis vierteln, entkernen und auf einem Blech bei 200°C für 45 Minuten in den Backofen schieben.  Die Kürbisstücke etwas abkühlen lassen und dann pürieren. Den Rest des Pürees könnt ihr im Kühlschrank aufbewahren (oder sogar einfrieren) und weiterverarbeiten. Ich empfehle dafür zum Beispiel dieses Rezept. Seeeeeehr lecker.

Die Kübistarte mit Strudelverzierung und Mürbeteigrand vor dem Backen

Aber zurück zur Füllung: Die Speisestärke im Wasser auflösen. Die restliche Zutaten gut verrühren, zum Schluss die aufgelöste Speisestärke unterrühren. Die Kürbis-Masse auf dem Teig verteilen. Crème fraîche, Skyr und Zucker gut verrühren und Kekse auf der Masse verteilen, mit einer Gabel ein Marmor-Muster hineinziehen.

Zum Schluss die ausgestochenen Teig-Kekse auf dem Rand verteilen, so dass sie auf die Kürbis-Tarte überlappen. Den Kuchen für ca. 25 – 30 Minuten bei 180°C auf dem mittleren Rost backen. Auskühlen lassen, genießen.

 

Erschütterung

Arc de triomphe in Paris am 11.11.2011, mit Tricolore zu Ehren des Nationalfeiertags (Ende des 1. Weltkriegs)

Ich bin noch immer erschüttert von den Anschlägen in Paris. Gestern Abend, wir wollten gerade schlafen gehen, hörten wir von den Anschlägen. Wir haben den Fernseher angemacht, das Internet. Als würden Informationen helfen, das Unverständliche zu verstehen. Nach einer kurzen Nacht fühlte es sich heute noch genauso unverständlich an.

Was mich ähnlich stark erschüttert sind die Reaktionen einiger Menschen, die den Terror, der sich plötzlich so real anfühlt – weil er an Orten stattfindet, die uns so nah sind, Straßen beherrscht, die ich kenne und liebe -, Menschen also, die diesen Terror instrumentalisieren, Sündenböcke suchen. Menschen, die Flüchtlinge pauschal verdächtigen, die Hass schüren oder glauben, dass sie mit düsteren Andeutungen und fröhlichen Smileys reagieren müssen, wo Anteilnahme und Menschlichkeit gefragt wäre.

Es ekelt mich an, wenn pauschal die Menschen, die vor genau diesem Terror fliehen (den es in Syrien, im Irak und andernorts täglich gibt), jetzt erneut unter den Auswirkungen des Terrors leiden sollen.

Zum Glück gibt es auch das genaue Gegenteil. Staunend und gerührt habe ich verfolgt, wie Menschen in Paris ihre Wohnungen für Fremde geöffnet haben, die gestern Nacht keine Zuflucht hatten, die Schutz suchten und nicht wussten wohin. #PorteOuverte las ich dutzendfach in meiner Timeline. Von Menschen, die nicht mehr nach Hause kamen und von solchen, die ihre Wohnung, ihr Sofa, einen Tee, ein Glas Wein oder Nutella anboten. Inmitten des Entsetzens, der Sprach- und Hilflosigkeit, inmitten der Angst offene Türen und offene Herzen.

#Prayforhumanity

Kastanien-Tarte mit Vanille und Schokolade

Bei Sia habe ich neulich den perfekten Herbstkuchen gesehen und direkt nachgebacken. Da das mal wieder ziemlich spontan passierte, habe ich das Rezept den vorhandenen Vorräten angepasst.Die fertige Schoko-Kastanien-Tarte auf einer Tortenplatte

Hier also meine Version der Kastanien-Tarte.

Für den Schoko-Mürbeteig (der Boden der Tarte) braucht ihr:

  • 110 g Mehl
  • 15 g Kakaopulver
  • 20 g Zucker
  • 1 Prise Salz
  • 60 g Butter
  • 1 Ei

Alle trockenen Zutaten mischen, dann die Butter in Flöckchen unterkneten und mit dem Ei zu einem glatten Teig verarbeiten. Für ca. 1 Stunde in den Kühlschrank stellen.

In der Zwischenzeit könnt ihr die crème de marrons herstellen. Und das geht so:

  • 200 g vorgegarte Maronen nach Packungsangabe fertiggaren
  • 125 ml Milch
  • Mark einer Vanilleschote
  • 3 EL Zucker

Alle Zutaten in eine Schüssel geben und zusammen pürieren. Von diesem Maronen-Pürree braucht ihr 75 g. Den Rest könnt ihr als Brotaufstrich verwenden oder mit Quark (oder Skyr) oder Joghurt oder… ein leckeres Dessert herstellen.

Aber für die Crème de marrons geht es noch weiter:

  • 40 g weiche Butter
  • 60 g Zucker
  • 1 Ei
  • 50 g Mehl
  • 1/2 TL Backpulver
  • 75 g Maronen-Püree

Zucker und Butter zu einer schaumigen Crème verrühren, dann das Ei unterschlagen. Jetzt Mehl und Backpulver mischen und unterrühren. Zum Schluss das Kastanien-Püree vorsichtig unterheben, bis eine glatte Masse entsteht.Stück der Maronen-Tarte

Jetzt den Teig in eine Tarte-Form geben und mit den Händen verteilen, den Rand nach oben drücken. Mit einer Gabel mehrfach einstechen. Dann die Maronen-Crème gleichmäßig darüber verteilen und für ca. 25 Minuten bei 180°C backen.

Abkühlen lassen und mit Zartbitter-Ganache bedecken. Für die Ganache braucht ihr:

  • 75 g dunkle Schokolade mit hohem Kakao-Anteil (mindestens 70%)
  • 75 g Sahne

Die Sahne aufkochen lassen und auf die Schokoladenstückchen gießen, alles so lange glattrühren, bis eine glänzende Ganache entstanden ist.

Die Ganache auf der Tarte verteilen, dekorieren, auskühlen lassen. Fertig.

Guten Appetit!

 

 

Wenn Politik Ekel auslöst

Miz du – schwarzer Monat, nennen die Bretonen den November. Draußen sieht es in diesem Jahr so gar nicht dunkel aus. Dafür aber andernorts umso mehr.Baum mit herbstgoldenen Blättern

Anstatt ernsthaft sichtbar zu machen, dass man an den Ursachen der Flut arbeitet, dass man versucht, durch Friedenspolitik Kriege zu verhindern, vielleicht sogar zu beenden; anstatt die Ursachen von Hunger und Armut durch wirksame Maßnahmen anzugehen; anstatt auf diejenigen einzuwirken, die Menschen aufgrund einer anderen Meinung bis aufs Blut verfolgen – anstatt also dafür zu arbeiten, dass Menschen dort, wo sie leben und leben wollen, auch leben können, konzentrieren sich viel zu viele Politiker darauf, Menschen inmitten des Bombenhagels mitzuteilen, dass sie bei uns nicht erwünscht sind.

Dürfen Syrer, die mit Mühe und Not der Hölle des Krieges und dem lebensgefährlichen Wahnsinn der Schlepperbanden entronnen sind, die das Herumgeschubse zwischen den Grenzen überstanden haben und endlich irgendwo angekommen sind, wo sie doch nur eines erhoffen: Sicherheit und die Möglichkeit, ein sinnerfülltes Leben zu führen – dürfen diese Menschen also ihre Familien aus dem Bombenhagel, aus der Bedrohung durch Krieg und Terrorbanden nachholen? Oder dürfen sie das nicht, weil sie „nicht individuell bedroht sind“. Was auch immer das mitten in einem Krieg bedeuten soll.

Ja, wir müssen über Flüchtlinge reden. Darüber, wer bleiben darf und wie man diese Menschen in unsere Gesellschaft integrieren kann. Darüber, wie wir es hinkriegen, dass Menschen nicht monatelang auf einen Termin für ihre Registrierung warten müssen. Wir müssen reden über die zunehmende hasserfüllte Gewalt. Darüber, warum Journalisten von Rechtsextremen bedroht werden können und die ‚volle Härte des Gesetzes‘, die so oft wohlfeil beschworen wird, darin besteht, dass nichts passiert.

Wir müssen reden über Ängste und wie man mit ihnen umgehen kann. Wir müssen darüber reden, warum es in unserem Land möglich ist, dass Kinder nachts auf dem kalten Boden schlafen, während nebenan beheizte Zelte stehen, die aber für einige Stunden schließen müssen. 

Wir könnten auch darüber reden, wie wir die Menschen im Libanon, in Jordanien, im Irak, in Afghanistan, in Kenia, in… – die Liste ließe sich endlos fortsetzen – so versorgt werden können, dass sie auch in der Nähe ihrer Heimatländer eine Chance haben zu leben und die Hoffnung zu nähren, dass sie eines Tages zurückkehren und ihre Dörfer wieder aufbauen können.

Es gibt hunderte Themen, über die man sinnvoller Weise ernsthaft reden müsste. Fragen wie die nach dem Familiennachzug sollten meiner Meinung nach nicht auf der Tagesordnung stehen. Weil das am Ende nur dazu führt, dass mehr Familien die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer versuchen. Dass jemand freiwillig im Krieg zurückbleibt, der Gefahr, zu verhungern willentlich zustimmt, weil ein deutscher Minister etwas von „subsidiärem Schutz“ erzählt hat, das kann doch niemand ernsthaft glauben.

Ich würde mir so sehr wünschen, dass die Symbolpolitik endlich aufhört. Dass nicht noch weitere Tage und Wochen verplempert werden mit endlosen Diskussionen über Sachleistungen (die jetzt anscheinend in gerade mal 2 – in Worten zwei – Einrichtungen in Bayern umgesetzt werden, weil sie allen anderen zu teuer und vom Bürokratie-Aufwand her gar nicht zu leisten sind). Dass nicht noch mehr Zeit verloren geht mit Diskussionen über Transitzonen, die am Ende nur etwa 2 % der Flüchtlinge betreffen

Aktuell geht es mit großem Getöse um den Familiennachzug für syrische Flüchtlinge. Der Innenminister fordert, den einzuschränken, rudert zurück, beharrt dann weiterhin darauf, Parteifreunde springen ihm zur Seite, andere wiederum nicht; die SPD meckert, manche aber nur, weil sie sich nicht genug gebauchpinselt und übergangen fühlen. Und dann gilt plötzlich, heimlich, still und leise, wieder das Dublin-Verfahren auch für die Syrer. Das Schauspiel an sich ist schon unwürdig genug. Aber die peinliche Vorführung kann nicht davon ablenken, dass es doch um Menschenleben geht.

Symbolpolitik hilft niemandem. Wenn jemand eine Idee hat, wie man zu einem sinnvollen, hilfreichen Dialog zurückfinden kann: Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um sie laut zu äußern. Freiwillige vor. Refugees welcome.

Chapelle Saint-They an der Pointe du Van

Dass die Pointe du Van meine Lieblingslandspitze ist, habe ich ja diesen Sommer schon bei Hilke verraten. chapelle-saint-they-hinter-bueschen

Wenn es in einem Freundealbum die Kategorie Lieblingslandspitze gäbe, würde ich „Pointe du Van“ reinschreiben. Ihre berühmtere Nachbarin, die Pointe du Raz, ist zwar auch wunderschön, aber der Lieblingsmensch und ich haben ziemlich zeitgleich unser Herz eben an die nördliche Schwester verloren. Da ist es einfach überall großartig.Gelb blühender Ginster und Heidekraut an den Hänger der Pointe du Van

Wild gezackte Felsen an der Pointe du Van in der Bretagne

Blick auf die gezackte Küste des Finistère von der Pointe du Van aus

In diesem Jahr konnten wir die kleine Kapelle an der Bai des Trépassés zum ersten Mal von innen besichtigen. Sie ist dem heiligen They gewidmet, von dem man nicht viel mehr weiß, als dass er im 6. Jahrhundert gelebt hat. Von außen ist sie ganz schlicht.Chapelle Saint-They von außen

Nach einem Blitzeinschlag 2013 wurde der damals getroffene Glockenturm von Saint-They wieder instand gesetzt, ansonsten ist sie aber ziemlich schmucklos. Das ändert sich gewaltig, sobald man durch die kleine Tür tritt und hineingeht (Achtung, Kopf einziehen). Sobald unsere Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt hatten, wurden sie gleich wieder von einer Farbexplosion geblendet. Denn der barocke Hauptaltar erstrahlt in knalligem mintgrün-türkis und weiß.Barocker Hauptalter der Chapelle Saint-They mit bunten Holzfiguren und einer Holzkrone in der Mitte

Auch die Holzfiguren der Seitenaltäre und die Decke sind farbenfroh. Dabei dürfen natürlich die typischen Hinweise auf die Bedeutung der Kapelle für Seeleute nicht fehlen (ein Rettungsring und ein selbstgebautes Segelschiff, dass – wie man am Gestell, auf dem es befestigt wurde, sehen kann – bei einem Pardon (einer Wallfahrt zu Ehren des Heiligen) hierhin getragen wurde.Rechter Seitenaltar der Chapelle Saint-They mit Muttergottes-Statue (in der Mitte), zwei weiteren Heiligen und einem selbstgebauten Segelboot

Linker Seitenaltar mit zwei Heiligenfiguren, einem Boot und einem modernen Rettungsring

Deutlich schlichter ist der Triumphbogen mit dem gekreuzigten Christus, vor blauer Decke mit Strahlenkranz und Putten.Triumphbogen in der Chapelle Saint-They mit gekreuzigtem Christus

Besonders charmant war der Grund für die Öffnung der Kapelle mitten in der Woche: Ein Trupp von Freiwilligen hatte sich hier getroffen, um zu putzen und kleine Restaurierungsarbeiten durchzuführen. Während auf der Empore heftig gefegt wurde, rührten zwei ältere Herren im Altarraum in aller Seelenruhe Zierkalk an und strichen damit über Teile der weißen Seitenwände, an denen eben jener mit der Zeit abgeblättert war. Ganz nebenbei hatte man typisch bretonische Musik angemacht und die Beleuchtung des Alabaster-Christus angeschaltet, so dass man diesen ausgiebig bewundern konnte.Statue des auferstandenden Christus aus Alabaster, in einer beleuchteten Glasvitrine in der Chapelle Saint-They an der Baie des Trépassés

Wie immer war es am Ende so, dass der Lieblingsmensch und ich uns gar nicht trennen wollten von unserer Lieblingslandspitze, dem Heidekraut, das gerade anfing zu blühen und dem knallig-gelben Gister, dem Blick auf die Île-de-Sein und die Raz de Sein (wieder keine Delfine in Sicht, schnüff), vom Wind in den Haaren und dem Glitzern des Meeres, das mit dem Phare de la Vieille im Hintergrund und diesmal sogar mit klarer Sicht auf Ar Men so ganz besonders intensiv ist.Blick auf die Baie des Trépassés von der Pointe du VanBlick über Heidekraut und Ginster auf die Chapelle Saint-They und den Phare de la VieilleBlick auf den Phare de la Vieille von der Pointe du Van aus - über glitzerndes Meerwasser